Wer auch immer nach dem 4.Dezember in die Hofburg einziehen wird: Keiner der beiden Kandidaten wird in der Lage sein, unser gespaltenes Österreich zu kitten. An der endgültigen Bruchlinie tragen im Prinzip zwei Lager die Verantwortung: Einerseits die ÖVP, welche ihr linkes Herz entdeckt hat und sich mit Wahlempfehlungen überwiegend der linken Reichshälfte anbiedert und andererseits der Multimillionär Hans Peter Haselsteiner, Miteigentümer der Baufirma Strabag (diese ist bekanntlich überwiegend von öffentlichen Bauaufträgen abhängig. Ein Schelm wer da Böses vermutet…)
Seit den hässlichen Wahlwerbungen kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges, bei welcher sich linke und rechte gegenseitig über teils unfassbare Plakate verunglimpften, böllert Haselsteiner mit einer haarsträubenden Inseraten- und TV-Kampagne gegen Kandidat Hofer, mit der gleichen plumpen Angstmache und vor allem mit inhaltlichen Unwahrheiten.
Demokratie europäischer Prägung setzt voraus, dass die daran teilhabenden Menschen (=Wahlberechtigte) einigermaßen über Schulbildung verfügen, sich regelmäßig über das aktuelle Geschehen im In- und Ausland informieren, in groben Zügen verstehen, wie die Demokratie in Österreich technisch funktioniert und vor allem, und das erachte ich für wichtig, über logisches Denkvermögen verfügen. All jene, welche meinen Blog inhaltlich verstehen, werden mir zustimmen, dass der Prozentsatz von Wählern, welche diese Kriterien erfüllen können, im Idealfall knapp über der relativen Mehrheit liegt (relative Mehrheit, weil ein gewisser Prozentsatz nicht zugeordnet werden kann).
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Demokratie heißt auch, zum Wohle das Landes zu handeln, das Land und seine Bürger zu schützen, generationsüberschreitend zu denken, dem Andersdenkenden zuzuhören und demokratisch gefallene Entscheidungen zu akzeptieren und respektieren.
Dieses Defizit an politikinteressierten, an der Demokratie aktiv teilhabenden und einigermaßen gebildeten Wählern ist den Parteien bewußt, aus diesem Grund wird aktiv dieses Manko als Waffe gegen den politischen, oder besser, den ideologischen Gegner angewendet. Da gibt es die Gruppe, welche von sich behauptet, entsprechend über das gehobene Bildungsniveau zu verfügen und das auf hässliche Art und Weise den anderen zu zeigen und dann gibt es die andere Gruppe, welche erstere als Elite disqualifiziert.
Ich bin kein FPÖ-Wähler, aber was gegen Norbert Hofer unternommen wird, ist falsch. Die Hetze gegen ihn wird uns noch in zumindest einer weiteren Generation beschäftigen, noch nie zuvor wurde eine derart große Allianz von Medien, Künstlern, Kabarettisten, Personen des öffentlichen Lebens und Ex-Politikern geschmiedet, alle gegen einen. Egal, wie die Wahl ausgehen wird, das jeweils andere Lager wird den Gewinner nicht akzeptieren, wobei anzunehmen ist, daß wir bei der Wahl von Hofer wieder mit Lichtermeer, Dauer-Demos am Ring (vorzugsweise am Einkaufssamstag), Vernaderung Österreichs im Ausland (da hat ja eine politische Partei schon gute Übung damit), bis hin zu erneuter Historikerkommission rechnen müssen.
Das ist überhaupt ein interessantes Phänomen. Wenn links gegen rechts demonstriert, dann ist das ok, auch wenn das mit erheblichen Kollateralschaden abgeht, wenn etwas rechts von links passiert, dann ist das ein mittlerer Skandal. Dieses Denken, dieses Verhaltensmuster ist der Untergang der Demokratie, dazu kostet die Demokratie zu viel bei viel zu wenig Nutzen für die Menschen. Das Wort „Toleranz“ wird da zur Einbahnstra0e, zu links soll man tolerant sein, zu rechts von links nicht… Das geht so weit, daß sich Wähler für Hofer nicht mehr deklarieren wollen, weil sie die Revanchefouls fürchten.
Wenn die FPÖ tatsächlich ideologisch wie personell den demokratischen Rahmen sprengt, warum findet sich im Parlament keine verfassungsmäßige Mehrheit um diese Partei zu verbieten? Ich bin kein Jurist, aber ich kann mir vorstellen, daß selbst der EuGH feststellen dürfte, daß sich die FPÖ innerhalb des Verfassungsbogen befindet, was auch von den Grünen behauptet werden kann. Ergo muß die Demokratie es aushalten, dass die FPÖ dort und da in Regierungsverantwortung steht und ihr Kandidat unter Umständen auch den nächsten Bundespräsidenten stellen wird.
