Blaupause für den Terror.

Wieder Tote vor einer Synagoge. Wieder ein Anschlag auf die Meinungsfreiheit.

Am späten Samstagnachmittag feuert ein Mann mit einer automatischen Waffe ca. 30 Schüsse auf das Kulturzentrum Kruttoenden in Kopenhagen. Danach fährt er zur Synagoge in der Innenstadt und schießt auf jüdische Menschen.

Im Kulturzentrum beginnt die bekannte Aktivistin Inna Schewtschenko von der Feministinnengruppe Femen gerade zu sprechen bei einer Veranstaltung von Lars Vilks. Der dänische Karikaturist hatte vor acht Jahren den Propheten Mohammed als Hund gezeichnet. Seither ist er sich seines Lebens nicht mehr sicher, ein Al-Kaida-Ableger im Irak hat gar ein Kopfgeld von 150.000 Dollar auf ihn ausgesetzt.

Diesen Kugelhagel hat Lars Vilks überlebt; gestorben sind zwei andere Menschen.

Auf der Flucht stoppt der Attentäter vor einer Synagoge in der Kopenhagener Innenstadt und feuerte auch hier Schüsse ab. Drinnen findet eine Bar Mitzwa statt. Ein junger jüdischer Mann stirbt durch einen Kopfschuss.

Die dänische Polizei erwischt den Attentäter, angeblich ein Einzeltäter in der Nacht auf Sonntag. Der 55 Jahre alte Mann ist tot.

Fünf Wochen ist der blutige Anschlag auf die französische Satirezeitschrift „Charlie Hebdo" mit 20 Toten erst her. Etwas länger, neun Monate, die blinde Wut eines Attentäters auf das jüdische Museum in der Nähe der Synagoge in Brüssel.

Ich wohne in Wien mitten im jüdischen Viertel. In meiner Straße ist die ehemalige jüdische Schule. Ich treffe sehr oft orthodoxe Juden am Weg in die Synagoge. Noch verdränge ich meine Angst vor unreflektiertem Hass wie er in Paris, Brüssel oder Kopenhagen ausgebrochen ist. Aber ehrlich gesagt, Beschwichtigungen à la „in Kopenhagen handelt sich hundertprozentig um einen Einzeltäter", schüren meine Angst. Angst um Mitbürger, die ich jeden Tag auf der Straße sehe, die im Haus nebenan wohnen, und in dieselben Geschäfte wie ich einkaufen gehen. Sie werden plötzlich zur Zielscheibe von Verrückten, denselben Verrückten, die Jesiden abschlachteten, und die nur eines wollen: Zerstören.

Es ist keine Einzeltat, wenn an drei Orten drei Menschen auf das gleiche Ziel feuern. Auf Jüdische Mitbewohner und ihre Orte. Es ist eine Blaupause für den Terror in Europa, der uns diese Angst einjagen soll. Bei mir hat es bereits funktioniert. Und zu dieser Angst mischt sich Wut, nichts dagegen unternehmen zu können. Eines kann ich/ können wir schon tun: gegen diese Angst ankämpfen und den Terroristen den Sieg nicht gönnen, indem wir ihre Blaupause zerstören.

Fotocredit: krone.at

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Herbert Erregger

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fischundfleisch

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