Man weiß ja nicht, wo die immer herkommen, aber die Burkadiskussionen scheinen sich ja schon abwechselnd gegenseitig die Klinke in die Hand zu geben. Was mich dabei immer so kirre macht, ist dass dauernd von der islamischen Seite her argumentiert wird: Wird sie den Frauen mit Zwang aufgedrückt oder tragen sie das freiwillig? Macht ein Verbot die Situation der muslimischen Frau besser oder schlechter? Hilft es, zu verhindern, dass Frauen zum Tragen eines Gesichtsschleiers gezwungen werden? Oder führt es dazu, dass sie dann gar nicht mehr das Haus verlassen dürfen?

Bei denen, die so argumentieren, gibt es zwei Gruppen: Die eine Seite sorgt sich wirklich um die Freiheit der muslimischen Frauen, die andere benutzt das Thema, um ihre Islamfeindlichkeit schön zu pflegen. Entsprechend teilt sich auch die Gegenargumentation in zwei Stränge auf: In die eine Richtung wird argumentiert, dass die Freiheit der muslimischen Frauen durch ein Burkaverbot gar nicht geschützt wird. In die andere Richtung wird argumentiert, dass Islamfeindlichkeit nicht okay ist und sich nicht hinter vermeintlichem Einsatz für Frauenrechte verstecken soll.

Das ist alles schön und gut, aber es geht ja hier nicht um die Frage, was mit dem Islam ist, sondern es geht um unsere westlichen Freiheitsrechte. Und die liegen mir am Herzen. Zu meiner westlichen Freiheit als Frau gehört es, dass ich anziehen kann, was ich will. Jederzeit und immer, und ohne dass irgend ein Mann oder am Ende auch noch der Staat mir das verbieten kann.

Oder anders gesagt: Ich habe zwar keinen Grund, anzunehmen, dass ich aus irgend einem Grund irgendwann mal einen Gesichtsschleier tragen wollte. Aber mir liegt etwas an der theoretischen Möglichkeit. Und zwar nicht aus irgendeinem toleranten Verständnis gegenüber muslimischen Kulturen heraus, sondern aus einem vielleicht etwas naiv-pathetischen Verständnis meiner Freiheit als westliche Frau heraus.

Freiheitswerte sind keine, wenn sie an bestimmte Inhalte gebunden sind. Freiheit ist nichts wert, wenn mir andere vorschreiben, was ich freiwillig zu wollen habe (und was nicht).

Ich möchte nicht in einer Gesellschaft leben, in der ständig öffentlich darüber verhandelt wird, was Frauen (nicht) anziehen dürfen, und wie das am besten gesetzlich zu regeln ist. Was Frauen anziehen, geht die Gesellschaft, den Staat, die Männer und im übrigen auch andere Frauen einen feuchten Kehricht an.

Und ich kann nicht verstehen, dass nicht ein Aufschrei der Empörung von westlichen Frauen ausgeht, wenn ernsthaft das Schwimmengehen im Burkini verboten wird: Ja, wie viel nackte Haut zu zeigen sollen wir denn gezwungen werden? Es interessiert mich in diesem Zusammenhang gar nicht, wie intolerant muslimische Gruppierungen gegenüber nackter Frauenhaut sein mögen. Es ist nicht Toleranz gegenüber „anderen Kulturen“, die mich zu einer vehementen Gegnerin solcher Verbote macht, sondern ein loyales und prinzipielles Bekenntnis zu meiner eigenen Kultur, die unter anderem eben auch die Freiheit von Frauen beinhaltet, tun und lassen zu können, was sie wollen. Ich kann im Kartoffelsack schwimmen gehen, wenn mir der Sinn danach ist.

Ich bin unbedingt dafür, alles zu tun, um zu verhindern, dass Frauen zum Tragen eines Gesichtsschleiers gezwungen werden. Genauso wie zum Tragen des Kopftuchs übrigens. Oder dazu, sich die Beinhaare zu rasieren. Oder wozu auch immer.

Aber man verhindert das nicht, indem man ausgerechnet Gesetze macht, die weibliches Verhalten regulieren. Wenn wir patriarchale Männer irgendwie im Zaum halten wollen, dann geht das nicht quasi über Bande auf dem Rücken von Frauen. Sondern da müssen wir als Gesellschaft uns halt was anderes überlegen.

cool burkini / Giorgio Montersino from Milan, Italy https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Burqini.jpg

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