1967 – vor 50 Jahren – besuchte der Jugoslawische Staatschef Marschall Josip Broz Tito den damaligen Steirischen Landeshauptmann Josef Krainer senior in der Grazer Burg. Krainer hatte zuvor die Zeichen der Zeit richtig gedeutet und erkannt, dass sich der Kommunismus Titos deutlich von dem der anderen Regime hinter dem Eisernen Vorhang unterschied. Zum einen hatte Jugoslawien bald nach dem Zweiten Weltkrieg mit der Sowjetunion gebrochen und verfolgte eine Politik der Annäherung gegenüber dem Westen. Zum anderen war die Wirtschaftspolitik des südlichen Nachbarn relativ liberal gestaltet, was die Steirer klug auszunutzen wussten. Josef Krainer hatte deshalb früh Kontakte zu den Südslawen geknüpft, wobei bilaterale Kooperation besonders mit den damaligen Teilrepubliken Slowenien und Kroatien erfolgte.
Daneben wurden ebenfalls mit Ungarn und Italien Projekte verwirklicht, wobei Krainer hier auch von anderen steirischen Landespolitikern mit Weitblick (Koren u.a.) unterstützt wurde. Eine Politik des Dialogs auch mit schwierigen Nachbarn half den Frieden in Europa zu sichern und darüber hinaus Österreich vor einer außenpolitischen Isolierung wie im März 1938 zu schützen. Dabei darf nicht vergessen werden, dass die damaligen Beziehungen Österreichs insbesondere mit Italien und Jugoslawien in den 1960ern alles andere als einfach waren. Die Südtirolproblematik war auch in der Steiermark ein wichtiges Thema. Und aus Sicht Titos war die Grenzfrage gegenüber Österreich weiterhin ungeklärt, die im Staatsvertrag von 1955 verpflichtend vorgeschriebenen zweisprachigen Ortstafeln im slowenisch- und kroatischsprachigem Gebiet existierten nicht. Die Österreicher wiederum kritisierten den Umgang der Jugoslawen mit der deutschsprachigen Minderheit (ein bis heute ungelöstes Problem). Dennoch etablierte Krainer einen fruchtbringen Kontakt der letztendlich zum quasi Staatsbesuch Titos in der Steiermark führte. Dass Krainers außenpolitische Alleingänge in Wien nicht nur Zuspruch fanden, ist kein Geheimnis und trug sicherlich zum damals teilweise öffentlich ausgetragenen Konflikt mit Bundesregierung bzw. Bundes-ÖVP bei.
50 Jahre später muss man die europapolitischen Aktivitäten Krainers als überaus weitsichtig ansehen – Österreich und die Steiermark profitieren bis heute davon.