Meine Raucherinnenkarriere ist kurz und unspektakulär. Die ersten Züge machte ich im Vorschulalter dank meinem um sieben Jahre älteren Bruder. Was, weil es aufgrund meiner Blockschrift-Aufzeichnungen publik wurde, einen Mega-Krach mit abschließender Bruder-Züchtigung im Hause nach sich zog. Die „Smart Export“, die wir - allein zu Haus – anzündeten, stammten freilich von den Eltern.
In der Oberstufe des Gymnasiums rauchte ich heimlich und verbotenerweise mit zwei Freundinnen am Schulklo und im Kaffeehaus, das wir gerne der schrecklichen Turnstunde vorzogen.
Später dann beim Fortgehen in der Stadt in den grindigsten Spelunken, die bei Studenten besonders beliebt waren, rauchten praktisch alle. Aber auch in jedem Gasthaus, im Büro, im Theaterfoyer, im Zug, in der Disko und in der Wohnung wurde geraucht.
Als junge Ehefrau warf ich dann in Ronce les Bains meine letzte Gauloise in den Atlantik, nicht wissend, dass die Übelkeit, die mich übermannte, von einem kleinen Wesen in meinem Bauch herrührte, das entschieden gegen Mutters Tschick revoltierte. Der werdende Vater rauchte weiter – in der Wohnung allerdings nicht mehr, was ab diesem Zeitpunkt auch für Besucher galt und widerspruchsfrei akzeptiert wurde.
Ich glaube, dass ich nie süchtig war und in die Kategorie „Gelegenheitsraucherin“ gehörte. Deshalb war das Aufhören auch nicht schwer.
Mit dem gänzlichen Aufhören stellten sich eine neue Wahrnehmung und Empfindlichkeit bei mir ein. Der Rauchgeruch wurde mehr und mehr zur Belästigung, an Migräne-Tagen ein richtiger Keulenschlag auf’s System – mit unmittelbarer Schmerz-Verstärkung, tränenden Augen und vermehrter Übelkeit.
So begann ich, verrauchte Räume zu vermeiden, wo es ging. Das war viele Jahre immer wieder aber ein Ding der Unmöglichkeit. Weihnachtsfeier: Eat, drink, smoke! Die asthmakranke Kollegin musste sich nach einer halben Stunde verabschieden. Das störte keinen! Seminar im Landhotel: Die Kollegen rauchen im Frühstücksraum – die Luft ist zum Schneiden. Ich, nach dem Frühstück zurück ins Zimmer, wechsle Pullover und Unterwäsche, betrete den rauchfreien Seminarraum. Nur der Selch-Geruch meiner Haare begleitet mich über den Vormittag. Mittagessen in der Gaststube: Same same. Abends Verzicht aufs gemütliche Beisammensein. (Früher hatte ich stets zum „harten Kern“ gehört!)
Einmal monatlich ein beruflicher Termin in Wien, viele Jahre im Café Zartl, Extrastüberl. Die aus allen Richtungen angereisten Damen rauchen alle bis auf mich und eine weitere Kollegin. Freundliche Bitten, vielleicht nur in vereinbarten Pausen zu rauchen und nicht während der ganzen Sitzung, verhallen ungehört. Ich fahre mindestens jedes zweite Mal mit Kopfschmerzen nach Hause. Erst der Wechsel ins rauchfreie Vindobona bringt Erlösung. Die Kolleginnen nutzen nun die Pause für zwei schnelle Entspannungszigaretterln vor dem Haus, die ich ihnen von Herzen gönne!
In den Jahrzehnten, die ich überblicke, hat sich immens viel geändert. Wer, wie meine Eltern, heutzutage Babys und kleine Kinder in der eigenen Wohnung einnebelt, gilt als asozial. Das Rauchen in Zügen, Flugzeugen, Ämtern wurde abgeschafft und ist mittlerweile unvorstellbar geworden.
Nun wird erbittert um die letzte Bastion gekämpft: die Gastronomie. Ich kann mich schon in jemanden hineinversetzen, für den Kaffee, Zeitung und Zigarette eine untrennbare Einheit bilden. Oder Bier und Zigarette. Das Blöde an der Sache ist: Die verpestete Luft, die Raucher nicht als solche empfinden, ist für gar nicht wenige Menschen ein Grund, Gaststätten zu meiden, nicht auszugehen, zu Hause zu bleiben. Nur in Großstädten gibt es jetzt schon ein akzeptables Angebot an rauchfreien Lokalen.
Wer sich aber im Zuge der überaus emotional geführten Debatte für ein Rauchverbot ausspricht, wird in Online-Foren aggressivst angegangen. Als intolerant, Spaßverderber, Kontrollfreak.
Ich für meinen Teil kann sagen, dass ich in meinem Leben tolerant genug war und unzählige Male ohne Umstände und Protest geschluckt habe, was mir Probleme machte und ich eklig fand. Weil’s eben so war. Umso angenehmer empfinde ich es im Ausland, wo es selbstverständlich ist, dass in Speiselokalen nicht geraucht wird und in jenen heimischen Gaststätten und Kaffeehäusern, die jetzt schon Vorreiter sind in Sachen frische Luft.