Die taz schreibt vor wenigen Tagen über einen deutscher Pensionär, der eine syrische Familie auf seinem Boot von der Türkei nach Griechenland mitnimmt. Dort angekommen sitzt nun der deutsche Pensionär seit einem halben Jahr im Gefängnis, nachdem er zu 16 Jahre Haft wegen Schlepperei verurteilt worden war.
Sein Lebensabend ist ruiniert. Er hat zusammen mit seiner Frau seine Pension auf dem Boot in der Ägäis genießen wollen. Vor zwei Jahren wurde das Paar auf eine kleine Nachbarinsel von Rhodos festgenommen. Sie hatten eine syrischen Familie, bestehend aus sechs Personen, an Bord genommen. Die „Kleine Strafkammer der Dodekanes-Inseln“ verurteilt den Mann wegen „Einschleusung von Ausländern“ zu über 16 Jahren Haft und einer Geldstrafe von 46.000 €. Seine Frau wurde zur Zahlung derselben Summe verurteilt, blieb jedoch frei und lebt derzeit ohne Boot in Deutschland.
Die taz wirft folgende politisch-ethische Frage auf: Welchen menschenrechtlichen Preis ist die EU bereit zu zahlen, um den kompromisslosen Schutz der Außengrenzen durchzusetzen?
Der vor einem Gericht eines demokratischen EU-Landes verurteilte Gefängnisinsasse und Gutmensch versteht die Welt nicht mehr, die er früher als Beamter gut verstanden hat. Er habe die Flüchtlinge aus Mitleid und aus humanitären Gründen mitgenommen. Es ist ein Skandal, was ihm passiere. Große Sorgen bereite ihm sein beschlagnahmtes Boot, welches nun wie alles in Griechenland verrottet. Vor 7 Jahren habe er es für 60.000 € günstig erworben, was er sich als pensionsberechtigter deutscher Beamter ohne Reue habe leisten können.
Der verurteilte Gefängnisinsasse bestreitet, Geld von den Syrern erhalten zu haben. Diese behaupten jedoch, 2.500 € pro Person, insgesamt 15.000 €, an wen auch immer bezahlt zu haben. Nicht an mich, sagt der Gefängnisinsasse. Möglicherweise habe er kostenlose Werftarbeiten im Gegenzug zu seinen humanistischen Taten bezogen. Aber selbst wenn dem so sei, sind 16 Jahre Gefängnis doch keine angemessene Strafe!
In mehreren Briefen haben der vor einem Gericht eines demokratischen EU-Landes verurteilte Gefängnisinsasse und seine Frau die Deutsche Bundesregierung um Hilfe gebeten. Die deutsche Botschaft in Athen habe erklärt, dass aufgrund der Unabhängigkeit der griechischen Justiz das Auswärtige Amt keinen Einfluss auf das Verfahren gegen ihn nehmen könne. Die Unabhängigkeit der Justiz sei ein wichtiger Grundsatz der EU-Mitgliedstaaten.
In Griechenland ist die Bestrafung von Schleppern in den vergangenen Jahren mehrfach verschärft worden. Bootskapitäne erhalten bis zu zehn Jahren Haft je eingeschleustem Migranten, was der Abschreckung dienen soll. Mehr als 1.000 verurteilte Schlepper sitzen in griechischen Gefängnissen.
In Deutschland gelten bereits vier Jahre Haft für Schlepperei als harte Strafe. Wer in Weichei-Deutschland mehr als zehn Jahre hinter Gittern landet, muss schon Mörder oder Serienvergewaltiger sein. Ein Fluchthelfer wird in Griechenland als Gewalttäter eingestuft und wie ein Gewalttäter bestraft.
Man darf vom pensionierten Beamten erwarten, dass er weiß, dass Menschenschmuggel mit oder ohne Bezahlung bestraft wird. Menschenrettung in Not hingegen bleibt straffrei. Es ist eine falsch zu hoffen, dass die Deutsche Bundesregierung Griechenland nicht erpressen wird, den Verbrecher vorzeitig zu entlassen.