Eine Missachtung dieser demokratischen Spielregeln kommt der Demontage unserer Demokratie gleich und letztlich ist die eigentliche Gefahr nicht die, dass Rechts an politischer Kraft gewinnt (das tut sie sowieso und je undifferenzierter dagegen gekämpft wird, umso stärker wird diese Entwicklung), sondern, dass die Anarchie Einzug und Duldung erfährt. Im kleinen Kreis kann das jetzt schon beobachtet werden, eine Demo gegen Abschiebungen in Wien wird von ca. 70 Personen des „schwarzen Blocks“ unterwandert und bleibt bis zum Ende des Demozuges unter den Demonstranten. Diese Message ist angekommen.
Unsere Eltern und Großeltern haben teils mit furchtbaren Entbehrungen dieses Land aus den Trümmern des Krieges wieder aufgebaut. Sie haben nach den düsteren Jahren eines Wahnsinnigen mit einer irren Ideologie und einer einzigartigen Menschenverachtung die Demokratie neu aufgestellt, in der Hoffnung, daß niemals wieder so ein Irrer einen Kontinent einäschert. Jeder Vergleich der FPÖ mit den Taten dieser verbrecherischen Ideologie zwischen 1933 und 1945 ist eine Verharmlosung der Verbrechen, welche durch die Nazis damals begangen worden sind. Die berühmte „Nazikeule“ zeigt von unfassbarer Hirnlosigkeit. Der Spruch „wehret den Anfängen“ kann übersetzt durchaus bedeuten, daß jede konträre Meinung eines Linken automatisch eine Wiederbetätigung bedeuten würde. Wenn unser Sprachschatz ständig nach Begriffen gesiebt werden muß, welche als historisch belastet bezeichnet werden, dann zeigt das eigentlich, daß die Gesellschaft noch immer zu schwach ist, aus den Verbrechen der Nazis zu lernen, mehr noch, es scheint, daß sich unsere Demokratie noch immer nicht von den wahren Nazis emanzipieren konnte.
Die USA werden gemeinhin als die Wiege der Demokratie bezeichnet, nun, ich persönlich sehe das etwas anders, es steht mir aber nicht zu, das zu kritisieren. In den USA wird unter Meinungsfreiheit auch die Märsche von verkappten Retro-Nazis mit ähnlicher Uniform und Hakenkreuzfahnen akzeptiert, auch wenn es mir dabei sauer aufstößt. Ich würde es als widerlich empfinden, wenn solche Märsche bei uns stattfänden, umgekehrt müssen wir Märsche von linken Autonomen mit teils widerwärtigen Parolen selbstverständlich akzeptieren, auch an Einkaufssamstagen mit maximaler Störwirkung für den Handel.
Keine Ahnung, wie Österreich aus dieser Spaltung aus retromarxistischer Romanze und angeblicher deutschnationaler Gesinnung wieder zueinander findet. Eine Partei mit Kitt-Potential hat es vergeigt, die ÖVP hat sich faktisch aufgelöst mit den Wahlempfehlungen. Interessant ist dabei, daß es in der SPÖ durchaus Leute gibt, welche sich der Systematik von Demokratie wieder besinnen, aber selbst dort ist ein Richtungsstreit entflammt.
Mich persönlich widert diese Situation an, politisch sind kaum noch Entscheidungen der Vernunft möglich, alles ist ein Kuhhandel, meist auf Kosten jener, welche dieses System finanzieren. Langsam sollten wir uns die Frage stellen, wollen wir mit so einem System weiterwursteln oder versucht man mal etwas Neues..
In wenigen Monaten, im günstigsten Fall, und in wenigen Wochen im ungünstigsten Fall werden mehrere Millionen Menschen die „Festung“ Europa entern, nur ein kleiner Teil davon wird die Kriterien für anerkannte Flüchtlinge erfüllen, die meisten werden abermals ohne Registrierung oder mit falscher Identität nach Europa strömen. Angesichts solcher Gefahren brauchen die Staaten Europas eine starke, schnell handelnde Regierung, denn von der EU in Brüssel ist da nichts zu erwarten. Bei der Bundespräsidentenwahl geht es auch darum, wieviel Handlungsfähigkeit und Schutzinteresse an Österreich, seiner Bürger, seiner Identität und seiner Kultur der Bundespräsident mitbringen wird.
Populismus von links und rechts benötigt als Nährboden mangelnde Allgemeinbildung, Informationsresistenz, Demokratiedesinteresse und/oder Opportunismus, das sollte uns allen klar sein, spätestens am 4.Dezember.
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