Vor 43 Jahren brüskierte Italien seinen engen Wirtschaftspartner Libyen (Gaddafi besaß 13 % der FIAT-Aktien und der Energiekonzern ENI war als einzige ausländische Erdöfirma von Gaddafi nicht verstaatlicht worden) durch einen gegen Sowjet- und Gaddafi-Interessen gerichteten Beistandspakt mit Malta.
Am Tag der endgültigen Unterzeichung des Abkommens, dem 2. August 1980, explodierte am Bahnhof von Bologna eine Bombe, die 85 Menschen das Leben kostete. Entsprechend verdächtigte der für das Beistandsabkommen mit Malta zuständige italienische Staatssekretär Libyens Gaddafi, der in den 1970er und 1980er-Jahren zu Recht als einer der größten Förderer und Auftraggeber des internationalen Terrorismus galt.
Doch Italien war nach dem Platzen des ENI-Petromin Deals mit Saudi-Arabien (durch den das italienische Parteiensystem in Form von „Tangenten“ finanziert werden sollte) auf die Geschäfte mit dem libyschen Terror-Paten (Terror hin oder her) dringend angewiesen.
So gab Cossiga am 4. August 1980 (2 Tage nach dem Anschlag) im Parlament bekannt, dass es sich beim Anschlag von Bologna um eine „faschistische Tat“ gehandelt hätte. Die „schwarzen Terroristen“ wurden nicht etwa deswegen als Attentäter bestimmt, weil die von Cossiga angeführte Regierung so „antifaschistisch“ gewesen wäre.
Doch hätte man „rote Terroristen“ als Schuldige präsentiert (wie fälschlicherweise im deutschen Wikipedia-Beitrag nach wie vor behauptet wird), hätten Italiens linke Medien und Bolognas rote Justiz die gesamte Geschichte niemals geschluckt.
Seit dem Anschlag auf eine Mailänder Bank, die von der "roten" Controinformazione zum Anschlag auf eine "Piazza" umgedeutet werden konnte, galt Terror ohne klare Urheberschaft grundsätzlich als "schwarzer" rechter Terror.
Eine Tat „schwarzer Terroristen“ – noch dazu im Auftrag Licio Gellis P2-Loge, hinter der wiederum die CIA gestanden hätte – das war genau die „Musik“, die Bolognas Polit-Justiz hören wollte.
Obwohl sich ein deutsches Mitglied der Carlos-Gruppe, die in den darauffolgenden Jahren Anschläge wie gegen den Bahnhof von Marseille mit 4 Toten im Auftrag Gaddafis verüben sollten, in der Nacht vor dem Anschlag in Bologna aufgehalten hatte und dies von der italienischen Polizei aufgrund deutscher Terror-Warnungen registriert worden war, wurde nicht bzw. erst 25 Jahre später (zaghaft) gegen ihn ermittelt.
Aron Sperber
Dank der Verurteilung der rechten Südenböcke musste Italien nicht auf die Geschäfte mit Gaddafi verzichten. Aus der Differenz zwischen dem günstigen Preis, den Gaddafi seinen „italienischen Freunden“ machte, und dem offiziellen Preis, um den Italien sein Öl über den staatlichen ENI-Konzern bezog, konnte man bequem das italienische Parteiensystem ein weiteres Jahrzehnt finanzieren (auch die PCI, welche von Cossigas Cousin Enrico Berlinguer geführt wurde, bekam wohl ihren Anteil).
Aron Sperber
Selbst nachdem das alte Parteiensystem im Tangentopoli-Skandal unterging, schwammen die beiden Architekten der „ENI-Supertangente“ Cossiga und Andreotti weiter als "Senatoren auf Lebenszeit" oben auf – und Gaddafi blieb bis zu seinem Ende, egal ob Linke oder Rechte regierten ein verlässlicher Öl-Lieferant für Italien.
Aron Sperber
Aron Sperber