Jahrzehntelang haben Ärzte Frauen um die Fünfzig standardmäßig Hormone verschrieben. Begründung: Der sinkende Östrogenspiegel während der Menopause, also wenn Frauen aufhören zu menstruieren, bringe zwangsläufig jede Menge Beschwerden mit sich, die nur so behandelt werden könnten. Dumm nur, dass diese Therapie auch das Brustkrebsrisiko bei gesunden Frauen deutlich erhöht hat.
Feministinnen kritisieren diese Praxis schon lange. Betty Friedan zum Beispiel stellte in ihrem 1993 erschienenen Buch „Mythos Alter“ die These auf, dass es sich bei den so genannten „Wechseljahren“ größtenteils nicht um ein biologisches und körperliches Phänomen handelt, sondern um ein soziales und kulturelles.
Schenk uns bitte ein Like auf Facebook! #meinungsfreiheit #pressefreiheit
Danke!
Inzwischen kommt auch die Schulmedizin zu ähnlichen Ergebnissen. Kürzlich hat eine Befragung der Uni Dresden widerlegt, dass die üblichen „Wechseljahrebeschwerden“ überhaupt etwas mit der hormonellen Umstellung des Körpers zu tun haben. Die Forscherinnen befragten 1400 Frauen und 1200 Männer von 14 bis 92 Jahren. Das Ergebnis: Sowohl Frauen als auch Männer klagen mit zunehmendem Alter über körperliche und psychische Beschwerden – deren Ursachen sind also alles Mögliche, aber nicht die endende Menstruation.
Nur eine einzige Sache hängt offenbar tatsächlich mit den Wechseljahren zusammen, und zwar die typischen Hitzewallungen und Schweißausbrüche – aber dagegen braucht man keine Hormontherapie. Zumal längst nicht alle darunter leiden: Von den befragten 45 bis 59-jährigen Frauen hat die Hälfte angegeben, keinerlei Beschwerden zu haben.
Also: Viel Wirbel um wenig. Der weibliche Körper ist keine Fehlkonstruktion, die standardmäßig „behandelt“ werden muss. Weder Schwangerschaften noch Wechseljahre sind Krankheiten. Medikamente, Hormone, überhaupt das ganze nützliche Spektrum der Schulmedizin sollte nicht standardmäßig, sondern nur bei konkretem Bedarf zum Einsatz kommen. Auch bei Frauen.
Dass die Wechseljahre im Allgemeinen so einen schlechten Ruf haben, liegt vermutlich an einer generell negativen Einstellung älteren Frauen gegenüber. Deren Wurzeln reichen weit zurück. Für viele alte Philosophen war das Kinderkriegen die einzige Bestimmung der Frau – und eine Frau, die das nicht mehr konnte, galt in ihrer Vorstellungswelt als praktisch nutzlos. Diese patriarchale Zuschreibung haben auch viele Frauen selbst übernommen, und entsprechend negativ waren sie ihren Wechseljahren gegenüber eingestellt. Sie litten aber nicht so sehr wegen ihres Körpers, sondern wegen der frauenfeindlichen Gesellschaft, in der sie lebten. Unter einer Kultur, die älteren Frauen keinen Wert beimisst.
Aber das Ende der Menstruation ist nicht das Ende des „wertvollen Frauseins“. Es ist vielmehr der Übergang in eine neue, schöne, reife Lebensphase, die viele Vorteile bringt: Nicht mehr dran denken müssen, Tampons einzustecken. Sex mit Männern haben können ohne Angst davor, schwanger zu werden. Nicht mehr jugendliche Sexyness ausstrahlen müssen, sondern die Souveränität des Alters genießen. Oder auch: Sich nicht mehr um kleine Kinder kümmern müssen. Die Zimmer der von zuhause ausgezogenen Söhne und Töchter endlich für sich selber nutzen. Niemandem mehr groß etwas beweisen sollen, sondern sich mit dem Erreichten zufrieden geben dürfen… Ist das nicht schön? Ich jedenfalls freue mich drauf.
Fotocredit: Fotolia © stockWERK