Abgehobene Höchstrichter

Je höher die Richter stehen, desto abgehobener urteilen sie. Selbst das lachsrosa Zentralorgan der guten Österreicher findet die jüngste Entscheidung unseres Obersten Gerichtshofes „bemerkenswert“:

Wien – Im Fall des irakischen Flüchtlings, der sich am 2. Dezember 2015 im Theresienbad in Wien-Meidling an einem damals zehnjährigen Buben vergangen hatte, hat der Oberste Gerichtshof (OGH) am Dienstag eine bemerkenswerte Entscheidung getroffen. Der Schuldspruch wegen schweren sexuellen Missbrauchs und Vergewaltigung wurde bestätigt, die vom Erstgericht verhängte Strafe aber um drei Jahre reduziert.

Das Wiener Landesgericht hatte im vergangenen Dezember bei einer Strafdrohung von bis zu 15 Jahren über den 21-Jährigen eine siebenjährige Freiheitsstrafe verhängt. Das war dem OGH zu viel. In Stattgebung der Strafberufung von Verteidiger Roland Kier wurde sie von einem Fünf-Richter-Senat auf vier Jahre herabgesetzt. „Vier Jahre sind hier angemessen“, betonte Senatspräsident Thomas Philipp in seiner ausführlichen Begründung im Justizpalast.

Beim inkriminierten Übergriff habe es sich um einen „einmaligen Vorfall“ und nicht „jahrelange Missbrauchshandlungen im Familienkreis mit oft gravierenden Folgen“ gehandelt, mit denen die Strafjustiz regelmäßig zu tun habe. „Man darf hier nicht das Augenmaß verlieren“, gab Philipp zu bedenken. Bei der Strafbemessung müssten das reumütige Geständnis, die bisherige Unbescholtenheit des Angeklagten und der Umstand berücksichtigt werden, dass dieser im Tatzeitraum noch keine 21 Jahre alt war.

http://derstandard.at/2000058154894/Vergewaltigung-in-Wiener-Hallenbad-Vier-statt-sieben-Jahre-Haft

Welche Strafe wird der Oberste Gerichtshof wohl für die drei Vergewaltiger von Tulln angemessen finden?

Da sie zu Dritt waren, müsste man die Strafe nach „Augenmaß“ der österreichischen Höchstrichter wohl dritteln.

Wie dem (laut eigenen Angaben) 20jährigen Iraker vom Theresienbad kann man dem (zunächst 18jährigen) 35jährigen afghanischen Haupttäter von Tulln keine jahrelangen Missbrauchshandlungen im Familienkreis ankreiden, sondern es handelte sich lediglich um einen „einmaligen Vorfall“ (bzw. zweimalig in Tulln).

Jetzt im Ernst:

Missbrauch in der Familie ist eine schreckliche Sache, welche allerdings nur in sehr entwickelten Gesellschaften überhaupt als strafbar angesehen und zur Anzeige gebracht wird. Was sich in Familien, die südöstlich von Österreich stammen, abspielt, bekommen unsere Gerichte nur in absoluten Ausnahmefällen mit.

Obwohl Missbrauch innerhalb der Familie in Österreich zu Recht als strafwürdig angesehen wird, hat die Vergewaltigung eines Kindes im öffentlichen Bereich auch im hoch entwickelten Österreich eine bedeutendere Dimension als im privaten Familienbereich.

Im öffentlichen Bereich wird es stärker als Aufgabe des Staates angesehen, den Schutz vor Vergewaltigungen zu gewährleisten und Täter durch Strafen abzuschrecken. Dies begreift selbst eine Zeitung wie der Standard, die trotz ihrer links-guten Agenda über Vergewaltigungen im öffentlichen Raum natürlich in einer anderen Intensität berichten muss. Nur unsere oberste Justiz ist zu abgehoben, um zu kapieren, wofür sie eigentlich da wäre.

pixabay

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