Am Anfang steht die Generalklausel der Unschuldsvermutung.
Aber um die geht es hier heute eigentlich gar nicht.
Sondern um die Vermutung, dass in unserem Land so manchen nichts zu blöd ist.
Nichts zu peinlich, nichts zu unverschämt, nichts zu weit hergeholt.
Vorweg: die gesetzliche Lage ermöglicht vielen vieles.
In diesem Fall zunächst einen Listenplatz einzunehmen, der einzig und allein dem Willen des ehemaligen und damals noch praktisch allmächtigen Parteichefs entsprungen ist.
Als Absicherung für drohende unsichere Zeiten sozusagen.
Könnte es doch sein, dass man das Ehrenamt, - das in der FPÖ Version 2.0 neuerdings mit 9.500 € entlohnt wird - eines schönen Tages wieder verlassen muss.
Dann lieber zum 5 Jahresplan der staatlichen Absicherung übergehen:
und nach verlorener Wahl, dafür aber mit unglaublichen 1.514 !!!Vorzugsstimmen (von 772.666 FPÖ Stimmen) ausgestattet, ein Mandat anzunehmen, das vom Grundsatz her ja einer Person aus einer Partei erstehen sollte.
Die aber nach diversen, sagen wir Vorkommnissen, - natürlich völlig unverständlich - nichts mehr von der Kandidatin wissen will.
Doch wie praktisch, es gibt auch hier eine Lösung:
das freie Mandat.
Denn Dank „der Schönheit der Verfassung“ kann manN und Frau auch als freier Mandatar im NR sitzen.
Wer braucht dann noch Anstand, Moral, Benehmen und Hausverstand - den ein Gutteil der Bevölkerung für sich zu reklamieren weiß.
Als wären wir mit so manchen Dingen und Personen in Österreich nicht ohnehin schon leidgeprüft, werden wir jetzt haupt- und nicht mehr ehrenamtlich mit „der Schönheit der Verfassung“ verarscht.
Genial.
Originalzitat:
„Die letzten Tage und Wochen habe ich intensiv dazu genutzt, um über die Annahme des mir vom Wähler zugesprochenen Mandats für den Nationalrat der Republik Österreich nachzudenken. Eine Mitgliedschaft in der obersten Volksvertretung unseres Landes ist nicht nur ein einzigartiges Privileg, sich selbst in den ehrenvollen Dienst seiner Heimat stellen zu dürfen, sondern insbesondere die Wahrnehmung einer verantwortungsvollen Aufgabe und bedeutsamen Pflicht gegenüber jenen Menschen, die mit einem klaren Bürgervotum bei freien Wahlen unbeeinflusst entschieden haben.

Die Verleumdungen der letzten Wochen und die daraus resultierende öffentliche Diskussion, zu der zu meiner großen Enttäuschung in großem Ausmaß ehemalige Parteifreunde beigetragen haben, waren kränkend, verletzend und angesichts der Dimension verbreiteter unwahrer Behauptungen schlichtweg verwerflich. Ich bin mir bewusst, dass diese Diffamierungskampagne im Hinblick auf das mir vom Wähler zugeteilte Mandat mit Niedertracht inszeniert wurde. Ich danke daher an dieser Stelle meiner Familie, meinem Ehemann und vielen loyalen und ehrlichen Freunden für ihre Unterstützung und Ermutigung, sich durch diese Kampagne nicht beeindrucken und schon gar nicht einschüchtern zu lassen. Dieser Zuspruch, auch aus dem Kreis meiner Wähler, hat mir den idealen Freiraum geschaffen, diese wichtige Entscheidung frei und unabhängig zu treffen.
Es war nicht immer selbstverständlich, dass die Bürgerinnen und Bürger in demokratischen Wahlen entscheiden durften. Dass Österreich heute eine gewachsene und starke Demokratie ist, liegt hauptsächlich daran, dass Menschen den Mut und den Idealismus hatten, für ihre Rechte einzutreten und für diese zu kämpfen. Genau derselbe Mut und derselbe Glaube an unsere Ideale bewegen mich in diesen Stunden und führen zu der festen Überzeugung, trotz aller Anfeindungen und artikuliertem Misstrauen aus der eigenen Parteienfamilie dem demokratischen Volksentscheid Respekt entgegenzubringen, dankbar den Auftrag zur politischen Mitwirkung anzunehmen und somit das mir von den Österreicherinnen und Österreichern zugeteilte Mandat mit größtmöglichem Einsatz gewissenhaft wahrzunehmen.
Spitzenfunktionäre meiner Gesinnungsgemeinschaft haben medial mitteilen lassen, dass ich trotz Kandidatur auf der Wahlliste, meiner aufrechten Mitgliedschaft in der ,freiheitlichen Familie‘ und meiner unwiderlegten Unbescholtenheit nicht dem Freiheitlichen Parlamentsklub angehören darf. Auf diesen bedenklichen Umstand möchte ich nicht näher eingehen. Ich lehne Machtkalkül und darauf angelegte parteipolitische Strategien ab und werde auch künftig dafür eintreten, dass unsere politische Kultur von diesen unbeeinflusst bleibt.
In den letzten Monaten wurde viel von der ,Schönheit unserer Bundesverfassung‘ gesprochen. Diese Bundesverfassung sieht das freie Mandat freier Bürgerinnen und Bürger vor. Es ist mir daher eine große Ehre, dem Wortsinn unserer Bundesverfassung nachzukommen und mein politisches Engagement in den Dienst freier Bürger zu stellen.“
Originalzitat Ende.
Dem feierlichen Rahmen der Konstituierung des NR angepasst, betritt man Kaugummi kauend den Plenarsaal und stellt sich im der Vorderreihe bei ein paar SPÖ Abgeordneten vor.
Redezeit und Abstimmungen sind dann schon wieder zu viel der Schönheit der Verfassung.
Dann doch lieber, weiter Kaugimmi kauend, das Haus erkunden, sich Neben- oder Notausgänge an der Seite einprägen. Für alle Fälle, wenn´s mal schnell gehen muss.
Die Schönheit der Verfassung ist schon eine große Bürde.
Mal sehen, wie lange sie der Nationalrat tragen wird.
Für mich als freier Wähler ordne ich die Vorgänge jedenfalls als eine der größten Verarschungen ein, die ich bisher miterleben musste.