Die Bundesländer sind mit dem Ausbau ihrer Landesstrassen im Verzug. So sind der wachsende Verkehr, der rasante Anstieg beim Ankauf eines Autos und der Stau auf den Straßen nicht mehr zu bewältigen. Daher werden bis auf weiteres keine Anträge auf Zulassung neuer Kraftfahrzeuge behandelt. Die Anträge auf einen KFZ-Kauf können zwar gestellt werden, nur erledigt werden sie nicht. Priorität hat die Kontrolle der auf den Straßen befindlichen Fahrzeuge. Aufgespürte Unregelmäßigkeiten in Sachen Fahrtauglichkeit könnte den Verkehr reduzieren.
Absurd? Nicht wirklich! Das könnte nämlich das Innenministerium ungefähr mit dem gleichen Recht verordnen und argumentieren wie die Annahme und Nicht-Behandlung von Anträgen auf Asyl in Österreich. Ein sarkastischer und wohl auch unmenschlicher Vergleich, sicher, aber anders lässt sich der Antragstopp der christlich-sozialen Johann Mikl-Leitner nicht erklären. Bisher waren juristische Laien wohl der Meinung, in einem Rechtsstaat sei die öffentliche Verwaltung verpflichtet, jeden Antrag, der gestellt wird, auch zu behandeln.
Jetzt gilt das für Kriegsflüchtlinge und andere Asylwerber nicht mehr. Wer soll dann die Verwaltung davon abhalten, die Methode auch auf andere Anträge auszuweiten? Eigenartig, dass in einem Rechtsstaat ein Spitzenjurist wie Theo Öhlinger im „Kurier“ von Sonntag zu Mikl-Leitners Entscheidung sagen kann: „Isoliert betrachtet ist der von Mikl-Leitner gesagte Satz zwar rechtswidrig“, bekämpfen könne man diese Rechtswidrigkeit aber kaum, denn es sei „legitim Prioritäten bei einzelnen Verfahren zu setzen.“ Und es erfolgt kein Aufschrei.
Diese Aussage des Spitzenjuristen und die fehlende Reaktion lässt einem den kalten Schauer über den Rücken rinnen, heißt er doch nichts anderes: Rechtswidrigkeiten dürfen nur nicht „isoliert betrachtet“ werden, dann sind sie flugs schon keine mehr. So gesehen, kann jeder Verstoß gegen den geltenden Rechtsstaat in einen oder den anderen Kontext gestellt werden und schon gilt der Rechtsstaat nicht mehr. Außerdem kann er mit jeder politisch oder parteipolitisch motivierten „Priorität“ ausgehebelt werden.
Und wenn die Medienberichte zutreffen, dann findet der Chef der ÖVP-Regierungsfraktion, CVer Reinhold Mitterlehner, gar nichts dabei. Im Gegenteil, statt Mikl-Leitner zu fragen, ob dieser Anschlag auf den Rechtsstaat vielleicht einem Hitzekoller geschuldet ist, unterstützt er ihn auch noch. Irgendwie kann man nur hoffen, dass es sich um ein mediales Missverständnis handelt, denn so recht kann man das alles nicht glauben.
Sind wir dabei, den situationselastischen Rechtsstaat zu schaffen? Man muss sich in die Hoffnung flüchten, die ÖVP traue sich dies nur, weil sie die Mehrheit der Bevölkerung hinter sich glaubt: „Trifft eh nur Ausländer!“ Irgendwann trifft es dann „eh nur“ – suchen Sie sich die Minderheit aus, die es dann „eh nur“ treffen könnte!
Das erinnert sehr stark an ein Zitat des protestantischen Theologen Martin Niemöller:
„Zuerst holten sie die Kommunisten;ich schwieg, denn ich war kein Kommunist.Dann holten sie die Juden;ich schwieg, denn ich war kein Jude.Dann holten sie die Gewerkschaftsmitglieder unter den Arbeitern;ich schwieg, denn ich war kein Gewerkschafter.Danach holten sie die Katholiken;ich schwieg, denn ich war Protestant.Schließlich holten sie mich,und da war keiner mehr, der für mich hätte sprechen können.“
Allein die Tatsache, dass man daran denken muss, ist erschreckend genug.
Wie lange muss man jetzt noch auf ein Machtwort von Bundespräsident Heinz Fischer warten? Er hat sich nicht in die Verwaltung einzumischen, aber er hat den Rechtsstaat zu schützen - isoliert betrachtet oder im Gesamten gesehen.
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