In den 1970ern, den Jahren absoluter Mehrheiten der Sozialdemokraten, war sie im wahrsten Sinn des Wortes staatstragend - die Beteiligung des Staates an Unternehmen.
Die mehr oder weniger durchgängige Praxis damals:
(langgediente) Parteigänger wurden in die Chefetagen gehievt, wo sie vornehmlich eine Aufgabe hatten:
die parteipolitischen Interessen durchzusetzen.
Sowie immer neue Parteifreunde oder politisch nicht mehr benötigte Parteigänger auf bestens dotierte Versorgungsposten zu setzen - und das i.d.R. ohne entsprechende Ausbildung oder Kompetenzen.
Kernkompetenz war das Parteibuch - und im weiteren das Proporzsystem.
Die Liste der Betriebe war lang.
Deren meist traurige wirtschaftliche Entwicklung war zwar auch manch (inter)nationaler Entwicklung geschuldet, in erster Linie allerdings auf folgende Faktoren aufgebaut:
Parteibuchwirtschaft
Missmanagement
Fehlentscheidungen
Inkompetenz
Fehlende Weitsicht
Casinomentalität
usw., usw…
Als Beispiel sei hier nur gennant:
Der Konsum, die seinerzeitige „Titanic des Lebensmittelhandels“:
er ging ebenso unter wie die BAWAG - gemanagt von Menschen, die keinerlei Korrektiv vor oder über sich hatten > man erinnere sich nur an die Plastiksackerl Geldabholung Gerharter’s von Elsner’s BAWAG.
Verallgemeinert könnte man sagen:
Wo sich der Staat beteiligt hat oder federführend war, war das Unternehmen nicht erfolgreich oder ging pleite.
Der Begriff STAATSBETRIEB hat damals seine - für viele wohl bis heute andauernde - negative Behaftung erfahren.
Aber muss das per se wirklich so sein?
Muss ein Unternehmen in Staatsbesitz oder mit staatlicher Beteiligung automatisch keinen Erfolg haben oder gar ein Insolvenzfall werden?
Ich behaupte NEIN.
Seit den 1970ern hat sich vieles verändert.
Globalisierung und vor allem Geschwindigkeit der Veränderungen haben neue Fakten geschaffen.
Manager haben zwar i.d.R. noch immer eine Nähe zu Parteien oder sogar ein Parteibuch.
Aber mittlerweile i.d R. auch entsprechende Ausbildung und Kompetenzen.
Gesetzliche notwendige Ausschreibungen verhelfen i.d.R. dem qualifiziertesten Bewerber zur Position, wenngleich auch heute noch immer wieder mit Unschärfen oder Fragezeichen.
Aber die unseligen Zeiten der Einsetzung rein politischer Günstlinge ohne Kompetenzen sind vorbei.
Sprung in das Frühjahr 2020:
Jetzt, wo COVID-19 die gesamte (Welt)Wirtschaft mit ungeheurer Wucht trifft, wo kleine Unternehmen wie auch große Konzerne um ihr Überleben kämpfen, steht der Staat als "Hilfeunternehmen" in großem Stil plötzlich wieder auf der Bühne.
Viele der börsennotierten Konzerne haben in den letzten Jahren Millionen oder Milliarden verdient.
Ihre Aktionäre haben entsprechende Dividenden bekommen.
Das, was aber für viele kleinere und mittlere Unternehmen gilt, nämlich dass Eigentümer nun ihre gebildeten Reserven angreifen, gilt für viele der Konzern Riesen nicht.
Mir ist von keinem Konzern bekannt, dass sich die Aktionäre jetzt dazu verpflichtet hätten, in ihre Schatulle zu greifen und in der gegebenen Situation Cash zuzuschießen.
Jetzt soll der Staat - wieder - helfen.
Was per se auch in Ordnung ist, angesichts der Lage.
Allerdings ist mit Staatshilfe meistens eines verbunden:
der Gedanke an einen nicht rückzahlbaren Zuschuss, die Übernahme von Krediten und Ausfallshaftungen bis hin zu Verdienstentgang und Erhalten der Arbeitsplätze.
Das soll also die neue staatliche Beteiligung sein:
Das Unternehmen schadlos halten, die Arbeitsplätze erhalten - mit Steuergeld.
Wenn dann irgendwann alles überstanden ist, fließen die Gewinne wieder - in die Taschen der Aktionäre.
Am Fall der AUA - selbst ein makabres Opfer & Beispiel des Untergangs mit ehemaliger Staatsbeteiligung unter Hilfe kompetenzloser Parteigänger - entzündet sich also die Frage, ob, und unter welchen Bedingungen der Staat nun bis zu einer Milliarde Steuergeld in die Hand nehmen soll um ein "deutsches Unternehmen mit rot-weiss-roter Heckflosse" zu retten. Mit rund 7.000 mehrheitlich österreichischen Angestellten.
Die Antwort kann JA lauten.
JA, wenn im Gegenzug für die Milliardenhilfe eine staatliche Beteiligung erfolgt, die künftig auch bei Unternehmenserfolg gutes Geld aus Dividenden abwirft.
JA, wenn der Standort, wenn das Drehkreuz Wien mit seiner Wichtigkeit für Infrastruktur und internationaler Anbindung Teil einer erheblichen Wertschöpfungskette bleibt.
JA, wenn nach objektiver Bewertung und Beleuchtung der notwendigen Personalkostenstrukturen die Vielzahl der Mitarbeiter ihren Job behalten.
Die LUFTHANSA will freilich derweil davon nichts bis wenig wissen.
Dabei könnte es ihr per se egal sein, wer Aktien hält.
Dividenden muss man da und dort zahlen, Verluste sind ebenfalls gemeinsam tragen.
Die staatliche Beteiligung hätte unter Umständen sogar den Vorteil, bei Investitionen oder Vorhaben direkt die Regierung als finanzierenden Miteigentümer und interessierten Ansprechpartner zu haben - siehe zB den Ankauf neuer Flugzeuge.
Die staatliche Beteiligung kann also schon ihren Reiz haben.
Wenn man das will.
Die LUFTHANSA in Deutschland ist too big to fail.
Das sollte die AUA, das sollten die 7.000 Mitarbeiter auch für die österreichische Bundesregierung sein.
Aber mit klaren Signalen an die deutsche Konzern Mutter in Frankfurt und die Übermutti in Berlin.
Vielleicht keine Liebesheirat, aber eine Vernunftehe.
Mit dem Heirats Motto: in guten wie in schlechten Zeiten.
Und für den Fall, dass die LUFTHANSA die AUA fallen lassen würde?
Dann sind wir in Österreich mittlerweile in der Lage, als Staat ein Unternehmen dieser Größenordnung mit Profit führen zu können > siehe VOEST.
Weg mit dem Mief & der unheilsschwangeren Konnotation, dass staatliche Beteiligung gleichzeitig Scheitern und Misserfolg bedeuten müssen.
Keine Angst also vor dem österreichischen Staat als Unternehmer im Jahr 2020.
Das sei der LUFTHANSA ins Verhandlungs Stammbuch geschrieben.
Und den österreichischen Verhandlern eine Stärkung ihrer rot-weiss-roten Flügel.
http://www.demokratiezentrum.org/fileadmin/media/pdf/ungar_1.pdf
https://www.news.at/a/elsner-600-000-euro-sackerl-geld-bawag-kasse-ex-konsum-chef-160075