Als Angela Merkel im Jahr 2015 die Grenzen öffnet und hunderttausende Flüchtlinge nach Deutschland kommen, wird eine Frage möglichst leise gestellt, ob die Bundeskanzlerin das Recht dazu hat oder das Recht biegt und bricht.
Bereits ein Jahr später schreibt der Verfassungsrechtler Udio di Fabio, dass Deutschland in der Pflicht steht, aus verfassungsrechtlichen Gründen wirksame Kontrollen der Bundesgrenzen zu ergreifen, wenn das gemeinsame europäische Grenzsicherungs- und Einwanderungssystem gestört ist. Das Grundgesetz garantiere nicht den Schutz aller Menschen weltweit durch faktische oder rechtliche Einreiseerlaubnis. Eine solche unbegrenzte Rechtspflicht besteht weder europarechtlich, noch völkerrechtlich.
Knapp vor der Bundestagswahl, also zu spät, um ein entscheidendes Wahlthema zu werden, kommt ein Jahr später ein Rechtsgutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages zu folgendem Schluss. Die Hausjuristen des Deutschen Bundestages beantworten eine parlamentarische Anfrage der Linken. Die Juristen sagen, dass keine Rechtsgrundlage vorhanden ist, nach der die Bundesregierung diese weitreichenden Entscheidungen getroffen hat. Eine kurzzeitige Grenzöffnung zur Entlastung Ungarns wäre noch rechtlich vertretbar gewesen, aber niemals die Tatsache, dass die Bundesregierung die Grenzen weiterhin offen gelassen hat. Die pauschale massenhafte Einreisegestattung ist nicht vom Asylgesetz gedeckt.
Zumindest hätte eine gesetzlichen Regelung erfolgen und das Parlament befragt werden müssen. Der Gesetzgeber (Bundestag, nicht die Regierung) ist durch das Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) hierzu verpflichtet. Nicht die Regierung, sondern das Parlament hätte über Gestaltung der Einreisegestattung entscheiden müssen. Weil der massenhafte Gebrauch der Einreisegestattung zu Integrationsproblemen führen kann, kommt dem Parlament die Entscheidung über die Begrenzung des Zuzugs von Ausländer zu.
In jeden Fall hätte das Parlament befragt werden müssen. Möglicherweise auch das Volk, weil es sich um eine grundlegende Veränderung Deutschlands handelt.
Es ist müßig zu überlegen, warum die Bundeskanzlerin „vergessen“ hat, das Parlament einzuschalten. Viele Demokratien kennen eine Begrenzung der Amtszeit für wichtige Staatsämter, da Macht korrumpiert. Wir können jetzt bereits die Frage verneinen, ob das Handeln der Bundeskanzlerin für sie irgendwelche politische oder rechtliche Konsequenzen haben wird. Wenn sich das herumspricht, wird die Demokratie in Deutschland stark an Ansehen unter den Bürgern verlieren. Zu einer Verringerung oder gar zu einer Beendigung des illegitimen Zuzuges nach Deutschland wird es nach den Bundestagswahlen keinesfalls kommen können. Ein solches Verhalten wäre ein Eingeständnis der Politik und würde zu politischen Verwerfungen führen, an denen weder die Politik, noch die Wirtschaft Deutschlands interessiert ist.
Deshalb sollten wir die Decke des Schweigens darüber ausbreiten.
shutterstock/360b