Bei Untreue empfehle ich, die Sache mit ins Grab zu nehmen. Ein Interview.

Heute darf ich zusammen mit der Redaktion von FischundFleisch über etwas Spannendes bloggen. FischundFleisch hat mit mir ein Interview über Treue gemacht. Warum gehen wir überhaupt fremd? Und welches Geschlecht ist geschickter im Betrügen? Die Antworten gibt es hier. Viel Vergügen beim Lesen!

FischundFleisch: Genau so viele Männer wie Frauen gehen fremd. Gehen Frauen anders fremd als Männer?Beate Janota: Prinzipiell gibt es keinen großen Unterschied zwischen den Motivationen von Männern und Frauen, in andere Betten zu hüpfen. Bei beiden sind die Beweggründe verschiedenster Natur und damit bei beiden wieder gleich gelagert. Gründe sind ebenso vielseitig wie die Charaktere der Menschen. Um einige zu nennen: Langeweile mit dem eigenen Partner, Unstimmigkeiten in der Partnerschaft, Mangel an Sexualität, Zärtlichkeit, Liebe, Zuwendung, Sehnsucht nach etwas Anderem, Rache, die Möglichkeit es zu tun, Spontanerotik und viele mehr.

Welches Geschlecht ist geschickter im Fremdgehen?Janota: Hier gilt 1:0 für die Frauen, sie sind besser in Geheimhaltung und sie können die Spuren besser verwischen.

Warum betrügen Menschen ihren Partner?Janota: Wie oben schon erwähnt, sind die Gründe so vielfältig wie es Menschen gibt. Die klassischen Motive sind meist in einem Zuviel oder Zuwenig begründet. (zB: zu viel Stress innerhalb der Familie, zu wenig Zuwendung). Aber generalisieren darf man bei diesem sehr vielschichtigen Thema genaugenommen nie. In der Beratung erkennt man sehr schnell, dass unter der plakativen Oberfläche, die Herr und Frau Österreicher auch gerne dazu treiben, pauschalierte Täter- und Opferprofile zu erstellen, noch sehr viel mehr zu Grunde liegt und dann sieht das Profil gleich ganz anders aus. Darum eine Bitte an alle LeserInnen (ver)urteilt nicht, wenn ihr Seitensprunggeschichten hört.

Männer müssen ihren Samen in alle Richtungen streuen, heißt es. Ist der Seitensprung genetisch verankert?Janota: Wenn man es rein auf die Genetik runterbricht, ja! Aber wie wir ja wissen, besteht der Mensch mehr als nur aus Genen. Biopsychosozial betrachtet wird es komplizierter.

Welchen Wert hat Treue in der heutigen Gesellschaft noch?Janota: Der Wert selbst wird nach wie vor sehr hochgehalten. Laut Umfragen, welche Dinge in einer Beziehung denn wichtig sind, steht die Treue immer noch ganz vorne im Rankig. Aber die Umsetzung fällt vielen so schwer – es würde sich darum lohnen, diesen Wert einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Ein wunderbares Buch zum Thema hat Holger Lendt verfasst. Der vielsagende Titel „Treue ist auch keine Lösung – ein Plädoyer für mehr Freiheit in der Liebe“. Es ist ratsam, sich mit dem Thema wenigstens gedanklich zu befassen, denn es kann uns jederzeit passieren, dass wir entweder passiv oder aktiv fremdgehen und es wäre gut, wenn wir wenigstens etwas vorbereitet sind. Der größte Schmerz entsteht immer dann, wenn man blauäugig an die 100% Treue glaubt und dann fürchterlich enttäuscht wird. Oft führt das zu einem Bruch, der nicht nötig wäre.

Wer einmal fremdgeht, macht es immer wieder?Janota: So kann man das nicht sagen. Ja, es gibt einen Typus, der als sogenannter „notorischer FremdgeherIN“ etabliert ist, meist sind das Menschen, die ihren Selbstwert über die Eroberungen definieren. Dem gegenüber steht aber die Vielzahl jener Leute, die nicht zu WiederholungstäterINNen werden.

Was zeichnet treue Menschen aus?Janota: Diese simple Frage lässt sich gar nicht so leicht beantworten. Treue ist eine bewusste Entscheidung, für den Partner, die Loyalität, auch die Sicherheit und gegen ein schnelles Vergnügen und den oft damit verbundenen Schmerz. Aber so manch ein/e eingeschworene/r TreueverfechterIN ist unter gewissen Umständen schwach geworden. Es gibt kein „Diplom in Treue“, jeder kann prinzipiell treu sein, es ist eine Frage des Wollens und manchmal ist unser erotischer Antreiber stärker als unser stärkster Wille – ein Kampf zwischen Vernunft und Gefühl, immer wieder ein Dilemma.

Der Dichter Gottfried Benn hat gesagt, dass die Ehe eine Institution zur Lähmung des Geschlechtstriebes sei. Ein Seitensprung zwischendurch bringt wieder neuen Schwung in die Beziehung – oder nicht?Janota: Das kann so sein, kann aber ebenso gewaltig in die Hose gehen.

Sind Kinder ein Bindungsfaktor und somit ein Grund mehr, nicht untreu zu werden?Janota: Kinder sind ein Bindungsfaktor, ja. Aber Bindung muss noch keine Treue implizieren. Man kann sehr gut mit dem Partner verbunden sein und dennoch sexuell untreu sein. Hierbei hilft zu unterscheiden in sexuelle Untreue und soziale Untreue. So manche sind ihren Familien sehr loyal verbunden und haben dennoch sexuelle Außenbeziehungen.

Wenn man nun untreu wird: gestehen oder mit ins Grab nehmen?Janota: Mit ins Grab nehmen. Mit dem Seitensprung trifft man eine Entscheidung für sich, wie kommt dann der Partner dazu, post Sprung quasi, eine Absolution dafür zu erteilen. Dann wär´s schon wesentlich klüger, davor eine Absprache zu treffen und anzufragen, ob denn eine außereheliche, sexuelle Begegnung O.K. wäre. Aber aufpassen, in der Theorie erteilt man wesentlich leichter seine Zustimmung als dann in der gelebten Praxis. Da heißt es gründlich reflektieren und in sich gehen. Denn Treue als Begriff ist mittlerweile auch schon sehr inflationär verwendet. Kaum jemand macht sich Gedanken darüber, was sie genau bedeutet und welche Konsequenzen sie hat. Und da muss man zwangsläufig auch das ungeliebte Eck der Untreue beleuchten, sie gehört zur Treue wie die Nacht zum Tag gehört.

Beichten eher Männer oder Frauen?Janota: Tendenziell kann man nicht zwischen Männer oder Frauen unterscheiden. Es sind  Menschen, die gut mit ihren Entscheidungen umgehen können und jene, die das Gewissen plagt. Kann ich einen Seitensprung nicht für mich behalten, dann ist es sicher empfehlenswert, ihn zu unterlassen. Anders sieht das natürlich aus, wenn mir der Partner gänzlich egal ist, aber dann ist ohnehin Hopfen und Malz verloren.

(Foto: detailblick-foto/fotolia.com)

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