Schweden und Deutschland für Österreich. Die Rede ist nicht vom bevorstehenden Song-Contest. Sondern von einem handfesten Streit vor dem Europäischen Gerichtshof.
Patrick Breyer, Landtagsabgeordneter der Piraten-Partei in Schleswig-Holstein hat sich mit der EU-Kommission angelegt. In Sachen Vorratsdatenspeicherung. Und die schwedische Regierung hat ihn dabei unterstützt.
Der Fall liegt mittlerweile fast neun Jahre zurück: Österreich hat die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung nicht umgesetzt und wurde von Brüssel verklagt. Breyer wollte die Schriftsätze einsehen, mit denen sich Österreich (am Ende erfolglos) gegen die EU-Klage verteidigt hat. Die EU-Kommission hat ihm dies verweigert - mit Ausnahme der von ihr selbst verfassten Schriftsätze.
Die EU muss nun die Dokumente herausgeben, beschloss der EuGH. Das Verfahren mit der Aktenzahl T-188/12, abgeschlossen am Freitag, 27.2.2015, ist ein gamechanger.
„Dieses Urteil zwingt die EU-Kommission zu mehr Transparenz", zwitschert @patrickbreyer. „Mehr Transparenz ist vor allem dort wichtig, wo der EuGH über Massenbeobachtung entscheidet, wie eben die Vorratsdatenspeicherung. Argumente unserer Regierungen müssen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Denn demokratisch gewählte Regierungen sind ihren Wählern immer im Wort, auch im Gerichtssaal."
Der Fall ist in Österreich unter Ausschluss der Öffentlichkeit gelaufen. Das stimmt mich nachdenklich. Wer kümmert sich eigentlich im Nationalrat um Netzpolitik? Wer auf der Regierungsbank? Wer in den Medien?
Der aufgeflammte Terror in Europa hat Politiker wieder reflexartig nach der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung rufen lassen, die der Europäische Gerichtshof vor fast einem Jahr, am 8. April 2014, für ungültig erklärt hat. Damals wegen Unvereinbarkeit mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union.
Der Politiker der Piratenpartei hat seinen Job gut gemacht. Mehr Transparenz in europäischen Gerichtsverfahren,mehr Kontrolle in Europa. Und er hat gewonnen. Europas Datenschützer organisieren sich im Netz, weil es jene Institutionen, die Europa eigentlich organisieren sollten, ganz offenkundig nicht tun. Die EU-Kommission schläft.
So könnte sich Europas Internet-Kommissar Günther Oettinger nicht nur vom Piraten-Politiker, sondern auch von den USA etwas abschauen. Die US-Telekommunikationsaufsicht Federal Communications Commission (FCC) hat vor wenigen Tagen eindeutig für ein freies Internet gestimmt.
In Brüssel hingegen stehen die Lobbyisten im Berlaymont Schlange, um die freie Meinungsäußerung und Transparenz im Netz zu beschränken – und viele im Kommissionsgebäude singen deren Lied. Es gibt die Banken-Union, die Fiskal-Union. Höchste Zeit für eine Netz-Union, die ihren Namen auch verdient.