Seyran Ates hatte im neuen Puls4-Format „Im Namen des Volkes“ die wesentlich besseren Argumente auf ihrer Seite, weshalb sogar 60 % der befragten Grün-Wählern für ein Kopftuch-Verbot an Österreichs Schulen stimmten (insgesamt waren es über 80 %).
Von der verschleierten Gegenseite wurde in der Diskussion immer wieder behauptet, dass es sich bei der religiösen Verschleierung um ein Menschenrecht handle.
Der europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat jedoch bereits 2004 festgestellt, dass ein Kopftuchverbot an Schulen nicht das Menschenrecht auf Religionsfreiheit verletzt:
Die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hat am 10. November 2005 das Verbot als vereinbar mit der Europäoschen Menschenrechtskonvention angesehen. Sie bestätigte damit das Urteil der ersten Kammer des Gerichts, das am 28. Juni 2004 die Beschwerde einer türkischen Medizinstudentin abwies. Es stelle keine Verletzung des Grundsatzes der Religionsfreiheit dar, wenn einer Studentin mit Kopftuch der Zugang zu einer öffentlichen Hochschule untersagt werde. Die Richter stuften die Kopfbedeckung als Symbol einer „extremistischen Bewegung“ ein. Die Türkei verfolge mit dem Verbot das Ziel, bürgerliche Freiheitsrechte zu schützen und die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten.
Es wäre auch völlig realitätsfremd zu behaupten, dass es in Frankreich oder der Türkei keine Religionsfreiheit gäbe. Sowohl in Frankreich als auch in der (früher noch) säkularen Türkei wurde Religion trotz der besagten Verbote in einem wesentlich stärkeren Ausmaß praktiziert als in Deutschland oder Österreich.
Säkularismus und Religionsfreiheit stehen nicht im Widerspruch, sondern der Säkularismus garantiert gleiche Rechte auf Religionsfreiheit für alle.
Das Grundrecht auf Religionsfreiheit ist hingegen in den Ländern stark eingeschränkt, wo eine Mehrheit der Frauen – freiwillig oder unfreiwillig – den Schleier trägt. Dort gilt zwar die totale Religionsfreiheit, aber immer nur für die eigene Religion.
Das Recht auf Verschleierung, das in Österreichs und Deutschlands Schulen gewährt wird, ist kein Menschenrecht und könnte daher jederzeit durch eine einfache parlamentarische Mehrheit abgeschafft werden.
Wenn die Regierung nicht von den Wählern für ein falsches Verständnis unseres Menschenrechts auf Religionsfreiheit abgestraft werden will, sollte sie den Willen der Bevölkerung schleunigst umsetzen.