Zugegeben, der Spruch „Ich sehe für mein Alter sehr fit aus“ ist so etwas wie Grasser-Eigenlob für Arme, denn von der Selbstbeschreibung des ehemaligen Finanzministers („So schön, so reich…“) ist er tatsächlich meilenweit entfernt. Dennoch ist es ganz interessant, dass FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache mit einem ganzseitigen Interview am Boulevard letzten Sonntag einen auf Karl Heinz machte, sein eigenes Aussehen, seine Muskelmasse und seine Sportaktivitäten lobte.
Interessant nicht nur deshalb, weil er in dem Interview keine einzige sachpolitische Aussage neben den Bildern von der Art: „Der Politiker und das Model“ unterbrachte. Interessant auch deshalb, weil Straches Sager sehr stark an die Körperkult- und Optik-Zeit eines Jörg Haider erinnern (Strache: „Meine politischen Mitbewerber schauen im Vergleich zu mir jedenfalls ziemlich alt aus“). Es könnte natürlich sein, dass auch Strache irgendwann behaupten wird, er habe dieses Interview nicht gegeben oder jedenfalls nicht so – wie andere vor ihm, weshalb man bei Zitaten aus diesem speziellen Boulevardblatt bald jedes Mal hinzufügen wird müssen: Es gilt der journalistische Vorbehalt.
Wie auch immer, interessant sind solche Strache-Auftritte auch deshalb, weil es schon seit geraumer Zeit auffällt, dass vielleicht seine Muskelmasse zugenommen hat, wie er sagt, nicht aber seine Gedankenfülle oder die politische Raffinesse. Wie kann es sein, dass jemand, der seit zehn Jahren FPÖ-Chef ist und schon zwei Mal als Wiener Bürgermeister kandidierte (heuer will er ein drittes Mal, wie er sagt), so wenig politische Muskeln zugelegt hat und noch immer den Schreier vom Dienst und den vergnügungsgetriebenen Feschak der Politik, gibt?
Wirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit, Bildungsmisere, Föderalismus frisst Geld – für alles einen flotten Spruch auf den Lippen, aber keinen konstruktiven Satz und kein Anzeichen dafür, dass er sich nach einem Jahrzehnt FPÖ-Führung sonderlich den Kopf zerbricht.
Nun gut, man kennt das von anderen auch: Was sich einmal als Erfolgsrezept erwiesen hat, wird immer und immer wiederholt – auch wenn sich die Zeiten schon längst geändert haben und Änderungen im Verhalten und Auftreten erfordern würden. Aber mit 45 Jahren und nach so langer Zeit als Parteichef müsste man doch ein anderes politisches Repertoire zur Verfügung haben, müsste doch an der Aufgabe gewachsen sein, Substanz dazu gewonnen haben und es mit anderen Rezepten versuchen, wenn der so sehr ersehnte Erfolg durch die alten bisher nicht zu erreichen war.
Dieses Gefangensein in der früher als erfolgreich wahrgenommenen „Figur“ unterscheidet Strache von Haider. Dieser hat sich immer wieder neu erfunden. Strache aber brüllt heute noch in der gleichen Tonlage wie vor zehn Jahren – und er legt offenbar heute noch den gleichen Wert auf die immer gleichen Bilder wie früher.
Wann werden Sie erwachsen, Herr Strache?