Der hervorragende Schriftsteller Nicolas Mathieu stammt aus einem Gebiet südlich von Luxemburg, welches den Deutschen eher unter „Lothringen“ bekannt ist. Man spricht dort noch bis heute mehrere Sprachen: Letzeburgisch, Französisch, ein eigenartiges Deutsch und nun auch Arabisch. Die Industrialisierung dort beginnt Mitte des 19. Jahrhundert und endet in den letzten Dekaden des 20. Jahrhundert.
1956 verlassen viele einheimische Marokkaner ihr unabhängig gewordenes Land, um in Frankreich zu arbeiten. Sie landen auch im ehemaligen Lothringen, wo sie für harte manuelle Arbeiten gebraucht werden. Etwas besser – jedoch nicht viel - ergeht es den französischen Arbeitern, die keine spezielle Ausbildung genossen haben. Dazwischen stehen die weißen Asozialen, die von der Stütze leben. Das weiße Bürgertum wandert in die französischen Großstädte aus. Mit dem Ende der Industrien zerfällt der Nachkriegsordnung und verstärken sich die Konflikte zwischen den gesellschaftlichen und nationalen Schichten. In den letzten Jahrzehnten kommt der Islam hinzu.
Darüber berichtet der französische Literat Nicolas Mathieu wunderbar und detailliert. Er berichtet über Jugendliche der verschiedenen Schichten, deren Wege sich immer wieder kreuzen. Er berichtet über ihre Hoffnungen und Sehnsüchte, die sich gewöhnlich nicht erfüllen. Ein ehrliches, wunderbares und trauriges Buch.
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Die französische Originalausgabe lautet: Leurs enfants après eux. Die Handlung bewegt sich zwischen den Jahren 1992-1998. Wer sich in dieser Gegend auskennt, kann alle Orte richtig zuordnen.
Wie später ihre Kinder
von Nicolas Mathieu
Hanser-Verlag Berlin 448 Seiten
ISBN-13: 978-3446264120
Juli 2019 24 €
Kleine Kostproben;
Hier ein neueröffneter Kebab, dort ein Videospielladen. Eine Bushaltestelle schien nicht mehr angefahren zu werden.
Geld hatte wirklich eine unfassbar integrative Wirkung, machte aus Dieben Aktionäre, aus Drogenhändlern Konformisten, aus Zuhältern Händler. Und umgekehrt.
Arbeiter wollten ihren Lohn, Beamte ihre Bestechungsgelder.