Orban hat sich für unsere Medien wieder einmal schwer daneben benommen, indem er den von einer mehrjährigen Haftstrafe bedrohten ehemaligen Regierungs-Chef Mazedoniens politisches Asyl gewährt hat:
https://oe1.orf.at/player/20181121/533594
Politisches Asyl stehe nach Ansicht der Orban-Kritiker (und Ö1) nur Kriegsflüchtlingen zu – und das am besten, wenn sie von möglichst weit herkommen und dabei viele sichere Länder durchreist haben. Dass Krieg im Gegensatz zu politischer Verfolgung kein Asylgrund nach der Genfer Flüchtlingskonvention ist, konnte noch nicht bis in die Ö1-Redaktion durchsickern.
Besonders nett war die von Ernst Gelegs zusammengestellte Schimpf-Parade oppositioneller ungarischer Medien und Parteien (die ja angeblich ganz furchtbar unterdrückt und gleichgeschaltet sind): Die Oppositionsparteien seien „schockiert, entsetzt und fassungslos“.
Die Asylgewährung sei eine „Schande für Ungarn“ meinten die Sozialisten, da die Genossen aus Mazedonien schließlich EU-Beitrittskandidaten wären. Dass auch die Türkei ein Beitrittskandidat ist, und trotzdem Zehntausende Türken in Deutschland Asyl angesucht haben, scheint den ungarischen Sozen entgangen zu sein.
Die linke Partei „Dialog für Ungarn“ wirft Orban vor, Ungarn zum „Abstellort für politischen Abschaum“ gemacht zu haben. Man stelle sich vor, Österreichs rechte Politiker würden so über geflüchtete Islamisten sprechen.
In den sozialen Netzwerken (in Ungarn die Guten) werde das Paradoxon beschrieben, dass Ungarn Asylwerber aus Kriegsgebieten wie Kriminelle behandle, während europäische Kriminelle gleich Asyl bekämen. Dabei wird jedoch nicht erwähnt, dass es sich bei dem „Kriminellen“ im konkreten Fall eben um einen „Politiker“ handelte. In korrupten Ländern, zu denen Mazedonien zweifellos gehört, gegen Korruptionsvorwürfe fast nie ins Leere. Auch Putin oder Erdogan lassen ihre politischen Gegner am liebsten mit Korruptionsvorwürfen verfolgen.
Selbst bei uns revanchiert man sich bei abgewählten politischen Gegnern gerne mit Korruptionsprozessen, wobei dieser Revanchismus in West-Europa (siehe Sarkozy, Berlusconi) eine Spezialität von linken Richtern ist.
Auch in Österreich hätte man Christian Kern nach der Silberstein-Affäre einen Prozess anhängen können. Mit dieser Einstellung zerstört man jedoch einen der größten Vorteile der Demokratie: nämlich, dass auch Verlierer weiterleben dürfen und deswegen auch bereit sind, Niederlagen einzugestehen und die Macht abzugeben.
Für Länder, die noch nicht so reif sind, ist es eine gute Sache, dass verfolgte Politiker wenigstens bei Nachbarn um Asylschutz ansuchen können. Genau das gehört zum Kernbereich des Asylschutzes und eben nicht die Massenmigration über die Asylschiene von Menschen, die auch in ihrer eigenen Region genug Schutz finden könnten.