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Wenn ich ins Kino gehe, dann besuche ich am liebsten, die etwas anderen dieser Art. Dort wo die Säle nicht so groß sind und ein ganz besonderes Flair vorherrscht. Dort wo keine riesigen Pappbecher im Mittelpunkt stehen. Wo es nicht vorrangig nach verbranntem Popcorn riecht. Und dort wo die Eintrittskarte ganz individuell aussieht.

In ein derartiges bin ich gestern eingekehrt.  Das Schikanederkino in Wien Margareten, das heuer seinen 109. Geburtstag feiert. Schon der Eingang mit den alten Schwingtüren ist besonders reizvoll. Unterschiedlichste im Vorraum verteilte Sitzgelegenheiten begrüßen mich freundlich. Jedes dieser Sofas, Sesseln und Bänke stand sicherlich irgendwo einmal in völlig anderen Räumen. Allesamt riechen nach längst vergangenen Tagen.

Ein Tipp des Mit Bloggers  Jürgen Heimlich veranlasste mich zu diesem einmaligen Besuch. Kurz zuvor war evtl. noch ein kurzes Kennenlernen angesagt. Gemütlich kann ich mir zuvor noch das Ambiente in den Räumlichkeiten ansehen. Es ist ziemlich voll. Ich halte Ausschau nach dem Kollegen, dessen Film gleich zu sehen sein wird.

Vor dem Eingang steht einsam und verlassen ein Mann mit dem Rücken zu mir. Ich denke mir, das könnte er sein. Ich starte los. Höflich halte ich ihm die Hand entgegen und frage:“Jürgen?“ Er sagt ja. Eine Alkoholfahne weht mir aufdringlich entgegen. Ich ignoriere diese manierlich und beginne ein wenig Smalltalk. Seltsam, irgendwie habe ich den Eindruck, der weiß jetzt nicht ganz genau, was hier jetzt los ist. Eine Dame, die ihm gerade bis zur Brust reicht kommt hinzu. Er stellt sie mir als seine Assistentin vor. Diese begrüße ich ebenfalls höflich. Das Gespräch stockt ein wenig. Die Beiden verabschieden sich. Er ruft mir noch zu:“ Nach der Vorstellung, sehen wir uns.“ Eigenartig. Gut, es war zwar ein Erkennungszeichen vereinbart, aber in diesem Moment dachte ich einfach nicht mehr dran. Und eigentlich bin ich mir sicher, das war nicht der, den ich vermutet hatte.

Nun, muss ich aber noch schnell für eine Eintrittskarte sorgen. Ich hatte keine reserviert, da ich nicht ganz sicher war, ob ich es schaffe. Bugsiere mich durch die mittlerweile immer größere Menschenmasse. Zwischendurch spricht mich ein junger Mann an, ob ich denn „Diana“ sei. Er hat wohl meinen suchenden Blick gesehen. Die Kasse befindet sich im danebengelegenen Lokal. Kleine Speisen und unterschiedliche Getränke sind hier ebenso erhältlich. Der jugendliche Kerl hinter der Glasvitrine mit einer großen Auswahl an Bieren ist schwer beschäftigt. Er überprüft die Liste mit den vorbestellten Karten, serviert, reißt Tickets ab, kassiert und hat dabei ein Lächeln auf den Lippen. Ich konfrontiere ihn mit meinem Anliegen. Keine Karte mehr. Neben mir stehen zwei hübsche Damen. Eine davon reagiert sofort: “Ich habe drei Karten bestellt, wir sind nur zwei…Problem gelöst“ Herrlich, ich bedanke mich überschwänglich und sehe weiterhin Ausschau nach dem Macher des Films.

Vor dem Kinosaal tut sich schon einiges. Gleich geht es los. Ich genieße einerseits den Trubel, andererseits widme ich mich den vielen kleinen Details in diesem Raum. Neben dem Saaleingang steht ein uralter Safe. Was da wohl drinnen sein mag?

Aah, der Saal wird geöffnet. Mit meiner Karte,  getrennt vom Abriss, in der Hand suche ich mir einen Platz meiner Wahl. Die Sitzbänke sind fast alle im unterschiedlichen Stil. Es ist so ein herrliches buntes Durcheinander, wie bei mir zu Hause. Ich fühle mich wohl. Vor der Leinwand eine kleine Bretterbühne. Der Saal fühlt sich. Immer mehr Menschen nehmen auf den kuriosen Sitzen Platz. Zusätzliche einzelne Stühle werden im Saal aufgestellt. Nach wie vor schaue ich mich um, ob ich den Filmemacher und Bloggerkollegen ausmachen kann. Tatsächlich ein paar Reihen hinter mir, dass sollte er sein. Ich husche rasch zu ihm hoch und begrüße ihn kurz. Das war er nun tatsächlich. Aber wer war der andere Typ. Keine Ahnung. Ich entdecke ihn zwei Reihen vor mir. An seiner Schulter lehnt die Assistentin. Kurz muss ich laut auflachen. Meine Sitznachbarin sieht mich erstaunt an. Ich lächle vor mich hin. Eine eigenartige Sache, wieso hat der mir nicht gesagt, dass es wohl eine Verwechslung ist?

Egal, es geht los. Film ab! Es folgen fünf unterschiedliche Kurzfilme. Interessant, nachdenklich, humorvoll und vor allem ist man als Zuschauer voll konzentriert. Keine überdimensionalen Lautsprecher, kein Dolby-Surround-System, welches Dir die Ohren zu dröhnt. Eine übersichtliche Leinwand, wo ich mich permanent entscheiden muss, wo sehe ich jetzt hin. Sehr angenehm, ich kann mich voll und ganz dem Film widmen, und dem was da geschieht. Nach jedem Film applaudiert das Publikum und zollt somit den Filmschaffenden das gebührende Lob. Ein Großteil der Filmemacher befindet sich im Saal.

Bin schon sehr gespannt aufdas Werk von Jürgen.  "Zentralfriedhof" in Achtzehn kurze Minuten verpackt. Ein kleiner aber sehr spannender Einblick in die enorme Vielfalt, Schönheit und diverse außergewöhnliche Erkenntnisse über den Ort, wo wir Wiener wohl fast alle einmal landen werden. Eine achtzehn Minuten lange Reise in eine völlig andere Welt. Eine Welt in der scheinbar alles still ist, sondern auch alles still steht. Ein geschichtsträchtiger Ort mit Bewunderung und Ehrfurcht eingefangen in wunderbar aussagekräftige Bilder und Texten. Sofort fühlte ich mich verführt, das Gesehene, auch selbst auskundschaften zu wollen. Aber vor allem auch zu fotografieren. Motive für die Ewigkeit aus der Ewigkeit. Achtzehn Minuten, die mich inspiriert haben, ich ein paar Neue Dinge erfahren habe und sogar ein wenig schmunzeln konnte. Über einen kleinen Nebendarsteller, der im Abspann extra erwähnt wurde. Ein Hamster.

Nach der Vorstellung hatte ich noch ein wenig mit dem richtigen Jürgen geplaudert. Ein wunderbarer Ausklang des Abends, ich konnte mich zufrieden auf dem Heimweg machen. Danke lieber Jürgen für den Tipp hier bei F+F.

Also vielleicht doch noch viel öfter in etwas andere Kinos gehen. Andere Filme ansehen. Es lohnt sich.

Vielen Dank fürs Lesen!

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