Dass Frauen mit klaren politischen, am Ende sogar noch feministischen Meinungen im Netz häufig mit Hass und Gewalt konfrontiert sind, ist inzwischen bekannt und wird zum Glück diskutiert (wenn sich auch noch keine Lösung für das Problem gefunden hat, das ich hiermit keineswegs verharmlosen will).
Aber es gibt noch eine andere Methode, den Feminismus mundtot zu machen. Sie bleibt angesichts des Krawalls leider weitgehend unbeachtet, ist aber vielleicht sogar noch wirkungsvoller: nämlich die Meinungsäußerungen von Frauen schlichtweg zu ignorieren.
Mir fällt das in verschiedenen Kommentarsträngen schon seit einer Weile auf. Da meldet sich zu irgendeinem Thema eine Frau mit einem Einwand oder einer Analyse zu Wort – und es wird nur sehr lapidar oder gar nicht reagiert. Statt sich mit ihrer Kritik inhaltlich auseinanderzusetzen, geht man achselzuckend wieder zur Tagesordnung über. Heute morgen zum Beispiel schrieb die Publizistin Ina Praetorius an der Facebook-Pinnwand des Sankt Gallener Instituts für Wirtschaftsethik einenKommentarzu einer neuen Publikation des Instituts, in der bis auf eine Frau ausschließlich Männer über aktuelle Positionen und Perspektiven der Wirtschaftsethik schreiben. Es gab eine freundliche Antwort, man gestand das Missverhältnis ein und bedauerte es – tja, und das war es dann. So ist das Leben eben, nicht wahr?
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Mich erinnern diese und viele ähnliche Situationen an den berühmten Tomatenwurf, der 1968 zum Auslöser einer neuen Frauenbewegung in Deutschland wurde: Damals hielt die Filmemacherin Helke Sander bei einer Tagung des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) in Frankfurt eine Rede, bei der sie feministische Kritik an der männlichen Dominanz in der Studentenbewegung übte. Als die Männer anschließend einfach ohne Diskussion zu anderen Themen übergehen wollten, warf Sigrid Rüger aus dem Publikum eine Tomate, die sie zufällig in ihrer Einkaufstasche hatte, auf den Genossen am Rednerpult und erzwang so eine Diskussion.
Das laute Gepöbel antifeministischer Kommentatoren im Netz verdeckt oft die Tatsache, dass genau solche Situationen, wie Helke Sander sie damals beim SDS erlebt hat, auch heute noch gang und gäbe sind. Einwände von Feministinnen werden zwar zugelassen, aber sie lösen – von sexistischem Gepolter abgesehen – keine inhaltlichen Diskussionen aus. Manche Männer scheinen geradezu zu glauben, sie hätten ihre feministische Schuldigkeit bereits getan, wenn sie Feministinnen nicht attackieren, sondern deren Ansichten generöserweise „einfach mal so stehen lassen“.
Natürlich ist es für eine Bloggerin angenehmer, ignoriert zu werden, als bedroht und angegiftet. Aber der Sinn der Sache ist das ja auch nicht. Wie können wir also dahin kommen, dass feministische Positionen wirklich einer kritischen, sachlichen und inhaltlichen Auseinandersetzung gewürdigt werden?
Vielleicht brauchen wir als ersten Schritt mal ein „Tomatenwurf“-Emoticon, das Unterstützerinnen in solchen Fällen in die Kommentarstränge posten können. Eine Mitdiskutantin auf Facebook hat immerhin schonmal ein schönes gifgefunden. Ich werde es in Zukunft fleißig verteilen – und Ihr ja vielleicht auch!