ARD Tagesschau

Als ich heute Morgen in den BBC-Nachrichten einen australischen Helfer sah, der völlig mitgenommen über die seltsame Story der Beinahe-Katastrophe aus Idomeni und jenem mysteriösen Flugblatt, unterschrieben mit ‚Kommando Norbert Blüm ‘ berichtete, das um ein Haar diese Beinahe-Katastrophe ausgelöst hatte, fiel mir sofort Jean-Paul Sartre und die Propaganda-Aktion der RAF im Dezember 1974 ein.

Ich mag nicht viel von Philosophen halten, doch habe ich Sartre immer für einen integren Mann gehalten. Na ja. Er hatte natürlich Zeit seines Lebens eine fabelhafte Frau wie Simone de Beauvoir als Gefährtin. Doch auch ohne sie hatte er es NICHT verdient, am Ende seines Lebens von einer Bande Massen-Mörder und deren willigen Helfern* zu Propaganda-Zwecken verwurstet zu werden. Armer alter Mann, hingelockt nach Stammheim durch Lügen, vom Flughafen an von einem unendlichen Tross ihn wie Geier umkreisender RAF Sympathisanten-Journalisten bedrängt, und das zu einer Zeit, als er - halbblind und von zwei Herzinfarkten gezeichnet - den Helfern der RAF anscheinend endlich hilflos genug erschien um als Opfer ihren Propaganda-Zwecken dienen zu können.

Den folgenden Hohn und Spott der Medien und die Schelte des damaligen Kanzlers Helmut Schmidt hat er nie ganz verwunden. Der hatte, nach Sartres eindringlichen Appell an die vor den Toren Stammheims lauernde Presse, die RAF-Häftlinge würden in schallgedämmten Zellen mit Dauerbeleuchtung isoliert und das sei zwar nicht Folter wie bei den Nazis, aber eine andere Folter, eine Folter, die psychische Störungen herbeiführen soll, kühl darauf hingewiesen, Sartre habe sich bei seinem Besuch von Baader den Bären aufbinden lassen, der karge Besucher-Raum sei die Zelle für alle RAF-Mörder.

Ganz hat Sartre diese Schmach und den Hohn, der ihm in der internationalen Presse entgegenschlug sowie die Vorwürfe der Angehörigen der Opfer der RAF, er ‚habe sich instrumentalisieren lassen‘ nie ganz verwunden. In seinen letzten Jahren konstatierte er verbittert, das ‚Arschloch Bader ‘ habe ihn bewusst reingelegt, er verstehe sich selbst nicht, denn schon bei dem Besuch habe er die Dummheit dieses Typen, der ihn an einen ‚schmierigen Zuhälter ‘ gemahnte, wohl durchschaut.

Und nun also Norbert Blüm. Einer der wenigen Deutschen Politiker neben Helmut Schmidt, dessen Ruf während und nach seiner Laufbahn als Politiker makellos war. Was für ein Schmieren-Theater. Armer alter Mann. Ebenso instrumentalisiert wie damals Sartre. Da verkündet der STERN schon vor dem ‚Besuch‘, den eben der STERN mit-initiiert hat: „Am Mittwochabend wird Norbert Blüm live bei Steffen Hallaschka im stern TV-Studio zu Gast sein und über seine Erfahrungen und Erlebnisse im Lager Idomeni berichten.“

Ach? Wirklich? Was sollte er denn berichten? Möglicherweise vom Tod Hunderter Menschen, die auf die ‚letzte mögliche Passage nach Deutschland ‘ getrieben wurden? Einen Tag nach seinem ‚Besuch ‘ in Idomeni? Bei dem er erstaunlicherweise genau die Sätze sagte, die den in Idomeni festsitzenden Flüchtlingen das mörderische Flugblatt als wahr erscheinen lassen musste?

„Die Grenzen müssten wieder geöffnet werden! – Es ist eine Schande für Europa! – Deutschland wird diese Schande nicht mitmachen!...“

Wer hat ihn dazu getrieben? Zu diesem wahrhaft bösartig inszenierten Abklatsch der 1974-er Sartre-Affäre?

Mit einem bedenklichen Zeitablauf.

Denn nur einen Tag vorher, am 11.03.2016 entschlossen sich ca. 800 Flüchtlinge, hauptsächlich Eltern mit Kindern, das Angebot der griechischen Regierung anzunehmen und in die bereitgestellten Busse zu den Aufnahme-Einrichtungen in Athen zu steigen, wo sie als Flüchtlinge registriert werden sollten. Endlich schienen sie es zu glauben. Und die griechische Regierung hoffte auf eine Sog-Wirkung und verkündete bereits, es ‚sei möglich ‘, dass das illegale Lager an der mazedonischen Grenze kurz vor der Auflösung stände.

Hat DAS jenen verbrecherischen Versuch, Hunderte, wenn nicht Tausende ins Verderben zu treiben ausgelöst? Drohte sich das schöne Katastrophen-Szenario Idomeni in Nichts aufzulösen?

