KAPITEL 0 – ZWISCHEN GÖTTERN UND GOTT: EIN KLÄRENDES WORT
Bevor wir beginnen, eine notwendige Klärung.
Das Wort „Gott“ ruft bei vielen sofort eine vertraute Vorstellung hervor: Ein allmächtiger, unsichtbarer Schöpfer, moralisch überlegen, gut, geistig, jenseitig.
Schenk uns bitte ein Like auf Facebook! #meinungsfreiheit #pressefreiheit
Danke!
Doch das ist ein spätes, theologisch entwickeltes Konzept, das in den frühesten Texten nicht vorhanden ist.
In den Überlieferungen aus Sumer, Akkad, Babylon oder dem frühen Israel begegnen uns keine transzendenten Wesen, sondern ganz andere Figuren:
Die Götter sind dort handelnd. Sie haben Körper, Aufgaben, Interessen. Sie kämpfen, gründen Städte, geben Befehle, richten und verschwinden wieder. Manche werden gestürzt, andere warten auf ihre Rückkehr.
Der Mensch wird nicht aus Liebe erschaffen – sondern weil ein Problem gelöst werden musste. Er soll arbeiten. Dienen. Verwalten.
Der Begriff „Götter“ steht hier für Mächte mit konkreten weltlichen Funktionen – nicht für metaphysische Lichtwesen. Sie regieren nicht aus Barmherzigkeit, sondern aus Notwendigkeit.
Wenn wir in diesem Blog also von „Göttern“ sprechen, dann meinen wir genau das: Mächte, die Einfluss auf die Welt nehmen – nicht aus Mitgefühl, sondern aus Kalkül.
Dieses Verständnis bildet den Boden für die kommenden Kapitel. Denn nur wer begreift, wie diese alten Texte über den Ursprung des Menschen und seiner Rolle in der Welt sprechen, kann verstehen, warum sich bestimmte Strukturen bis heute erhalten haben.
KAPITEL 1 – DER MENSCH MIT AUFTRAG. ABER WELCHEM?
In der sumerischen wie auch der biblischen Überlieferung ist der Mensch kein autonomes Wesen. Er wird nicht geschaffen, um sich zu entfalten – sondern um eine Aufgabe zu erfüllen.
In den Texten der frühen Kulturen, etwa dem Atrahasis-Epos oder der Eridu-Genesis, ist klar: Die „Götter“ (genauer: die höheren Verwaltungswesen) erschaffen den Menschen, weil sie Hilfe brauchen. Nicht spirituell – sondern ganz konkret: Die Arbeit, die zuvor die niederen Götter verrichteten, wurde zu viel. Also erschuf man einen neuen „Diener“.
In Genesis 2 ist es nicht anders: Der Mensch wird in den Garten gesetzt, „um ihn zu bearbeiten und zu bewahren“. Das hebräische Wort für „bearbeiten“ ist „la‘avod“ – und es bedeutet nicht liebevoll gärtnern, sondern dienen, schuften, arbeiten. Ein Begriff aus der Tempelwelt.
Der Mensch ist von Anfang an ein Funktionsträger. Er bekommt keine Erklärung, keine Wahl. Er bekommt einen Auftrag.
Er wird nicht um seiner selbst willen geschaffen – sondern um einen Bedarf zu decken.
Dass spätere Religionen diese Beziehung umdeuten – und aus dem Auftrag eine Liebesbeziehung machen – ist verständlich. Aber es ist eine theologische Umdeutung.
Ursprünglich war das Verhältnis klar hierarchisch. Der Mensch diente. Der Gott gebot.
Das Verhältnis war nicht familiär. Es war funktional.