Die WELT oder: Was hat der IS mit einem alten DDR Witz zu tun?

Zuerst den DDR-Witz (zugegeben, der war schon in der DDR nicht lustig, dafür aber sehr erhellend): Ein Student wird in der Anatomie-Prüfung vor drei Skelette gestellt. Er soll sagen, was ihm auffällt, doch er weiß es nicht. Denken Sie in Ruhe nach, sagt der Prüfer. Sie haben es so oft in den Vorlesungen gehört, es sind die drei... Na ?" "Ach ja", sagt der Student erleichtert: "Marx, Engels und Lenin."

Oder so: Einem Studenten der Tiermedizin werden zur Abschlussprüfung seines Veterinärstudiums 3 Knochen vorgelegt. Der Prüfer fragt den Studenten: "Können Sie diese Knochen bitte zuordnen!". Der Student kommt ins Schwitzen und kann die Frage nicht beantworten. Daraufhin sagt der Prüfer: "Na was haben Sie denn bei uns die ganze Zeit studiert?".Erleichtert ruft der Student: "Ach so! Das sind die Knochen von Marx, Engels und Lenin!".

Es gibt auch noch Varianten mit einem Elefanten, Nilpferd oder einer Klempner-Prüfung. Und ich würde wetten, noch tausend andere.

Jetzt fragen Sie sich: Was hat das mit der WELT zu tun? Ganz einfach. Heute las ich mal wieder einen Artikel der WELT. Ich brauchte ein bisschen Aufheiterung und wurde auch sofort fündig. Mein heutiger Favorit heißt: Was der IS von uns will!

Und nun raten Sie mal. Was will – nach Ansicht der WELT-Schreiber – der IS von uns? Wobei es natürlich von vornherein absolut unmöglich ist, dass der heutige Terrorist, oder - in der Welt der WELT - der ‚JUGENDLICHE‘ ein hierher geschickter IS-Kämpfer gewesen wäre. Der ‚afghanische Junge‘! Weshalb das Wollen des IS so gesehen auch nichts mit dem Buben zu tun haben kann. Wenn es den IS überhaupt gibt!

Was?

Ja, ja. Der IS ist vielleicht nur eine Art Propaganda der Rechten. Oder so. Nun war die WELT ja doch mal irgendwie eine ziemlich große, überregionale Institution am Zeitungs-Markt. Und obwohl die Zeiten lange vorbei sind und just die WELT heutzutage eher eines der Flag-Schiffe der Jubel-Presse ist, fragte ich mich dennoch unwillkürlich beim Lesen: Was ist da bloß schiefgelaufen?

Afghanischer Junge? Brav, integriert?

Die Behörden gaben schon in der Nacht bekannt, dass der Attentäter anscheinend weder Afghane noch 17 ist, einen falschen Namen angegeben hat und eine Verbindung zum IS hatte. Einen Kontakt, den er womöglich doch nicht erst zwei Tage vor der ekelhaften Tat per WhatsApp hergestellt hatte.

„Auch das Bekennervideo des angeblich 17-Jährigen nährt Zweifel an der afghanischen Herkunft. Der Mann redet in Pashtu, einer Sprache, die am Hindukusch benutzt wird, aber deutliche Unterschiede in der afghanischen und der pakistanischen Ausprägung aufweist... Der vom IS angegebene Name des Mannes, Muhammad Riyadh, stimmt nicht mit dem Namen überein, mit dem er in Deutschland registriert wurde. Dieser lautet Riaz Khan Ahmadzai…“

Das wusste heute Morgen selbst das kleinste Lokal-Blättchen. Nur die Schreiber der WELT nicht? Arme Würstchen? Keiner sagt ihnen was? Oder doch eher hartleibige Gesinnungs-Täter, die - wie im alten DDR-Witz - und mit einem so schnellen wie lapidaren Betroffenheits-Gedöns über alle Opfer stapfend, am Ende jeden Jammer-Sermons über die bedauernswerten, missverstandenen Täter immer zum selben Schluss kommen: „..Das der IS die Bluttat des afghanischen Flüchtlingsjungen nach nur wenigen Stunden zu einem Teil des globalen Terrorkriegs gegen die Ungläubigen verklärte…“ ist nur Propaganda und soll – Na? Kommen Sie drauf?

Falls nicht, helfen die WELT-Schreiber der staunenden Rest-Welt gern weiter, denn: Es geht um mehr als nur Angst. Es geht um nichts Geringeres als das Entfachen von Misstrauen und Hass. Um die Einteilung der Gesellschaft in Freund und Feind. Angespornt durch eine wachsende Islamophobie, durch das Erstarken rechtspopulistischer Parteien in Europa, durch aufflammenden Ausländerhass im Zuge der Flüchtlingskrise…“

Na bitte. Hetzer-Alarm! Irgendwie waren es doch immer Marx und Engels, pardon, die Rechten und ihre Spieß-Gesellen. Das ist schon deshalb wahr, weil die IS-Ideologen – die es jetzt temporär doch mal gibt, aber nur um das Gegenteil zu beweisen - Busch (!) zitieren. Und was hat Herr Busch so innovativ Neues gesagt? Er sagte irgendwann mal: Wer nicht für uns ist, ist gegen uns!

Aha.

