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In unserer Marktgesellschaft wird alles kommerzialisiert. Auch Parteien. Deshalb fühlt man sich genötigt, festzustellen: Was PR und Marketing betrifft, hat die SPÖ ein Problem. Die ÖVP verhielt sich nach dem Tandem-Fiasko bei der bisherigen Bundespräsident_innenwahl völlig korrekt, nämlich schmähstad. Mehr inhaltlicher Dauerzustand als Kunst. Die Sozis hingegen zeigen, dass ihre Partei noch nicht völlig wie ein Privatunternehmen agiert - sie verfügt über rebellische, kritische, aktive und vor allem sozialistische Mitglieder. Leider nicht an der Parteispitze.
"Klima-Wandel" von Vor-Vorgestern.
Das ist aber nicht neu. Das ist die Krise von Vor-Vorgestern in ihrer Fortsetzung. Nämlich, dass sich die europäische Sozialdemokratie kommerzialisierte, sich aus-verkaufte - zunächst an den so genannten "Neoliberalismus" und dessen inhärente, systematische, globalisierte Korruption; dann an die Medienmaschinerie der Idiotokratie und in Folge dessen an den Rechtspopulismus - das hat einen Bart. Der ist fast so lang wie die Zahlenreihen der Gehälter von Tony Blair, Gerhard Schröder oder Viktor Klima, die fast zeitgleich den Anfang vom Ende der Sozialdemokratie einleiteten, kurz bevor sie mit lukrativen Beratergeschäften in der Privatwirtschaft versorgt wurden.
Das Hauptproblem: Mangelnde Unterscheidbarkeit
Es folgten auch in Österreich Parteivorsitzende, die mit ihren konservativ-bürgerlichen Koalitionspartnern zur Unkenntlichkeit verschmolzen. Das ist das Hauptproblem der SPÖ: Mit ihrer (marketingtechnisch clever vermeinten) Anbiederung an den Rechtspopulismus, an die FPÖ selbst, steigert sie ihre Indifferenz in der öffentlichen Wahrnehmung gegenüber den rechten Parteien. Warum aber sollten rechtslastige Wähler_innen jemals rechte Sozis wählen, wenn sie das Original haben können? Zugleich schreckt der Rechtsruck linkslastige Wähler_innen ab. Und die Mitte? Die bietet mit Grünen und Neos modernere Alternativen. Die SPÖ droht, in die Bedeutungslosigkeit... Ja, ich weiß, auch dieser Satz ist bärtig wie der Kaiser im Untersberg. Vorhersehbares Scheitern hat nicht einmal mehr Unterhaltungswert.
Ein erloschener Vulkan
Man werfe einen Blick zu unseren Nachbarn. In Deutschland verkümmerte die SPD wie zuvor die FDP zu einer Zweigstelle der Union. In Ungarn: Die persönliche Korruption an der Spitze der ungarischen Sozialdemokratie führte zur verstaatlichten Korruption des Orbanismus.
Und ewig und überall bleiben die unteren Funktionäre und Mitglieder, bleibt die "Basis" unzufrieden, beklagt sich, bringt Hoffnungen hervor, an denen sie sich klammert; aus denen dann doch nicht mehr wird als freche Stimmen aus den hinteren Reihen, die irgendwann zum Schweigen gemobbt werden. Faymann wurde gewählt und wiedergewählt. Deshalb würde "seine" Politik nicht mit ihm verschwinden. Die treuen Parteisoldat_innen stehen bereit, die politisch-moralische Leere mit Leere zu füllen. Eine Partei wie ein erloschener Vulkan: In den unteren Schichten brodelt es, aber aus der Kraterspitze entsteigt bestenfalls heiße Luft. Auf diese Weise dient das Potenzial von unten auch noch der oberen Impotenz.
Faymann ist austauschbar
So lange die Partei-Mehrheit den Kuschelkurs mit der kompromissverfaulenden Bedeutungslosigkeit unterstützt, solange ein politischer Nihilist wie Cap - ein Cap der falschen Hoffnung - die Partei im Zentrum repräsentiert, wird es zu keiner Eruption kommmen. Und warum sollte sich plötzlich ändern, was seit bald 20 Jahren, mit den selben Typen im Hintergrund, gleich falsch läuft?
Es gibt nur zwei Auswege: Entweder die SPÖ bekommt einen enormen Zuwachs an sozialistisch-rebellischen Mitgliedern. Oder die vorhandenen Rebell_innen verlassen geschlossen die Partei und gründen eine neue Sozialdemokratie.
Ein dritter Weg wäre ein Neustart ohne Faymann, über den man nichts sagen kann, weil er die Indifferenz wie kein anderer repräsentiert (eine Merkel-Taktik). Aber 1) würde es das aktuell chaotische Medienbild der Partei verstärken, wenn man plötzlich den Bundesvorsitzende und damit den Kanzler austauschte. Mögliche Schlagzeile: "Hofer stürzt SPÖ ins Chaos".
2) Die Mehrheit, die jetzt Fayman unterstützt, würde den/die neue_n Chef_in lediglich als kosmetische Operation wählen. Welchen Grund hätte sie, ihre grundlegende Einstellung, die zur jetzten Austauschbarkeit der Bundes-SPÖ führte, von sich aus zu ändern?
Die Hoffnung ist eine miese Verräterin
Das erinnert an die katholische Kirche. Da jammern die Mitglieder über das selbe, was andere zum Austritt bringt. Trotzdem verbleiben sie in Mitgliedschaft wie im Irrglaube, es wäre ihre Kirche und in der Hoffnung, dass sich irgendwann alles von selbst verbessern würde. Die SPÖ ist nicht, was sie einmal war, sondern was sie jetzt ist. Lasst alle Hoffnung fahren! Sie nimmt euch nur gefangen. Ein paar Rebellen machen keinen Frühling. Zumal angesichts des verzweifelten Opportunismus gewisser Provinzchefs.