Mit nichts kann man Menschen besser korrekt informieren und dennoch gleichzeitig manipulieren, als mit Zahlen. Zahlen kann man auf verschiedene Arten präsentieren. Als aboslute Zahl, als relativen Wert. Man kann Zahlen auch in Form von Diagrammen als Grafiken präsentieren.

Das grundlegende Problem bei der Verbreitung von Zahlen ist die meistens fehlende Bezugsgröße. So nimmt der Adressat der Botschaft zwar eine sachlich korrekte Zahleninformation wahr, kann diese aber mangels Vergleichsgröße nicht richtig einordnen.

Ein aktuelles Beispiel dazu liefert Dr. Thomas Fischer in einem sehr interessanten Artikel auf meedia.de.:

"Und Polizeigewerkschafter melden, in Deutschland werde alle dreieinhalb Minuten in eine Wohnung eingebrochen. Das kommt daher, dass das Jahr 525.600 Minuten hat und pro Jahr 150.000 Einbrüche gemeldet werden. Man könnte auch sagen, dass man in einem der 41 Mio. Haushalte in Deutschland durchschnittlich 273 Jahre warten muss, bis jemand versucht einzubrechen. Aber die erste der beiden bescheuerten Zahlen macht für einen Polizisten einfach mehr her, und außerdem benötigt die Quälmaschine der Bild-Zeitung täglich eine Art Quelle für die Nachricht, dass alles immer schlimmer wird außer Manuel Neuers Mittelfuß, und da kommt ein Rumäne alle dreieinhalb Minuten gerade recht."

273

Ein sehr vernünftiger Ansatz, die Wahrscheinlichkeit einer Straftat in Jahren anzugeben. Schließlich ist es nicht von der Hand zu weisen, dass „ein Einbruch aller dreieinhalb Minuten“ wesentlich dramatischer klingt, als die nüchterne, statisch zu erwartende Wahrscheinlichkeit, aller 273 Jahre selbst Opfer eines Einbruchdiebstahls zu werden.

Wer selbst nachrechnen will: Einfach die Anzahl der Haushalte durch die Anzahl der entsprechenden Delikte pro Jahr teilen. Also 41.000.000 / 150.000 = 273,33.

25.000

Und weil das so einfach ist, probieren wir das auch mit Tötungsdelikten. 3.242 Tötungsdelikte ereigneten sich laut Wikipedia im Jahr 2016 in Deutschland. Da nicht nur Haushalte, sondern jeder Bürger Opfer eines Tötungsdeliktes werden kann, müssen diese 3.242 Tötungsdelikte in Relation zur Bevölkerung von 82.521.653 Personen gesetzt werden. 82.521.653 geteilt durch 3.242 ergibt 25.453,93. Statistisch gesehen wird man also in Deutschland innerhalb von 100.000 Jahren knapp vier Mal das Opfer eines Mörders oder Totschlägers.

Nun gibt es Menschen, die fürchten sich zwar nicht unbedingt davor, Opfer eines Tötungsdeliktes im Allgemeinen zu werden. Vielmehr fürchten sie sich so sehr vor Schusswaffen und durch eine solche ums Leben zu kommen, dass sie privaten Waffenbesitz sicherheitshalber komplett verbieten wollen.

Laut der Polizeilichen Kriminalstatistik wurden in 2016 bei den 3.242 Straftaten gegen das Leben in 158 Fällen mit einer Schusswaffe geschossen.

522.000

Nochmal das gleiche Spiel: 82.521.653 / 158 = 522.288,94.

Man muss also, statistisch gesehen, über eine halbe Million Jahre lang warten, um nicht nur Opfer eines Tötungsdeliktes zu werden, sondern auch auf einen Täter zu treffen, der auf einen schießt.

Von diesen 158 Fällen dürfte es sich bei etwa 5% der eingesetzen Schusswaffen um solche handeln, die legal z. B. im Besitz von Sportschützen oder Jägern waren.

10.000.000

Das wären dann acht Fälle, bei denen eine legal besessene Schusswaffe als Tatmittel bei einem Tötungsdelikt eingesetzt wurde.

82.521.653 / 8 = 10.315.206,63.

Damit beträgt die Wahrscheinlichkeit für den Einzelnen, in Deutschland Opfer eines Tötungsdeliktes unter Verwendung einer legal besessenen Schusswaffe zu werden, einmal in zehn Millionen Jahren.

Wenigstens wird einem die Zeit bis dahin nicht langweilig, schließlich ereignen sich in diesem Zeitraum, statistisch gesehen, 37.784 Einbrüche in den eigenen Haushalt.

Dieser Artikel erschien zuerst auf dem Blog des Autors.

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