Ja. Das hat vor ihm natürlich noch niemand gesagt, WELT-Schreiber. Und von all den Millionen, die das tagtäglich sagen, ist euch Busch eingefallen? Wie verzweifelt muss einer sein, um seine kruden Thesen mit diesem Allerwelts-Sätzchen, das zum BUSCH-ZITAT aufgewertet wird, beweisen zu wollen.

Andererseits will ich nicht ganz so streng sein. Im Zuge des Hin- und Her-Stolperns zur Findung der aberwitzigsten Behauptung um den Attentäter wurde nicht nur die WELT kreativ-spaßig. Beim Versuch der Erläuterung gewisser Fragen, die hie und da dummerweise doch gestellt werden. Von Hetzern. Ganz klar.

Eine der Antworten auf die Frage nach der Herkunft der Waffen ist übrigens mein persönliches Highlight: „…Dann habe er (der mutmaßliche Täter) den Regionalzug von Ochsenfurt nach Würzburg bestiegen. Dort habe er sich in einer Zugtoilette mit einer Axt bewaffnet…“

Na denn.

Die Bahn ist schuld. Da hätte ich auch selbst drauf kommen können. Da liegen Äxte und Messer auf den Toiletten rum. Ein neuer Service für hilfsbedürftige Waffen-lose Terroristen?

Eher perfide finde ich die – bei fast allen Medien quasi wie im Nachgang angehängte Mini-Meldung von der Anwohnerin, die von dem ‚Jugendlichen‘ verletzt wurde. Ach? Eine Passantin wurde also verletzt. Klingt ja nicht so schlimm. Dann vielleicht so: Der Täter schlug einer Anwohnerin, die mit ihrem Hund spazieren ging, mit der Axt zweimal brutal ins Gesicht. Das klingt schon ein bisschen anders. Die arme Frau ist außer Lebensgefahr. Mehr nicht. Es mag übrigens erstaunlich erscheinen, aber ich wüsste gern, was aus dem Hund wurde. Ist er tot? Erschlagen? Sollen wir das lieber nicht wissen, weil wir so undifferenziert emotional reagieren, wenn Tiere involviert sind?

Aber immerhin war er (der Jugendliche) besonders gut integriert! Das sagen ALLE seine Betreuer. Und Helfer. Und seine Pflege-Familie. Ja. Traumatisiert war er auch. Das sind alle ja sowieso. Der arme Junge hat zudem wohl einen schweren Schock bei einer Nachricht aus Afghanistan erlitten, die ihn – da gibt’s keine andere Erklärung - spontan den Entschluss fassen ließ, ein paar Deutsche umzubringen.

Er hat sich turbo-radikalisiert! Heißt es nun von allerlei einschlägig vorbelasteten Abwiegler-Seiten. Wie schön zu sehen, dass dem verachteten Volk zuliebe gelegentlich sogar mal ein paar neue Wort-Kreaktionen vorgestellt werden. Herr Maas ist übrigens ein bekennender Anhänger dieses speziellen neuen Beschwichtigungs-Geflunkers. Von der Turbo-Radikalisierung. Die kann er - was er auch sofort tat - den Deutschen in die hetzerischen Schuhe schieben.

Merke: Wer sich nicht genügend Mühe gibt, die traumatisierten Zuzugs-Massen rund-umfassend zu versorgen, zu erheitern und zu bespaßen, hat kein Anrecht auf Beschwerden oder Jammern im Falle ihn (oder sie) eine Axt trifft.

Demzufolge war der versuchte Massenmord des turbo-radikalisierten JUNGEN mit der bewussten Axt samt Messer aus der Zug-Toilette allenfalls 'eine Art Mix aus Amoklauf und terroristischen Akt'. Ach was? Ein MIX? Aber sicher, sagt Herr Altmaier, der uns allen auf den Weg gibt, das hier gar nichts so schlimm ist, wie wir uns einbilden. Denn: Die Gefahrenlage hat sich in den letzten Jahren NICHT verändert und alle Erkenntnisse aus den vergangenen zwölf Monaten deuteten darauf hin, dass die Gefahr des Terrorismus bei Flüchtlingen ‚nicht größer und nicht kleiner ist als in der übrigen Bevölkerung‘.

Genau. Das wissen wir ja schon von Herrn Maas. Der unentwegt mit Spezial-Sonder-Einheiten Leute suchen und verhaften lässt, die mindestens einen gemein-hetzerischen aber vor allem rechtspopulistischen Satz im Internet gepostet haben.* Womit bewiesen wäre, dass Sie oder ich – sofern wir Böses über Flüchtlinge oder die Regierung schreiben – mindestens ebenso gefährliche Terroristen wie der von Würzburg oder der von Nizza sind. Ach ja. Der Verfassungsschutz, schwurbelte Herr Altmaier noch schnell, vermutet bei dem Würzburg-Angreifer Identitätsschwindel!

Nein! Ein Schwindler!

Klingt ja fast schon putzig.

bild.de

*Daraufhin befragt, ob eine oder mehrere Personen, deren Wohnungen durchsucht und die verhaftet wurden, wirkliche Verbrechen begangen hätten - zum Beispiel Überfälle, Körperverletzung, Vergewaltigung oder gar Mord - erwiderte Herr Maas verärgert, dass es 'darauf' nicht ankäme. Und hängte ein schnippisches "Nein. Davon ist mir nichts bekannt" an, als der Frager nachhakte.

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