Mein Kommentar letzte Woche in der „Presse“ über das kürzlich veröffentlichte „World University Ranking“ und darüber, dass Platz 182 für die eben jubilierende Universität Wien doch einigermaßen demütigend sei, stieß auf Widerspruch.
Ich bleibe dabei. Fast 100 Plätze hinter der University of Queensland in Australien und auch hinter der University of Auckland, Neuseeland, zu rangieren, sollte nachdenklich machen. Und da reden wir nicht einmal noch von der Universität Innsbruck im Segment 201-225, oder der TU Wien ab Platz 226 bis 250, oder der Medizinischen Universität Wien ein Segment dahinter oder der Uni Graz überhaupt erst im ganz letzten Abschnitt ab 351.
Warum ich die Uni Wien hinter der University of Auckland erwähnt habe, hat einen einfachen Grund: Aus persönlicher Erfahrung weiß ich, was offenbar eine gute Universität ausmacht oder wie eine bestehende Institution ihre Qualität und somit ihr Ranking verbessern kann. Und das hat nicht nur mit Geld zu tun.
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Eine Assistentenstelle an der University of Auckland in der ersten Hälfte der siebziger Jahre war für zwei Jahre ein ausgesprochener Kulturschock. Von der Uni Wien kommend, stand ich dem Niveau der Erst- und Zweitsemestrigen eher fassungslos gegenüber. Ich erinnere mich an einen Studenten, der auf die Frage nach einem Detail in der Geschichte Europas kühl meinte: „I don’t give a f*ck!“ Eigentlich hatte er Recht. 6000 Kilometer Ozean auf jeder Seite der Inseln, Europa weit weg, der Kontinent im 19. Jahrhundert ohne den geringsten Bezug zu seiner pazifischen Lebenswelt. Ich aber benötigte mindestens ein Jahr, um überhaupt zu begreifen, dass das dort eine Universität sein sollte.
Und dann ein ganz anderes Bild bei einem Besuch 40 Jahre später: Die Stimmung hatte sich geändert. Irgendwie ist auch diese Universität trotz der Isolation des Landes in der globalisierten Welt angekommen, war internationaler geworden, dynamischer, hat sich dem Wettbewerb um talentierte Studenten und innovatives akademisches Personal gestellt, bessere Studien- und Arbeitsbedingungen geboten als andere Unis, die Türen zur Welt weit aufgestoßen.
Ähnliches, vielleicht im noch größeren Stil, dürfte an der University of Queensland, 100 Punkte vor Wien, passiert sein. Sie ist heute für ihre ausgezeichneten Forschungsbedingungen und ihre Innovation bekannt.
Womit wir bei jenen Faktoren sind, die eine gute Universität ausmachen – und diese sind nicht nur, aber hauptsächlich immateriell:
1. Ein respektvoller, fördernder Umgang mit den Studenten, ein ausgeklügeltes Mentorensystem vielleicht – statt einer Atmosphäre, in der den Studenten die Gnade erwiesen, sie überhaupt zur Kenntnis zu nehmen.
2. Ein Klima der Neugierde und der Ermunterung – „empowerment“ nennt man das im Angelsächsischem – statt einem Klima der Reduktion und Abwertung, in dem viele Studierende als lästig empfunden werden.
3. Rahmenbedingungen für exzellente Forscher und gute Lehrende von außen – statt Abschottung und Bedingungen, die dem/der Betreffenden mäßiges Interesse an seiner/ihrer Arbeit signalisieren. Wetteifern um die Besten – statt Absichern durch Hausberufungen, nur um „jemanden von außen“ zu verhindern.
Das ist alles sehr generalierend und nur durch das allgemeine Grundgefühl an den Universitäten gerechtfertigt. Es gibt Ausnahmen, gewiss, an einzelnen Instituten und in einzelnen Studienrichtungen, aber das reicht bei weitem nicht.
In Österreich wird immer nach mehr Geld gerufen, aber noch so viele Mittel würden nichts bewirken, wenn sich die Geisteshaltung nicht ändert. Manchmal hat man den Eindruck, die finanziellen Mängel dienen nur als Schutzbehauptung, um die eigene Lustlosigkeit zu rechtfertigen.
Kann sein, dass die Universitäten in Österreich zu „alt“ sind, um eine solche neue Dynamik zu entwickeln – und die wenigen Neugründungen zu provinziell. Auch das sollte nachdenklich machen.
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