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In meiner Praxis berate ich Paare, die in einer Krise stecken und gemeinsam versuchen, neue Wege zu finden. Ein wesentlicher Punkt taucht dabei immer wieder auf: Fehlende Vereinbarungen.

Die meisten Paare unterliegen dem Glaubenssatz, dass alles von allein laufen soll. Da höre ich dann oft Sätze wie: „Na das wird schon irgendwie…“ oder „Wenn es sein muss, dann lauft das schon…“. Auf mein genaueres Nachfragen, wer denn die nötigen Schritte setzt oder wie genau etwas umgesetzt werden kann, ernte ich des Öfteren lange Gesichter.

Es scheint, als wäre in Langzeitbeziehungen insofern der Hund drinnen, weil auf Grund der gewohnten alltäglichen Handlungen die Partner glauben, es lauft alles von alleine. Meistens stimmt das ja auch, dass eventuell nachjustiert werden muss, merken viele erst, wenn es kriselt. Dann lohnt es sich, einen genauen Blick auf die alltäglichen Abläufe zu werfen. Wer macht was? Wann? Wie oft? Ist es dabei zu einem Ungleichgewicht gekommen, muss neu verhandelt werden.

Kein Grund zum Zähneausbeißen

Beziehungen bauen auf mehreren Säulen auf. Eine davon ist die Bewältigung des ganzen organisatorischen Bereichs, in den neben der Berufswelt auch die Aufteilung der Hausarbeit, Finanzen, Freizeitgestaltung und Pflege der sozialen Kontakte fällt. Was in Firmen von mehreren Abteilungen mit akribisch ausgearbeiteten Plänen erledigt wird, sollte zu Hause wie von Zauberhand funktionieren. Daran beißt sich so manches Paar buchstäblich die Zähne aus.

Eine große Stütze können dabei Vereinbarungen sein, die zwar etwas Mühe in der Erarbeitung machen, aber sind sie einmal da, tragen sie sehr viel zur häuslichen Harmonie bei.

Ich habe hier die wesentlichsten Basics zusammengestellt. Sollte es trotz bestem Willen bei der Erarbeitung zu Dauerstreitereien kommen, lohnt es sich eine/n Paarberater/in eures Vertrauens aufzusuchen:

• Machen – Meistens reden wir nur über etwas, das dann nie zur Umsetzung kommt, also hinsetzen und beginnen.

• Win-Win – Es ist wichtig, dass man bei Vereinbarungen immer so lange verhandelt, bis eine win-win Situation hergestellt ist, mit der beide (alle, wenn es Familienvereinbarungen sind) leben können.

• Balance – Bei Vereinbarungen kommt es nicht darauf an zu bekommen was man will, sondern zu wollen was man bekommt. Vereinbarungen sind immer ein Kompromiss, daher gilt es Geben und Nehmen in Balance zu halten.

• Zeit – Es ist wichtig, Zeit zum „in Kontakt kommen“ einzuplanen. Wenigstens einmal pro Woche sollte man über die Pläne und Vereinbarungen sprechen, sind sie noch aktuell, noch wichtig und auch noch brauchbar. Es gibt nämlich Vereinbarungen, die für sehr lange Gültigkeit haben und manche die nur punktuell taugen. Nur wenn man darüber in Kontakt bleibt, kann man auch zeitnah darauf reagieren. Unausgesprochenes und Dinge, die man für selbstverständlich annimmt, können schnell zu Missverständnissen und Konflikten führen.

• Wissen was man will – Nur wer seine Bedürfnisse kennt, kann auch darüber in Verhandlungen treten, denn bin ich mir selbst im Unklaren über mein Wollen, kann ich leicht überrumpelt werden und das führt á la Long zu Unzufriedenheit.

• Klare Kommunikation – Häufig stellen wir unsere eigenen Bedürfnisse hinten an und kommentieren das mit zB:“Ach nicht so wichtig…“, das führt zu Unklarheit bei unserem Gegenüber. Es lohnt sich, in klaren Ich-Botschaften zu dem zu stehen, was man will, das ist der Beginn des Verhandlungsprozesses, der dann Schritt für Schritt zu klaren Vereinbarungen erarbeitet wird. Die Basis ist Klarheit auf beiden Seiten, die auch so kommuniziert wird.

• Worst Case – Die besten Vereinbarungen halten manchmal nicht. Die berühmte Ausnahme bestätigt die Regel. Es macht daher Sinn, schon beim Erarbeiten in alle Richtungen zu denken, eventuell einen winzigen Plan B zurechtzulegen. Das hält Enttäuschungen in Grenzen.

• Realismus – Wenn es um unsere Lieben geht, sind wir geneigt all zu leicht JA zu sagen, um den/die Partner/in glücklich zu machen. Dabei kann es passieren, dass wir über das Ziel hinausschießen und etwas versprechen, was wir nicht halten können. Eine gesunde Portion Realismus mit sich selbst kann da helfen und bestätigt die Ehrlichkeit. Ein klares: „Das kann ich dir nicht 100% versprechen, aber ich kann es versuchen.“ kann besser genommen werden als die Enttäuschung, wenn man eine klare Zusage erhalten hat und es dann ganz anders kommt.

• Schriftstück – hat man gute Vereinbarungen getroffen, macht es Sinn, diese schriftlich festzuhalten, quasi einen Vertrag auf den man sich auch berufen kann. Hat man diesen unterschrieben, muss einem auch klar sein, dass er zwingend ist. Das bietet dem Paar Stabilität und die nötige Sicherheit.

• Gelassenheit – auch bei bester Planung kann immer etwas passieren. Wie John Lennon so schön sagte: „Leben ist das, was passiert, während du etwas anderes planst.“ Nicht alles liegt in unserer Macht. Äußere Umstände verlangen oft ihren Tribut, da lohnt es sich eine innere Gelassenheit zu entwickeln. Sofern wir in unserer Partnerschaft eine vertrauensvolle Basis geschaffen haben, trägt sie uns über turbulente Zeiten gut durch. Es lohnt sich darum, die Arbeit der Vereinbarungen in Angriff zu nehmen. Auch wenn uns das immer wieder etwas Mühe kostet, in stürmischen Zeiten haben wir uns damit einen sicheren Hafen geschaffen.

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irmi

irmi bewertete diesen Eintrag 17.02.2016 13:30:46

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