HILFE, ICH BIN MEDIKAMENTENABHÄNGIG! TEIL3
Ich tapse den Gang entlang. Fahrig, zittrig, fiebrig. Schweiß perlt von der Stirn. Das Gehen macht Mühe. Das Sehen ebenso. Das Auge will einfach nicht scharf stellen. Einmal zum Stützpunkt und zurück aufs Zimmer, gefühlte zehn Minuten lang, das strengt an. Was ist los mit mir? Wer bin ich? Wie kann man so neben sich stehen? Und wer sind die anderen dunklen Gestalten neben mir?
Gestern bin ich im Anton-Proksch-Institut in Kalksburg eingerückt, der nach eigenen Angaben größten Suchtklinik Europas. Fast 300 Suchtpatienten, in der überwiegenden Mehrzahl Alkis, nur wenige Benzoabhängige wie ich. Das macht einsam. So wie der Entzug. Ich will nicht larmoyant klingen. Aber die Entwöhnung ist kein Zuckerschlecken. Sage nicht ich, sagen die Ärzte. Der Entzug, ärger als bei Heroin. Ein Vergleich freilich, mit dem ich nichts anfangen kann, da ich nie Heroin konsumiert und folglich auch keinen Entzug hinter mir habe. Die gute Nachricht: Die Rückfallquote bei den Benzodiazepinabhängigen ist deutlich geringer als bei den Alkoholkranken.
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Gleich bei der Ankunft musste ich mein mitgebrachtes Medikamentenarsenal samt Benzodiazepinen abgeben. Adieu Xanor, du wirst mir fehlen! Stattdessen jede Menge neu verordneter Arzneien. Die wichtigste dabei: Gewacalm, ebenfalls ein Diazepin. Wie bitte, ein Benzo soll das andere ersetzen? Gewacalm habe einen sanfteren Amplitudenverlauf als Xanor, klärt mich mein behandelnder Mediziner auf, diene als Entzugsmedikation, werde über einen Zeitraum von zwei Wochen verreicht, sukzessive reduziert und dann ganz ausgeschlichen. Hm, Begeisterung sieht anders aus.
Es ist Ende August, flirrende Hitze liegt über Kalksburg, doch Sonne müsse strikt gemieden werden, ebenso Koffein und körperliche Anstrengung, andernfalls epileptische Anfälle drohten. Dementsprechend sieht mein Tagesablauf in den ersten 14 Tagen aus. Schlafen, essen, Medikamente nehmen, schlafen, essen, Medikamente nehmen. Zu mehr reicht es nicht. Der Körper fährt auf Sparflamme.
Gewacalm, das Benzodiazepin, wird reduziert. Die letzten fünf Tage der Entwöhnungphase sind besonders zäh. Nur noch 5 mg am Abend, dann 4, dann 3, dann 2, dann 1, dann Tschüss. Endlich los von den Benzos!? Erleichterung sieht anders aus. Es sind körperliche und psychische Entzugserscheinungen, die einen begleiten, vor allem letztere stellen sich als besonders harte Nuss heraus.
Am Abend, zum Zeitvertreib, ein Film im Fernsehraum. Plötzlich ein Knall am Gang, eine Frau inmitten einer großen Blutlache. Röchelnd, Schaum dringt aus dem Mund, der Körper, heftig von Zuckungen geschüttelt. Ein epileptischer Anfall. Der ganz normale Wahnsinn in einer Suchtklinik...
Demnächst: Der Therapieplan nimmt Konturen an.