Zu sagen die abgelaufene Woche verlief freundlich wäre wohl eine Untertreibung: Der ATX konnte um 4,9 % zulegen, der DAX gar um 5,9 %. Die größten Gewinner waren wieder einmal die Rohstoffwerte, die vom Anstieg selbiger als Folge von guten chinesischen Handelszahlen profitieren konnten. Zweitbester Sektor waren die Banken mit einem Anstieg von „nur“ 10,8 %, während die defensiven Titel wie Nahrungsmittelhersteller erwartungsgemäß weniger stark anstiegen.

Vor allem der Anstieg der Banken ist recht kurios, immerhin gab es hier in Europa kaum Nachrichten. Natürlich könnte man hier im Nachhinein nach Gründen suchen: gute Quartalszahlen der US-Großbank JP Morgan (der Sektor war jedoch bereits im Vorfeld deutlich im Plus und die Überschneidungen mit Europa sind hier überschaubar), der Ölpreisanstieg (am Mittwoch ging der Ölpreis jedoch sogar zurück) oder der Klassiker „gesunkene Risikoaversion“ (wirtschaftsjournalistisch für „wir haben keine Ahnung wieso sich das Ding bewegt, aber es geht nach oben“). Die wahrscheinlichste Erklärung dürfte jedoch „Short Covering“ sein: Wenn große Hedgefonds auf fallende Kurse setzen wollen, können sie sich Aktien ausborgen, die sie gar nicht besitzen und diese dann verkaufen. Was sich auf den ersten Blick nach einem seltsamen Konstrukt anhört ist nichts anderes als die Umkehrung des klassischen Kaufs. Die Trader wollen dabei hoch verkaufen und niedrig zurückkaufen, den um die Position zu schließen, müssen sie die Aktien zurückkaufen und an den ursprünglichen Eigner zurückgeben.

Gerade diese Käufe können den Fonds jedoch teuer kommen: Wenn er aus irgendwelchen Gründen in Schieflage kommt (andere Positionen machen Verluste, die ursprünglichen Investoren wollen ihr Geld zurück etc.) muss der Trader seine Positionen glattstellen, oftmals unabhängig vom jeweiligen Preisniveau. Im Falle eines Abschwungs können solche Zwangsverkäufe den Verfall nochmals beschleunigen, in einer starken Aufwärtsbewegung, wie wir sie jetzt sehen, können sie jedoch nach oben hin nochmals Öl ins Feuer gießen. Dadurch können die „Big Days“ entstehen: Jene 10-15 Tage jedes Jahr, die für einen Großteil der Marktentwicklung zuständig sind und die der Grund sind, wieso es nur wirklich extrem wenige Fälle gibt, in denen man sich gänzlich von seinen Positionen verabschieden sollte (sprich systemische Krisen)…

Im Zuge dieser großen Bewegungen gingen die einzelnen Unternehmensmeldungen diese Woche beinahe unter. Dabei sollte jetzt eigentlich die geschäftigste Zeit beginnen, die US-Berichtsaison steht wieder an. Dabei kommt eines der wichtigsten Unternehmen gleich zu Beginn: Der Aluminiumriese Alcoa bietet aufgrund seiner breiten Aufstellungen einen guten Einblick in die verschiedensten Wirtschaftsbereiche, von Autos, LKWs und Flugzeuge über Kraftwerksturbinen und sogar Getränkedosen. Die Firma zeichnet dabei ein durchaus optimistisches Bild, auch wenn es in einigen Bereichen wie dem US-Automarkt oder der Flugzeugbranche eine leichte Abkühlung gab. Durchaus positiv fielen auch die Berichte von den US-Großbanken aus: Zwar drückten die volatilen Märkte und Rückstellungen für Kredite im Öl & Gas-Bereich auf die Ergebnisse, der Einfluss war jedoch in den meisten Fällen nicht so schlimm wie erwartet. Darüber hinaus dürfte die Kreditnachfrage in der größten Volkswirtschaft der Welt nach wie vor relativ stabil sein. Am heimischen Markt sorgte hauptsächlich Zumtobel für Schlagzeilen, die Aktie des Leuchtenherstellers brach nach einer neuerlichen Gewinnwarnung zwischenzeitlich um über 20 % ein, womit das Minus seit Jahresbeginn (!) bereits über 48 % beträgt.

Nach diesen Zugewinnen an den internationalen Börsen stellt sich jedoch die Frage: Wie geht es weiter? Kurzfristig im Fokus sein dürfte die Öl-Konferenz in Doha, wo sich Teile der OPEC gemeinsam mit Russland treffen um über die Einfrierung des Angebots zu diskutieren. Nach den Zugewinnen beim Ölpreis (und diversen Meldungen „hochrangiger Politiker“, die jedoch niemals öffentlich genannt werden wollen in den Medien) dürften die Erwartungen hier hoch sein. Alles andere als ein bedingungsloses Einfrieren dürfte eine Enttäuschung darstellen (vor allem Saudi Arabien machte seine Zustimmung ja in der Vergangenheit von den Intentionen des Erzfeindes Iran abhängig, der weiterhin die Fördermenge ausweiten will). Daneben wird vor allem die US-Berichtsaison im Fokus stehen, von Johnson & Johnson über Pepsi bis hin zu IBM werden Zahlen vorgelegt. In Anbetracht dieser Informationsfülle ist wohl nur eines sicher: Es wird spannend bleiben!

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Grummelbart

Grummelbart bewertete diesen Eintrag 16.04.2016 20:48:07

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