Das Kreuz mit dem Giebelkreuz

Die abgelaufene Woche war ein Traum für kurzfristige Trader: starke Bewegungen an den Börsen, sowohl in Einzeltiteln als auch in gesamten Märkten. Und natürlich jede Menge Quartalsberichte, vor allem aus den USA, die für zusätzliche Schwankungen sorgten. Freud und Leid lagen diesmal besonders nah beieinander.Ein Lied davon können vor allem die Aktionäre der RBI singen: zu Wochenbeginn litt die Bank, wie schon die letzte Zeit, an Spekulationen über Abschreibungen in Russland, Polen oder der Ukraine, von der Möglichkeit einer Kapitalerhöhung war die Rede, die Aktie sank auf ein neues Allzeittief. Sogar mit einem Dominoeffekt wurde spekuliert, der den gesamten Raiffeisensektor treffen würde. An dieser „Ansteckungsgefahr“ litten auch dem Sektor nahe Firmen, wie UNIQA (die Mutter der RBI, die RZB hält über 30% an der Versicherung) und andere österreichische Finanztitel (mit der Debatte über die Sinnhaftigkeit dieses Verhaltens könnte man ganze Bücher füllen, kurz gesagt: Investoren übertreiben sehr oft). Irgendwann platzte dem Management der Bank dann anscheinend doch der Kragen und man hielt 10 Tage vor Veröffentlichung der vorläufigen Quartalszahlen einen Conference Call mit Investoren ab. Die Message: Alles ist gut, wir haben kein Kapitalproblem. Anfänglich zeigten sich die Analysten noch skeptisch, immerhin hatte man ähnliches auch im letzten Jahr gehört. Als dann jedoch versprochen wurde, mit den Quartalszahlen auch einen bereits sehr konkreten „Schlachtplan“ zu liefern, der die Zweifel ausräumen sollte, zog die Aktie an: innerhalb eines Tages wurden die Verluste der Vortage aufgeholt. Seit Jahresbeginn steht zwar immer noch ein stattliches Minus von über 17% zu Buche, vielleicht kann mit dem neuen Plan aber wieder etwas Ruhe einkehren…

Neben den „hausgemachten“ Problemen hatte der Bankensektor in Europa auch mit der Griechenlandthematik zu kämpfen. Am Anfang der Woche war man noch recht entspannt (am Montag gab es eigentlich kaum eine Reaktion auf die Wahlen), doch dann passierte das Unfassbare: die griechischen Politiker beabsichtigten, entgegen der gängigen Berufspraxis, sich an ihre Wahlversprechen zu halten und über einen Schuldenschnitt verhandeln zu wollen. Am Mittwoch verlor der griechische Aktienindex daraufhin 10%, einzelne Banktitel sogar über 20%. Interessanterweise konnte sich aber auch hier der Markt gegen Ende der Woche deutlich erholen. Ob es sich dabei um den berühmten „Dead Cat Bounce“ handelt (ein Anglizismus, den wir lieber unübersetzt lassen wollen; jeder der in einer vielbefahrenen Straße aufgewachsen ist, kann sich jedoch vorstellen was gemeint ist) wird sich erst zeigen. Wie gesagt, ein ideales Umfeld für Schnäppchenjäger und Opportunisten.Selbige könnten aber auch einen Blick über den großen Teich riskieren, die Berichtsaison ist gerade in vollem Gange und produziert so manche Gelegenheiten. Generell zeigt sich, dass die großen US-Firmen mit internationalem Geschäft mit dem starken USD kämpfen (der Gewinn fällt in USD, auch wenn er in Euro gleich bleibt oder sogar steigt). Dementsprechend gab der amerikanische S&P 500 im Wochenverlauf knapp 2% nach, der DAX konnte hingegen trotz der Griechenlandsorgen und schwacher Siemenszahlen um 2,9% zulegen (ein neues Allzeithoch!).Vor allem die exportstarken Industrietitel waren gesucht und konnten sich für neue Höchststände empfehlen (aus demselben Grund aus dem die US-Firmen schwächelten). Das Timing ist zwar etwas seltsam (der EURUSD-Kurs war diese Woche erstmals seit langem wieder höher), dies dürfte jedoch an den „Zweitrundeneffekten“ liegen: nachdem die Aktienkurse bereits aufgrund der EURUSD-Stärke gestiegen sind, heben die Analysten ihre Kursziele an (immerhin machen die Unternehmen ja mehr Gewinn!), wodurch dieselben Aktien nochmal steigen. Der aufmerksame Beobachter wird nun einwenden, dass die Aktien aufgrund derselben Nachricht zwei Mal steigen, aber auf rationale Märkte sollte man in der Berichtsaison sowieso nicht zu sehr vertrauen…In die umgekehrte Richtung erleben diesen Effekt derzeit die Ölwerte. Auch die OMV konnte mit ihrem Trading Statement am Donnerstag dem nicht entgegenwirken, trotz Sparmaßnahmen und der voraussichtlichen Beibehaltung der Dividende für dieses Jahr.Im Vergleich zum Nachrichtenstakkato dieser Woche sollte die nächste ruhig werden: In Europa berichten einige Großbanken und am Freitag wird der Arbeitsmarktbericht in den USA Impulse liefern. Ein guter Zeitpunkt also, um die letzten Nachrichten zu verarbeiten, die Strategie zu adaptieren und sich für die nächsten Herausforderungen zu wappnen. Denn kommen werden sie bestimmt.

2
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
6 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

Silvia Jelincic

Silvia Jelincic bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:16:59

fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:16:59

Noch keine Kommentare

Mehr von Bernhard Haas