Was als gesichert gilt, und nunmehr durch Befragung aller im Lager tätigen Hilfs-Organisationen und der festgenommenen Schlepper geklärt werden soll, ist der sonderbare Aufbruch einer Gruppe von über 1000 Menschen, hauptsächlich mit Kindern, Frauen, Alten und Kranken, die alle eine Art Flugblatt bei sich trugen. Darauf wurde in mehreren Punkten (s.u.)** erklärt, dass die Zwangsräumung von Idomeni drohe, mit anschließender Zwangsverbringung in die Türkei. Es sei denn, alle träfen sich zu der angegebenen Zeit am angegebenen Ort nahe dem Lager und folgten der detailliert eingezeichneten Wegbeschreibung zu einem reißenden Fluss. Ja, der müsste überquert werden. Und dann müsste die mazedonische Grenze überquert werden, wenn es sein müsste auch mit Gewalt. Aber alle, die das schafften, wären praktisch in Deutschland, das alle Flüchtlinge aufnehmen wollte, wie der Große Blüm es gesagt hatte.

Und nun steht die Frage nicht nur in der gesamten Internationalen Presse, sondern auch als möglicherweise abscheuliche kriminelle Tat im Raum: Wer wollte zu welchem Zweck diese Menschen auf diese Todes-Route zu treiben?

Und warum?

Wo sie doch kurz davor standen, in eine sichere Unterkunft in Athen gebracht zu werden? Und wer hat sie dort hingeleitet? Diesen Zug der Elenden, die den Weg allein sicher nicht gefunden hätten. Welchen Anteil hatten deutsche Freiwillige? Oder diejenigen, die jedes Stück Weg dokumentierten? Woher kamen sie? Jene unsichtbaren Begleiter, die die furchtbare Überquerung des Flusses sekündlich fotografierten? Die FOTOSTRECKEN davon herstellten! Auf welche Bilder hofften die?

Reuters

Griechische Behörden melden heute Mittag: „…Bilder vom Grenzübertritt zeigen zudem deutsche Flüchtlingshelfer und Journalisten mit Fotoapparaten…

Ich hoffe, die Todes-Schlepper und Fotografierer werden gefunden und bekommen ihre gerechte Strafe. Denn was sie nun erreicht haben für die - wenigstens noch lebenden - Flüchtlinge, die in Mazedonien aufgegriffen wurden (was den Sensations-Haschern sicher herzlich egal ist), das ist der Status der ‚illegalen Grenzüberquerer‘ für diese Menschen, die nun möglicherweise ihre Chance zur Registrierung als Flüchtlinge vertan haben.

Das hat nicht auf dem Todes-Flyer gestanden.

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*Wie entlarvend das wahre Leben doch ist. Wer waren denn all diese Unterstützer, Sympathisanten, Geldsammler und Rechtsanwälte der RAF-Massen-Mörder? Hauptsächlich spätere Grünen Größen.

Ich habe übrigens eine persönliche Best-off-Liste widerwärtigster (öffentlicher) Aussprüche heutiger Ober-Grüner. Schätze, die werde ich demnächst mal veröffentlichen. Schließlich ist es doch nur recht und billig, jeden auf seine kriminelle Vergangenheit zu durchleuchten. Und aufmerksam zu machen. Vor allen jene, denen genau heute so unendlich viel daran zu liegen scheint. Wenn es nicht um sie geht. Ja. Ich finde, das ist doch mal eine Sache, die einer genaueren Untersuchung wert ist.

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**Der Text des Flugblatts im Wortlaut:

• Die griechisch-mazedonische Grenze ist und wird zu bleiben.

• Es gibt keine Busse oder Züge, die Sie nach Deutschland bringen werden.

• Es ist sehr gut möglich, dass wer in Griechenland bleibt (am Ende) in die Türkei abgeschoben wird.

• Wer es schafft illegal in einen anderen Staat Mittel- oder Osteuropas zu reisen, wird bleiben können. Deutschland akzeptiert noch Flüchtlinge.

• Es ist möglich, dass das Lager von Idomeni in den kommenden Tagen evakuiert wird. Möglicherweise werden Sie dann in andere Lager gebracht und danach in die Türkei ausgewiesen.

• Der Zaun, der vor Ihnen steht, soll Sie in die Irre führen, damit Sie glauben, die Grenze sei geschlossen. Der Zaun endet fünf Kilometer von hier. Danach gibt es keinen Zaun, der Sie daran hindern könnte, nach Mazedonien zu reisen. Sie können hier rübergehen (schauen Sie auf die Karte).

• Wenn Sie sich in kleinen Gruppen bewegen, werden Sie von der mazedonischen Polizei oder der Armee festgenommen und nach Griechenland zurückgebracht.

• Wenn Sie aber zu Tausenden versuchen gleichzeitig über die Grenze zu kommen, wird die Polizei Sie nicht stoppen können.

• Lasst uns alle um 14 Uhr im Camp (von Idomeni) treffen. Bitte schauen Sie auf die Karte, um den Weg zum Treffpunkt zu finden.

Reuters

Nachtrag: Die Helfer der in Idomeni tätigen Hilfs-Organisationen haben – nach eigenen Aussagen – vergeblich versucht, den Flüchtlingen die Todesroute auszureden, bzw. den deutschen Freiwilligen die Gefahr für die Flüchtlinge vor Augen zu führen.

Dies ist eine Kolumne in der WELT, von H. M. Broder, der auf seine unnachahmliche Weise vielleicht ein paar Fragen beantwortet. Und andere aufwirft.

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