Machen wir Merkel zur Königin von Europa!

Über den Sachverhalt besteht soweit Einigkeit: Deutschland hat unter der Regierung von Angela Merkel vom Euro mehr profitiert als alle anderen Länder, man könnte mit Fug und Recht sagen: Es hat die Währungsunion ausgenutzt, um auf Kosten anderer für sich selbst das Beste rauszuschlagen.

Interessant finde ich allerdings die moralische Bewertung dieses Vorgangs: Darf die das, die Merkel? Oder ist das nicht ziemlich gemein von ihr? Ich frage an dieser Stelle gerne zurück: Seit wann genau wundern wir uns eigentlich darüber, dass Regierungschefs in der internationalen Politik die Interessen ihres eigenen Landes vertreten und nicht auch noch die aller anderen mit?

Das eigentliche Problem ist doch, dass das derzeitige Konstrukt Europa – mit einer gemeinsamen Währung, aber ohne gemeinsame politische Verfassung – nicht wirklich funktionieren kann. Doch es war ja eine gewollte, möglicherweise zu pragmatische Entscheidung der an Europa beteiligten Länder, sich lediglich auf finanzpolitischer Ebene zusammenzuraufen, aber auf der politischen Ebene weiterhin nach nationaler Logik zu operieren.

Man kann aber nicht ein Boxturnier organisieren und sich dann hinterher darüber wundern, dass einer gewinnt und die anderen verlieren.

Angela Merkel ist in gewisser Weise einfach eine Streberin, die ihre Aufgabe zu ernst genommen hat. Ihre Aufgabe als Bundeskanzlerin von Deutschland nämlich. Sie ist in den Ring gestiegen und hat gemacht, wovon sie glaubte, dass sie es sollte, nämlich alle anderen umgehauen, ohne große Rücksicht auf Verluste (und leider auch ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit, wenn man die sozialen Probleme innerhalb Deutschlands bedenkt, die Merkels neoliberale Politik zur Folge hatte, aber das ist ein anderes Thema). Ich stelle mir manchmal vor, dass sie sich selber darüber wundert, wie leicht die anderen vor ihrer Überlegenheit kapituliert haben.

Und jetzt haben wir den Schlamassel: eine Siegerin mit blauem Auge, und ansonsten lauter mehr oder weniger am Boden liegende Verlierer, manche davon schon kurz vor dem Exitus.

Aber wie geht es jetzt weiter? Einfach weiterhin Boxturniere veranstalten, nur verbunden mit dem moralischen Appell an die Überlegenen, doch bitte nicht mehr so fest zuzuschlagen? Ich glaube kaum, dass das eine aussichtsreiche Strategie ist. Was wir jetzt brauchen, das ist ein Ausstieg aus der Logik des Boxkampfes.

Wie das gehen soll, weiß ich leider auch nicht. Faktisch ist ja Europa von einer gemeinsamen politischen Agenda heute eher noch weiter entfernt als vor fünf oder zehn Jahren. Solange die einzelnen Länder weiterhin ihre nationalen Interessen verfolgen, bin ich nicht sehr optimistisch.

Außer vielleicht, es passiert, was der neue griechische Finanzminister Yiannis Varoufakis vorgeschlagen hat: Berlin übernimmt die Hegemonie in Europa.

In anderen Worten: Wir machen Merkel zur Königin von Europa.

Geben wir ihr doch den Auftrag, die europäische Union aus der Krise zu führen – als alte Streberin, die sie ist, kriegt sie das am Ende tatsächlich noch irgendwie hin.

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Herbert Erregger

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