Blog-Bild: Fleischlos

Wie fühlt sich ein Mensch, wie ich mit Depression in diesen Zeiten?

Relativ beschissen.

Wie fühlt sich ein Mensch, wie ich mit Angst und Panikatttacken in diesen Tagen.

Relativ unsicher.

Wie fühlt sich ein Mensch, wie ich mit anhaltendem Schmerz, an diesen Tagen?

Relativ hilflos.

Als Gegenmaßnahmen wähle ich bewusst leicht verdauliches Fernsehprogramm, meine Malerei um mein Leben bunter zu gestalten und erarbeite kreative Zukunftsvisionen. Versuche mich so wenig wie möglich, mit den negativen Meldungen aus der Welt zu konfrontieren. Ich koche mir Essen, das mir schmeckt. Schlafe ausreichend. Lese Bücher. Versorge meine Katern und erfreue mich ihrer Anwesenheit. Mein Alltag, relativ unspektakulär.

Die ersten 34 Lebensjahre habe ich relativ glimpflich überlebt. Die Jahre danach in Freiheit waren relativ aufregend und neu für mich. Und eigentlich dachte ich, ich habe es relativ gut überstanden. Doch dem scheint nicht so zu sein. Täglich mit viel Disziplin sich selbst zu motivieren und nicht auf zugeben ist kräfteraubend. Die Gedanken im Zaum zu halten, um nicht wieder in ein neuerliches dunkles Loch zu fallen. Es ist so, als würde ich mich täglich mit einer Hand an einer Klippe festhalten und die andere lässt mich im Stich. Jeden Tag hänge ich über dieser Schlucht, und eigentlich schaue ich nur nach oben, weil ich Höhenangst habe. Soll ich loslassen? Was erwartet mich da unten? Könnte ja auch das Meer sein, das ich so liebe. Muss ich wirklich nach oben? Was ist da oben? Weitere Hürden? Selbst wenn ich all das nicht hinterfrage, erscheint es mir relativ unerreichbar.

Was habe ich bereits erreicht? Gute Frage! Ich habe mich wohl relativ gut über Wasser gehalten. Gerade so, dass ich nicht absaufe. Der Pegel hält sich einige Monate relativ stabil. Doch jetzt steigt er wieder und drückt mir die Tränen in die Augen. Immer und immer wieder. Und mir tun jetzt schon die Menschen leid, die eventuell Mitleid empfinden. Das will ich dochgar nicht!  Dennoch kann ich mich auch nicht selbst belügen und den Kasperl vorspielen. Den, den man nicht erschlagen kann. Der, der immer das Böse besiegt.

Wogegen kämpfe ich eigentlich? Meine relative Hilflosigkeit, immer und immer wieder auf zu stehen. Ja ich kann noch stehen, ja und ich kann noch gehen, relativ langsam aber ich gehe. Relativ gut, gegenüber Menschen im Rollstuhl. Relativ positiv, gegenüber Menschen, die gar keine Beine mehr haben.

Nach gut drei Wochen, war ich heute wieder alleine unterwegs. Auf dem Weg zu meiner Therapeutin fühlte ich mich schon sehr unwohl. Warum? Wieso? Weswegen? Ich setze meine Tarnkappe und meine Sonnenbrille auf und tauche durch die Menschenmassen. Es ist eine Schutzmaßnahme. Viele negative Energien, die von den Personen abstrahlen, dringen in mich ein. Es ist vergleichbar mit extrem penetrantem Gestank, der einfach die Nase zum Wahnsinn treibt. Ich kann sie nicht abwehren. Ich kann sie nicht ignorieren und ich kann sie auch nicht relativieren. Und ich kann sie schon gar nicht wegzaubern. Weglaufen? Mich weiter isolieren?

Ich war schon immer sehr sensitiv, was Stimmungen und Gerüche betrifft. Auch die, die positiv sind und waren. Jedoch besonders die traurigen und angeschlagenen Energien treffen mich voll und hauen mich regelmäßig um.

Zu schwach für diese Welt. Muss ich überhaupt immer und andauernd stark sein?

„Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.“ (Rosa Luxemburg)

Diesen Spruch habe ich auf einem Plakat in der U-Bahnstation gelesen. Kampf. Das klingt schon so negativ. Krampf. Verkrampft, verbissen, angespannt und relativ gezwungen. Die Angst ist ebenso wie der Schmerz relativ unter Kontrolle. Mich permanent unter Kontrolle zu halten ist ermüdend. Auf Dauer relativ langweilig, uninteressant und unakzeptabel für andere Menschen und für mich. Manchmal habe ich den Eindruck, ich habe relativ wenig Zeit für meine Zukunftspläne. Und die Zeit relativiert sich umso mehr, desto unbeweglicher ich werde.

Vor gut einem Jahr hatte ich mental einiges auf die Reihe gebracht und dann diese 12 Wochen im Gipsbein. Der Gips ist schon lange ab, dennoch komme ich nicht vom Fleck.

(23.10.2013, Gerne möchte ich wieder etwas bewegen; Komme aber selbst nicht wirklich vom Fleck.©Bluesanne)

Die Therapeutin fragte mich: „Was sollte sich ändern?“ Ich hatte keine Antwort.

Selbst jetzt erscheinen mir die eventuellen Änderungsvorschläge, relativ utopisch.

Weiter kleine langsame Schrittchen trippeln. Nicht 14tägig sondern wöchentlich zur Therapeutin. Sozusagen als relativer Zwangsausflug in die große weite Welt. Weitere Arzttermine, streng unter der Kontrolle und Beistand meiner Allerliebsten. (Die ich weiterhin,immer und überall küssen werde,wenn ich sie treffe!!!!)

Gesamt betrachtet, relativ gut überlebt.

Ich möchte nicht mehr im Relativ leben. Nicht in Bezug auf noch schlimmere Schicksale. Nicht vergleichsweise schadlos über die Runden kommen.

Nur weil ich ein Niemand bin, heißt das nicht, dass ich ein Jemand bin.

Dies war ein relativ deprimierender Blogeintrag.

Werde mich bemühen, relativ baldKREAKtivere zu erschaffen.

Die Welt braucht nicht noch mehr Traurigkeit.

Trotz Depression habe ich mir meinen Humor relativ gut bewahren können, auch wenn er manchmal ein wenig subtil scheint.

**Umarmung**

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Silvia Jelincic

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fischundfleisch

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Kristallfrau

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