Zahlreiche Teller mit syrischen Speisen auf dem Tisch an der Stirnseite des Raumes in einem Heim in einem Wiener Innenbezirk . Ein liebevolles Essen, zubereitet von zwei jungen Syrern, gewissermaßen als Dankeschön an all die Menschen, die ihnen geholfen haben. Die beiden haben tags zuvor ihre Anerkennung, Pass inklusive, bekommen. Eine Erfolgsgeschichte also, aber eine, die man nicht wirklich erzählen darf.
Keine Fotos der beiden jungen Männer, keine echten Namen. Ihren Aufenthaltsort könnte man nennen und auch die private christliche Organisation, die sie aufgenommen hat. Nur, was hätte das für einen Sinn? Falsche Namen, aber richtige Adresse? Sie fürchten sich ja. Wovor genau ist nicht klar. Aber ihre Angst muss man respektieren. Die Geschichte muss man trotzdem nacherzählen, einfach so, wie sie berichtet wird. Sie kann eine von Glück oder Zufall sein. Oder eine von Vorsehung wie die „Gastgeber“ glauben.
Die Brüder Ahmed und Mustafa (beide Namen falsch), damals 17 und 19 Jahre alt, landen im Sommer 2015 mit tausenden anderen am Wiener Hauptbahnhof. Ahmed beobachtet eine Freiwillige, bietet an, ihr Wasser zu bringen. Es ist heiß. Er soll zusammen mit Mustafa nach Oberösterreich in ein Heim für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge gebracht werden. Falls er je was brauche, "hier ist die Telefonnummer", sagt die Dame. Er ruft kurz danach an. Er ist inzwischen 18 Jahre und nicht mehr minderjährig. Zurück nach Wien.
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Die Dame ist gut vernetzt. Sie findet einen Platz für die beiden Brüder; für den jüngeren, den quirligen, extrovertierten, und für den älteren, den ruhigeren, nachdenklicheren. Der Jüngere wird in eines der arabischen Gymnasien in Wien geschickt, welches sagt man lieber auch nicht. Falscher Name aber richtige Schule? Wozu? Ahmed will bis Herbst die Matura geschafft haben. Mustafa besucht, so wird erzählt, jeden Tag einen Deutschkurs. Er möchte im Herbst ein Universitätsstudium beginnen.
Ahmed ist an diesem Abend derjenige, der mit Videos von seiner Heimat erzählt, temperamentvoll und ganz offensichtlich hoffend, dass die Österreicher im Raum die frühere Schönheit Syriens erkennen. Ahmed ist derjenige, der seine Heimat ins gute Licht rückt: „Wir kämpfen ja nicht die ganze Zeit“ und derjenige, der die Skepsis anspricht, auch das in ausreichend gutem Englisch: „Why you leave your country?“ Think about it, sagt er zwar nicht, aber meint offenbar die Stimmung im Land, das Gerede von der Suche nach einem wirtschaftlich besseren Leben. „Europe is not fair – Europa ist nicht fair. Es geht ja nicht nur um diesen Krieg“.
Dieser Krieg! Die Familie flieht nach Ägypten bevor Ahmed und Mustafa zum Militär eingezogen werden können. Von dort fliegen die zwei Brüder in die Türkei, nehmen ein Schlepperboot nach Griechenland und kommen schließlich nach dem langen Marsch über den Balkan am Wiener Hauptbahnhof an.
Jetzt wollen sie in ihrer christlichen Umgebung gar keinen eigenen Gebetsraum, obwohl ihnen dieser angeboten wurde. Als Moslems könnten sie überall beten und die Moschee sei mit den Öffis auch gut zu erreichen.
Mustafa, der Schweigsame, hat eine ganz klare Vorstellung davon, wie Integration in Österreich zu funktionieren habe: Es sei nicht logisch, dass Flüchtlinge nicht arbeiten dürften, zum Nichtstun verurteilt seien. Die Beschränkungen müssten weg. Und dann: „Stop give them money. You work or you go back!“ Hört auf, ihnen Geld zu geben. Entweder sie arbeiten oder sie müssen wieder weg.
Ahmed und Mustafa haben die besten Voraussetzungen bekommen, ihre Erfolgsgeschichte fortzuschreiben. Werden sie es tun? Werden sie davon erzählen? Es wäre wichtig.
shutterstock/Chat des Balkans