Misshandelte Frauen, Niedriglöhner und Klempner kriegen keine Wohnung mehr. Aber Diskriminierung ist das nicht.

Es war eine kleine Meldung, die in diesen Tagen herum ging, über einen englischen Vermieter namens Fergus Wilson - er gilt als der größte private Wohnungseigentümer in Großbritannien. Nun hat er eine Liste von Menschengruppen aufgestellt, die bei ihm prinzipiell keine Wohnung mehr mieten können: Darauf stehen unter anderem Niedriglöhner, Familien mit kleinen Kindern, aber auch Frauen, die schon einmal Opfer von häuslicher Gewalt geworden sind, und Klempner.

Interessant ist die Empörung, mit der Wilson den Vorwurf zurückweist, das wäre Diskriminierung. Im Gegenteil, er ist stolz darauf, keine Vorurteile zu haben. Solange sie die Miete bezahlen könnten, würde er auch an Schwarze und Homosexuelle vermieten, prahlt er, und erwartet für diese Großherzigkeit offenbar Applaus. Dass er bestimmte Personengruppen als Mieter ausschließt, sei hingegen keine Diskriminierung. Denn es sei nun mal statistisch erwiesen, dass diese Sorte Probleme bringt. Deshalb bleibt ihm als Unternehmer quasi gar nichts anderes übrig. (Er scheint das tatsächlich zu glauben.)

Dabei weiß er selber, dass sein Vorgehen ungerecht ist. Vielleicht nicht bei den Klempnern, die statistisch gesehen offenbar häufiger als andere bei den Abrechnungen betrügen. Aber ganz sicher bei den Opfern häuslicher Gewalt, denn die sind statistisch gesehen eigentlich perfekte Mieterinnen: Sie überweisen pünktlich die Miete. Deshalb täten sie ihm auch leid, sagt Wilson im Interview. Aber im Schlepptau der Frauen würden halt die gewalttätigen Männer kommen, die Türen eintreten und Wohnungen verwüsten.

Ja, das ist nicht schön, aber was soll er machen, der arme Vermieter: "Es kostet unser Geld und wir haben den ganzen Ärger, die Sachen wieder zu reparieren. Wenn ein Haus mit Farbe beschmiert wurde, steht es manchmal Monate leer. Wenn wir bei uns keine Prügelopfer aufnehmen, passiert das erst gar nicht."

Wie gesagt, interessant an dieser Meldung finde ich nicht die Tatsache an sich: dass es bei Wohnungsvermietungen zu Diskriminierungen kommt. Das ist ja nichts Neues. Aber dass es so offen zugegeben und von einem Vermieter sozusagen als legitime Praxis, praktisch als Notwehr gerechtfertigt wird, das ist schon nochmal eine Stufe härter. Und es sagt viel über den Zustand unserer kapitalistischen Kultur aus.

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Siegmund Frosch

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fischundfleisch

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