Werte Leserinnen und Leser,
#GewinnerDerWoche
Woche eins, nach der endlich geglückten Präsidentenwahl und das internationale Echo war dementsprechend groß. Die Spaltung der Gesellschaften in ganz Europa, der aufkeimende Rassismus und Rechtspopulismus wurden wieder zahlreicht thematisiert. Am treffendsten formulierte es in meinen Augen überraschenderweise kein hochrangiger Politiker und kein bekannter Journalist, sondern der Trainer des SC Freiburg Christian Streich, der für mich deswegen der Gewinner der Woche ist. Auf einer Pressekonferenz analysierte er die Situation – angesprochen auf den Mord durch den afghanischen Flüchtling in Deutschland – mit sehr gewählten und weisen Worten. Er habe Angst, sagte Streich, und hätte nicht gedacht, dass es so schnell in Deutschland wieder eine ähnliche Entwicklung wie im vergangenen Jahrhundert geben könnte, bei der eine Volksgruppe, pauschal verurteilt und für alles verantwortlich gemacht würde. Das fünf Minuten lange Video sollte man sich unbedingt ansehen, denn Streich sagt so viel Wahres und Richtiges, doch möchte ich unter den vielen großartigen Sätzen zwei hervorheben: „Man muss es als Herausforderung annehmen und sich bekennen. (...) Und wer das nicht tut und sich nicht klar bekennt, der trägt eine Mitverantwortung, wenn es in eine andere Richtung geht.“ Streich meint sicherlich nicht, dass jeder in die Politik gehen solle und gegen die AfD in Deutschland, die FPÖ in Österreich usw antreten müsse, sondern dass sich jeder dazu aufgerufen fühlen soll, das in seiner Macht stehende zu tun, diese Entwicklung zu stoppen. Im Alltag bedeutet das, wieder mehr den Diskurs mit jenen Mitbürgerinnen und –bürgern zu suchen, über die viele denken: „Es hat doch eh keinen Sinn mit dem/der zu diskutieren.“ Das ist nicht richtig, denn genau diese Diskussionen brauchen wir, um wieder einen gemeinsamen Weg zu finden, die akuten Probleme Europas zu lösen. Wenn sich jeder in seiner Filterblase verschanzt und über „die anderen“ herzieht, wird sich die Spaltung nur verstärken. Auch wenn es mühsam scheint und oft anstrengend ist, müssen wir uns selbst an der Nase nehmen und wieder aufeinander zu gehen. Die Spaltung in der Bevölkerung kann kein Van der Bellen, kein Kern und auch keine Merkel beseitigen. Das kann nur die Bevölkerung selbst, indem sie sich wieder mehr untereinander austauscht und gemeinsame Positionen findet. Wir alle sind Österreich, die 54% VdB-Wähler, die 46% Hofer-Wähler und auch jene, die gar nicht an der Wahl teilgenommen haben. Gerade die kommende Weihnachtszeit, an der man viele Abende mit der Familie am Esstisch verbringt, ist eine Gelegenheit, die Urstrumpftante oder den Großcousin davon zu überzeugen, dass die Flüchtlinge eben nicht an allem schuld sind.
https://www.youtube.com/watch?v=bHxqP3moyHg
#VerliererDerWoche
Das sind Trumps Wählerinnen und Wähler, denn ihr Kandidat hat sein Regierungsteam beinahe komplett und es zeichnet sich ab, dass sie nicht das bekommen, wofür sie gestimmt hatten. Eines schien nach der US-Wahl relativ bald klar: die Wähler hatten das „Establishment“ abgewählt und Donald Trump, der im Wahlkampf genau dieses beschimpfte und kritisierte ihr Vertrauen geschenkt. Schade nur, dass sich nun im Regierungsteam von Trump nahezu ausschließlich Ex-Generäle, Wallstreet-Finanzjongleure oder Milliardäre anderer Art finden. Kurzum: Leute die jahrelang Teil genau jenes System waren, das abgewählt wurde. Möglicherweise werden einige Wähler des designierten US-Präsidenten schon vor Beginn dessen Amtszeit enttäuscht sein.
#Denkanstoß
Nachdem die Präsidentschaftswahlen in Österreich nun geschlagen sind, wage ich einen kurzen Ausblick auf das nächste politische Großereignis, über das ich an dieser Stelle mit Sicherheit noch öfter schreiben werde. Der Brexit war eine wichtige Sache, die US-Wahlen wurden schon als Schicksalswahlen bezeichnet und auch unsere Wahlen in Österreich genossen hohe Aufmerksamkeit. Doch keines dieser Ereignisse besitzt aus meiner Sicht die Schlagkraft der anstehenden Präsidentschaftswahlen in Frankreich. 2017 wird ein Schicksalsjahr für die EU so viel steht fest. Den Brexit werden wir (hoffentlich) irgendwie verkraften, Trump wird uns noch Kopfzerbrechen und einige Milliarden Euro kosten, wenn er seine Wirtschaftspolitik durchbringt und Norbert Hofer – seien wir uns ehrlich - hätten wir auch überlebt. Doch sollte Marine Le Pen 2017 zur Präsidentin Frankreichs gewählt werden, sehe ich das Ende der EU sehr nahe. Was das wirtschaftlich für Österreich, Deutschland und ganz Europa bedeuten würde, wage ich mir nicht auszumalen. Fest steht: Sollte eine Dame, die von sich sagt, sie wolle „die EU zerstören“ an die Spitze von Frankreich gewählt werden, also jenes Landes, das mit seiner Zusammenarbeit mit Deutschland die EU erst möglich machte und gemeinsam mit dem Nachbarn als wichtigstes Organ der Union gilt, dann könnte die Europäische Union daran tatsächlich zerbrechen. Deswegen sei ein zugegeben sehr reißerischer Satz erlaubt, der in seinem Kern doch wahr ist und den ich noch oft wiederholen werde: Marine Le Pen ist die größte Gefahr in der Geschichte der Europäische Union.
#TippDerWoche
Wer für die Tage vor Weihnachten noch nach einem exzellenten Kinofilm Ausschau hält und sich ein klein wenig für hochintelligente Science-Fiction begeistern kann, dem sei „Arrival“ ans Herz gelegt. In dem Film wird die Frage behandelt, wie die Menschheit reagieren würde, wenn eines Tages tatsächlich feststünde, das wir nicht allein im Universum ist, weil fremde Flugobjekte auf der Erde landen würden. Aus der Perspektive einer Sprachwissenschaftlerin, (gespielt von Amy Adams) die versucht mit den Außerirdischen einen gemeinsamen Kommunikationsweg zu erarbeiten, erzählt der Film eine großartige Geschichte, die man sowohl als Polit-Thriller, klassische Sci-Fi, als auch als Familiendrama einordnen könnte.