Die abgelaufene Handelswoche verlief eigentlich ähnlich wie alle Wochen seit der US-Präsidentschaftswahl: Gute Nachrichten wurden zelebriert, während schlechte News ignoriert wurden. Dementsprechend stand auch an den Aktienmärkten wieder ein schönes Plus zu Buche, der ATX konnte um knapp 1,3 % zulegen, während der DAX um 1,7 % nach oben sprang. Die Aussichten für stärkeres Wachstum in den USA und anderen wichtigen Ländern wie China, Russland und sogar Brasilien überwiegen derzeit alle anderen Überlegungen, die Stimmung an den Börsen ist geradezu – festlich.
Interessanterweise konnten sich diese Woche vor allem die bisher gescholtenen Werte in den Bereichen Pharma, Technologie und Nahrungsmittel gut entwickeln, während die Banken ihre Zugewinne der letzten Wochen verdauten. Letztere standen jedoch diese Woche besonders im Scheinwerferlicht. Zum einen wäre da natürlich die US-Zinsentscheidung, wo die Fed wie erwartet zum zweiten Mal seit Ausbruch der Finanzkrise den Leitzinssatz erhöhte. Im Fokus der Investoren stand vor allem der Ausblick für das nächste Jahr, wo die einzelnen Fed-Mitglieder zum derzeitigen Zeitpunkt von drei Zinserhöhungen ausgehen. Das traf sich recht gut mit den Erwartungen der Investoren. Dies ist ein starker Gegensatz zum letzten Jahr, wo die Fed ursprünglich vier (!) Zinserhöhungen vorgesehen hatte, im Endeffekt jedoch nur eine durchbrachte (die Investoren waren von maximal zwei Zinsschritten ausgegangen, lagen also zumindest halbrichtig). Höhere Zinsen helfen natürlich Banken und Versicherungen, aber nach den letzten 6-8 Wochen sollte diese Erkenntnis auch in die hintersten Ecken des Marktes gedrungen sein.
Zum zweiten wäre da der Capital Markets Day der Unicredit. Dabei legte die italienische Großbank nicht nur ambitionierte Ziele für 2019 vor (der Gewinn soll auf € 4,7 Mrd. gesteigert werden, alle Kapitalquoten sollen erfüllt werden und auch die faulen Kredite will man abbauen), sondern brachte auch gleich die ersten Lösungen mit. Ein Portfolio von € 17,7 Mrd. an faulen Krediten wurde an Pimco und Fortress, zwei der größten institutionellen Investoren im Bereich Anleihen, verkauft. Der Rest der Problemkredite wurde auf dieses „Verkaufsniveau“ abgeschrieben, was neben einigen anderen Restrukturierungsmaßnahmen ein Loch von € 12 Mrd. in die Bilanz reißen dürfte. Um selbiges zu stopfen soll gleich im neuen Jahr eine Kapitalerhöhung von € 13 Mrd. gemacht werden (die gesamte Marktkapitalisierung der Bank betrug zu diesem Zeitpunkt knapp € 15 Mrd.).
Was macht man mit solchen Nachrichten? Eine Abschreibung beinahe in Höhe der Marktkapitalisierung einer Firma ist selten etwas Gutes und eine große Kapitalerhöhung verwässert die Altaktionäre. Auf der anderen Seite handelte die Aktie bei einem Abschlag von 60-70 % auf den Buchwert (vor Abschreibung), dementsprechend waren die Erwartungen recht niedrig. Daneben hat die Bank gleich das größte Problem aus Investorensicht adressiert: Den großen „Altbestand“ an faulen Krediten. Trotz aller Transparenzvorschriften bleiben Banken nach wie vor so etwas wie eine „Black Box“. Ohne Details zu den einzelnen Krediten ist kaum abzuschätzen, wieviel diese wirklich wert sind. Wenn große Ankerinvestoren wie Pimco gewonnen werden können, bekommen die Aktionäre jedoch wieder Vertrauen, dass die Werte, die die Bank in ihre Bilanz reinschreibt auch ungefähr so stimmen könnten. Das Resultat war ein Kurssprung von über 15 % (nach anfänglichen Verlusten von 5 % konnte man da innerhalb weniger Stunden eine bessere Performance erzielen, als das ganze Jahr über in einigen großen Indizes), der sich auch in den nächsten Tagen fortsetzte.
Weniger gut lief es südlich der Mailänder Unicredit-Zentrale, in Siena, wo die älteste Bank der Welt - Banca Monte dei Paschi - zu Hause ist. Auch hier spielen faule Kredite die Hauptrolle, im Vergleich zur Unicredit ist dies aber eher ein Horrorfilm als ein Drama. Die Bank braucht dringend frisches Geld: Nachdem eine Kapitalerhöhung bereits Anfang Dezember aufgrund geringen Investoreninteresses verschoben wurde, versucht das Institut nun einen Teil seiner Schulden in Eigenkapital zu konvertieren, quasi ein „Kapitalerhöhung durch die Hintertüre“. Das Problem dabei: Das Ganze muss vor Jahresende über die Bühne gehen, da die Bank ansonsten keine Bilanz vorlegen kann und somit Geschichte wäre. Aufgrund der EU-Richtlinien zur Bankenabwicklung würde das wohl nicht nur Verluste für Aktionäre, sondern auch für Anleihegläubiger und Kunden (deren Einlage die Einlagensicherung übersteigt) bedeuten. Das will man in Italien aber aus zwei Gründen vermeiden: Einerseits aufgrund der Ansteckungsgefahr für andere Problembanken im Land, andererseits sind auch viele dieser Anleihen in den Händen von Privatinvestoren. Und diese könnten ja in den nächsten Monaten auch wieder zu Wählern werden, sofern im Jänner oder Februar Neuwahlen ausgerufen werden.
Dementsprechend wird bereits fleißig über Unterstützungen diskutiert ohne die Anleiheinvestoren zur Kasse zu bitten. Das würde zwar in kompletten Gegensatz zu den EU-Regelungen laufen, die vorsehen, dass möglichst kein Steuergeld für die Bankenrettung verwendet wird ohne vorher die Investoren bluten zu lassen, aber es wäre nicht das erste Mal, dass solche Regelungen gleich beim ersten Test wieder außer Kraft gesetzt werden. Immerhin geht es hier um die drittgrößte Bank Italiens mit über € 50 Mrd. an Krediten. Im Moment sieht es also wieder mal nach einem „Biegen der Regelungen“ aus. Hoffen wir, dass diese nicht solange gebogen werden bis sie brechen…