Viele gehen davon aus, dass die Gleichstellung von Frauen und Männern nur eine Frage der Zeit ist. In 80 Jahren, oder in 200, oder auch in 500 Jahren wird, wenn alles so weitergeht wie bisher, die Gleichstellung erreicht sein. Denn geht es nicht überall stetig nach oben? Zu langsam vielleicht für unseren Geschmack, aber doch unaufhaltsam?
Leider nicht. Die Geschichte der Geschlechter ist nicht eine, die sich von finsteren patriarchalischen Urzeiten stetig hinauf entwickelt zu einem sonnigen Zeitalter ohne sexuelle Diskriminierung. So als wäre das eine zwangsläufige Entwicklung, bei der wir nur zusehen müssten.
Die Sache ist leider komplexer. Das sieht man zum Beispiel beim aktuellen „Global Gender Gap Report“ des Weltwirtschaftsforums. Dort ist die Entwicklung der Gleichstellung nach vier Themengebieten unterteilt: Wirtschaft, Bildung, Gesundheit und Politik.
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Wenn man das alles zusammenrechnet, dann, ja, kommt unterm Strich zwischen 2006 und 2014 eine stetige Verbesserung der Lage von Frauen im Vergleich zu der der Männer heraus. Wenn man sich aber die einzelnen Posten getrennt anschaut, dann ergeben sich aufschlussreiche Unterschiede – und ein eher durchwachsenes Ergebnis.
Substanziell aufwärts ging es in diesen acht Jahren nämlich eigentlich nur im Bereich der politischen Partizipation von Frauen. Ob Parlamentarierinnen, Ministerinnen oder weibliche Staatsoberhäupter: überall ein deutliches Plus.
Ganz anders aber stellt es sich bei der wirtschaftlichen Situation dar. Bei der Lohngleichheit und bei der Teilhabe von Frauen am Erwerbsarbeitsmarkt geht es seit einigen Jahren sogar wieder rückwärts, beim Einkommen stagniert es. Auch was Gesundheit und Bildung angeht, so sind die Ergebnisse nicht gerade berauschend. Die Zeichen stehen auch hier eher auf Stagnation.
Daraus lässt sich zweierlei schlussfolgern: Erstens, dass die rein zahlenmäßige Präsenz von Frauen in politischen Entscheidungsgremien offenbar nicht automatisch dazu führt, dass sich auch die realen Lebensbedingungen von Frauen verbessern. Es wäre also zu überlegen, was zusätzlich noch nötig wäre, damit Frauen nicht nur in Parlamenten und Ministerien anwesend sind, sondern dort auch etwas Substanzielles für ihresgleichen bewirken können.
Und zweitens sollte man sich klarmachen, dass Geschlechtergerechtigkeit nicht etwas ist, bei dem man sich auf einem einmal erreichen Stadium einfach ausruhen kann. Sondern dass es eine ständig währende Anstrengung bedeutet, bei der jeder Erfolg immer sofort auch in der Gefahr steht, wieder rückgängig gemacht zu werden.
Die Frage ist leider nicht, ob es noch 80 oder 200 oder 500 Jahre dauert, bis die Benachteiligung von Frauen gegenüber Männern vollständig abgeschafft ist. Die Frage ist, ob wir diesen Zustand überhaupt jemals erreichen, und ob wir überhaupt auf dem richtigen Weg sind.