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Freitagabend. Die Rolltreppe fährt mich hinauf in den hell erleuchtenden Graben in der Wiener Innenstadt. Wenn ich jetzt umkippe, käme es sicherlich kurzfristig zum Stillstand hinter mir. Doch ich taste mich Schritt für Schritt durch die mobilisierten Mäntel und Jacken. Wo es nur möglich ist, versuche ich mich mit einer Hand ab zu stützen. Und sei es nur an einer der vielen Straßenlaternen. Einige Wortfetzen der telefonierenden Passagiere aus der U-Bahn geistern mir noch durch meinen Kopf. Die Weihnachtsfeiertage werden akribisch geplant, untereinander abgeglichen. Doch das eilige Treiben um mich, lässt mich zu keinen klaren Gedanken kommen. Auch die wartende Menschenschlange vor der Trafik scheint nicht wirklich still zu stehen. Im Geschäft, auf kleinster Fläche, die größtmögliche Anzahl an Personen. Gleich laufe ich wieder Slalom durch die eisige Kälte zwischen all den dutzenden Touristen und Punschflanierern. Wie spät ist es eigentlich? Es wird knapp.
Um 17:30 beginnt die Veranstaltung.
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Pünktlich treffe ich in der Vorhalle des Museums ein. Mein Sohn ist bereits da. Eine fröhliche, quirlige kleine Dame mit blauer Arbeitsschürze begrüßt uns zu dem bevorstehenden Event. Hier drinnen ist es still, lediglich die hohen Räumlichkeiten versprechen mit seinem prunkvollen Ambiente Vielsagendes. Alle Teilnehmer sind eingetroffen, die Führung durch die Ausstellung „Liebe in Zeiten der Revolution“ beginnt. Unsere kleine Gruppe bewegt sich interessiert lauschend der vielen Informationen durch die Hallen. An den Wänden treffen wir auf unterschiedlichste Werke von Künstlerpaaren der russischen Avantgarde. Dreißig Minuten Schnellkurs in Sachen unterschiedlicher Stilrichtungen in der Malerei. Gleich darauf steigen wir flotten Schrittes in einen geräumigen Raum im unteren Geschoss. Dort warten vier große Tische auf denen bereits Mal und Bastelutensilien bereit stehen.
Jetzt geht er los.
Mein zweiter Kunst-Workshop [Geometrie für Paare]. Freue mich schon darauf endlich hinsetzen zu können. Aber unsere Kursleiterin schickt uns sofort auf die „Reise nach Jerusalem“. Mit erweiterten Spielregeln. Es gilt zwar auch einen freien Sitzplätz zu erhaschen, sobald die Musik verstummt, doch zusätzlich gibt es eine kleine Zeichenaufgabe. Auf den jeweiligen Plätzen liegen auf dem Tisch ein weißes Blatt Papier, 3 farbige Papierstreifen und Ölkreiden. Gehen mit Musik – Musik aus – hinsetzen – Papierstreifen nehmen und den jeweiligen Begriff aufs Papier bringen. Worte wie: nebeneinander, Vordergrund, hinten usw. sind die Vorgaben. So entstehen spontane Malcollagen. Nach dieser Aufwärmrunde setzen wir uns nun paarweise an die Tische. Wir bekommen wieder Papierstreifen mit Themenvorgaben. Mein Sohn und ich ziehen:
Bewegung und Stillstand.
Das große Finale in diesem Work-Shop. Zu meiner ohnehin vorhandenen Anspannung kommt ein wenig Nervosität. Ich habe, soweit ich mich erinnere noch nie mit meinem Sohn gemeinsam ein Kunstwerk fabriziert. Gut, höchstwahrscheinlich sicherlich irgendwann in der Kindergartenzeit. Spannend, denke ich, da mein Sohn eher der Denker und Pragmatiker ist. Jedoch er nimmt die Herausforderung an, so wie viele andere in seinem bisherigen Leben. Im Gegensatz zu mir, überlegt er etwas länger bevor er in Aktion tritt. Ich dagegen, lege sofort los. Rasch habe ich eine Vorstellung von dem, was dabei entstehen soll. Mein Part ist es „Stillstand“ graphisch auf ein schwarzes Blatt Papier zu bringen. Das schwierigste an der Sache ist jedoch für mich, dass ich nicht das gesamte Projekt übernehme. Soll er doch „Bewegung“ eigenständig umsetzen.
Schlussendlich schaffen wir unabhängig voneinander ein gemeinsames Werk zu produzieren. Ein naive Collage im Stile des Neo-Konstruktivismus angelehnt und inspiriert von den Bildern der Ausstellung.
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Bewegung und Stillstand, welche wohl jedes für sich alleine keinen Bestand hätte.
Oft denke ich sitze in einem Hochgeschwindigkeitszug wo man keinerlei Details mehr erkennt, wenn ich aus dem Fenster sehe. Ebenso erscheint es so, als würde der Zug stehen und der nebenan fährt los. Dennoch habe ich den Eindruck ich fahre. Ein eigenartiges Gefühl. Bin ich in Bewegung oder Stillstand?
Trotz all der Strapazen bei der Anfahrt hat sich die Bewegung zu dieser künstlerischen Aktivität gelohnt. In doppelter Hinsicht: Die Karten – ein Preis bei einem Gewinnspiel und mein Sohn (ohnehin der größte Gewinn in meinem Leben) als Kunstschaffenden zu beobachten.