In den letzten Wochen konnte man bereits allerorts das von den Medien verbreitete Lied „Clinton ist gut, und Trump ist böse“ auswendig mitsingen; dieser Ohrwurm wird uns auch noch wohl monatelang verfolgen. Blöd nur, dass jetzt in der Tat doch das Böse gewonnen hat. Nur der eigentliche Wahlverlierer ist nicht Hillary Clinton, der eigentliche Wahlverlierer sind die sogenannten Qualitätsmedien, die in einer Art Panik allesamt auf den nunmehr designierten amerikanischen Präsidenten losgegangen sind und alles in Bewegung gesetzt haben um ihn zu verhindern. Vergeblich – das amerikanische Volk hat anders entschieden, es hat sich gegen die Meinung der Meinungsbildner gestellt.

Warum nur? Liegt es vielleicht daran, dass die Meinungsbildner einfach ziel- und planlos darauf lospalavern und ohne auch nur im Entferntesten ein Feedback einholen ihre Botschaft auf Biegen und Brechen durchzubringen versuchen? Sollte man nicht, wenn man versucht jemandem etwas zu erzählen, ab und zu mal überprüfen, ob der, dem man all das erzählt, dabei auch tatsächlich mitkommt, und gegebenenfalls den Erzählstil ändern? Ich weiß schon: für manche ist es schwierig sich auf das Niveau der Dummen herabzubegeben; doch man muss es tun, wenn man sie mit seinen gescheiten Botschaften erreichen und sie davon überzeugen will.

Das ist nicht geschehen, und die Panik ist ja in den letzten Wochen vor der Wahl schon am Explodieren gewesen. Was wurde da nicht alles weltweit über Donald Trump veröffentlicht? Doch: es sind nur die Amerikaner wahlberechtigt und niemand sonst auf der Welt. Worin liegt also der Sinn, dass nicht-amerikanische Medien in ihren Ländern Straßenumfragen veranstalten, bei denen die Menschen befragt werden, wem sie denn ihre Stimme geben würden? Abgesehen davon, dass natürlich das Ergebnis herauskommt, dass jeder erwartet hat, nämlich, dass die Befragten, die der Bildungselite angehören, selbstverständlich für Clinton stimmen würden, und ein paar leicht alkoholisierte, ungepflegt aussehende Dummköpfe in grammatikalisch falschem Deutsch Trump den Vorzug geben, so ist das absolute Verschwendung von Produktionsmitteln, weil nur wenige Amerikaner die Fernsehprogramme von Europa ansehen und selbst wenn sie wohl den sprichwörtlich feuchten Dreck darauf geben, wer nach Ansicht der europäischen Bildungselite ins Weiße Haus einziehen soll.

Und auch die wunderbare Berichterstattung der europäischen Qualitätsmedien in den USA vor der Wahl hat nichts ausgelassen. Da wurden nun Wahlveranstaltungen der beiden Kontrahenten besucht und ausführlich das Bild der potentiellen Wählerschaft gezeichnet. Der geneigte Leser ahnt, was sich dabei abgezeichnet hat. Natürlich – die Trump-Sympathisanten waren plump und dumm. Hätte man nun wirklich amerikanische Wähler mit diesen Beiträgen erreicht, die vom Gebührenzahler finanziert wurden, so wäre die einzige Konsequenz daraus eine Aversion europäischen Medien gegenüber gewesen, weil nur ganz wenige Dumme gerne als dumm dargestellt werden wollen – das ist bei den Amerikanern genauso wie bei den Europäern, Asiaten, Australiern und Afrikanern.

Es bleibt nun abzuwarten, was folgen wird. Werden jetzt Expertenrunden zusammengerufen, die den Leuten einreden wollen, dass sie sich auf einen gewaltigen Kriegsausbruch vorbereiten sollen, nachdem ja die Amerikaner zu mehr als 50% dumme, aggressive Nationalisten sind, die jetzt mit dem Teufel an der Spitze über alles Nicht-Amerikanische herfallen werden?

Oder wird man vielleicht doch einmal kapieren, dass sich die Zeiten geändert haben? Das ist nämlich das zweite große Problem der Meinungsbildner; sie kennen die Klienten nicht mehr, denen sie ihre Gelehrtenweisheit erzählen wollen.

Die Zeiten, wo ein Wahlergebnis die persönliche Einstellung der Mehrheit repräsentiert, sind längst vorbei. Es gibt die Stammwähler nur mehr als aussterbende Spezies; die Menschen, die eine Partei trotz Unwohlbefindens dabei wählen, weil sie sie immer gewählt haben, sind steinalt, wenn sie denn überhaupt noch leben. Aber auch die steinalten werden in absehbarer Zeit nicht mehr wählen. Wann wird wohl verstanden werden, dass ein Wahlergebnis im 21. Jahrhundert eine Momentaufnahme der Stimmung in einer Bevölkerung ist? Wann wird es in den Köpfen der Meinungsbildner verankert sein, dass eine Zufriedenheit in der Bevölkerung den Wunsch nach Erhalt eines Systems nach sich zieht und eine Unzufriedenheit den Wunsch nach Veränderung; und dabei ist die Richtung a priori egal. Diejenige oder derjenige, der am meisten davon überzeugt, dass die Veränderung spürbar sein wird, bekommt bei vorherrschender Unzufriedenheit die Stimmen.

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fischundfleisch

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