Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser hat Krebs! Das ist ein Schicksalsschlag. Sie machte ihn öffentlich. Auf Facebook: „Danke für die Kraft und Energie, die von Euch kommt – ich fühle mich echt getragen dadurch.“ Von hunderten aufmunternden Kommentaren, wie es hieß. Wahrscheinlich alle in der Art von: Ich schick Dir/Ihnen Kraft oder Du schafft es oder Du wirst den Krebs besiegen oder Ich schick Dir/Ihnen viel gute Energie und so weiter und so ähnlich.
Es gibt Menschen, die brauchen das. Kurt Kuch (Lungenkrebs) sicher. Sabine Oberhauser vielleicht. Ich weiß es nicht. Eines aber weiß ich sicher: Dass der Sohn bei der Verabschiedung seiner 49-jährigen Mutter, die den Kampf, zu dem sie immer alle aufgefordert haben, vor wenigen Monaten, recht hatte. Er hatte recht, die Trauergemeinde aufzufordern, doch einmal über die Worte nachzudenken, die sie in den schweren Zeiten (der anderen) so von sich geben. Er hatte recht, als er sinngemäß meinte: Niemand, der das nicht selbst durchmacht, weiß, was der andere durchmacht. Er hatte recht, als er erzählte – wieder sinngemäß – wie unpassend aufmunternde Worte und der Aufruf zum „Kampf“ sein können, weil man die Situation, in die man sie hinein posaunt, oft gar nicht wirklich kennt.
Ein junger Mann hat beim Abschied von seiner Mutter etwas geschafft, das Facebook, Twitter und alle Social Media zusammen nie schaffen: Er hat zum Nachdenken gezwungen. Wie oft hat man sich schon selbst in forsch aufmunternde Worte wie „Du schaffst es, Du bist ein Kämpfer, eine Kämpferin“ geflüchtet ohne zu denken, wie hohl diese für den, der betroffen ist, klingen müssen. Diese Gedankenlosigkeit als Schutz vor der eigenen Hilflosigkeit! Nehmen wir mit all diesen Kampfaufrufen dem/der Kranken nicht oft auch die Möglichkeit zu sagen: „Heute kann ich nicht“, „Heute will ich nicht“. Dann müssten wir zuhören, einfach zuhören, empathisch sein, beruhigen. Dann müssten wir uns Zeit nehmen. Glauben wir, uns deshalb immer positiv geben zu müssen, weil uns eigentlich immer die (richtigen) Worte fehlen?
Schenk uns bitte ein Like auf Facebook! #meinungsfreiheit #pressefreiheit
Danke!
Der junge Mann hat es so nicht ausgedrückt, aber es hätte so bei den Zuhörern ankommen können: Spart Euch die guten Ratschläge, bitte! Denkt nach, ob es wirklich immer um die viel gerühmte „gute Energie“ geht oder vielleicht doch nur darum, die eigenen Sprachlosigkeit und die eigenen Ängste zu übertönen?
Es wäre gut, den eigenen Umgang als Nicht-Betroffene mit der Diagnose „Krebs“ zu überdenken, ob diese nun öffentlich gemacht wird, oder nicht!
Werde auch Du Teil unserer Community und nimm Kontakt zu Journalisten und anderen Usern auf. Registrier dich kostenlosund begeistere unsere Community mit deinen Kommentaren oder eigenen Texten/Blogbeiträgen.