Ein untrügliches Zeichen, dass eine Nacht zu Ende geht, ist der erste Sonnenstrahl. Wenn still im Osten die Sonne auftaucht. Doch ehe das erste erkennbare Licht am Himmel erscheint, melden sich zuvor schon die ersten Lebewesen in der Natur. Frech beginnt da Einer zu singen. Bereits neunzig Minuten bevor die Sonne tatsächlich aufgeht.
Durch mein nonkonformes Nachtleben habe ich das schon oft miterlebt. Wenn der Gesang losgeht, gehe ich oft erst ins Bett. Wenn der Tag erwacht, bin ich meist müde. Manchmal lausche ich dem immer stärker werdenden Gesang der Vögel, draußen vor meinem Fenster.
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Was sie sich wohl so früh zu erzählen haben? „Hey Jungs kommt mal hier her, da gibt es gutes Futter!“ Oder verteidigen sie tapfer ihr Revier? Mag auch sein, dass junge Vogelherren für fesche Vogeldamen ein Wettsingen veranstalten.„Tirili, schönes junges gefiedertes Fräulein, darf ich ihnen einen Wurm zum Frühstück servieren, Tirili!“ Hoch oben im Wipfel eines Baumes prahlen sie mit stolz geschwellter Brust. Hüpfen gut gelaunt von Ast zu Ast. Und singen. Sie zwitschern den Tag ein.
Ja, Leute ihr sollt wissen, ein neuer Tag beginnt. Wir sind die ersten fliegenden Boten des Morgens. Die gefiederten Weckrufer in der Früh. Wir liefern euch pünktlich und frohgemut unseren Gesang.
Woher weiß der Vogel, dass er jetzt los legen soll? Er hat keine Uhr. Er hat keinen Wecker, der ihn aus den Federn schmeißt. Auch ein Handy samt Alarmfunktion hat er nicht zur Verfügung. Er tut es ganz einfach. Beginnt den Tag mit heiterem Gesang. Er fragt sich wohl nicht, ist es nicht viel zu früh, um los zu trällern. Hausrotschwanz, Singdrossel, Rotkehlchen, Zaunkönig, Zilpzalp, Kohlmeise und viele andere stimmen allmorgendlich in den Chor ein. Die trällernde Vogel-Band begleitet die Dunkelheit bis zum ersten Sonnenstrahl. Ob sie dieses Spektakel ebenso beobachten und bewundern, wie wir Menschen? Sicherlich sind sie mit ihrer Aufgabe voll und ganz ausgelastet. So ein kurzes Vogelleben darf jeden Tag mit einem Lied im Schnabel begonnen werden. Ganz einfach, ohne zu fragen, warum? Ein Ritual, welches sie täglich mit demselben Ehrgeiz tun.
Ja, und einer ist immer der Erste, der beginnt und seine Stimme erhebt. Ein kleiner gefiederter Kerl im großen Gefüge der Natur. Allmorgendlich reißt er voll motiviert zum täglichen Appell seinen Schnabel auf. Die Position als Teil derVogeluhr, die ihm gegeben wurde, füllt er hervorragend aus.
Schön, dass er das tut, was er einfach tut. Morgens - Singen!
PS: Was tut der Mensch, um es einfach zu tun?
James Last - Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung / 1968
©Bluesanne bedankt sich fürs Lesen!