Als Wienerin fällt mir zu diesem Begriff, natürlich der gefürchtete Schwarzkappler ein. Jener, der hochoffiziell uniformiert durch die Bim stolziert und überprüft, ob der wehrte Fahrgast einen gültigen Fahrschein besitzt. Heute gibt es diese Kontrollorgane auch noch. Doch sie tragen keine Uniform mehr, wohl eher oft an ihren modischen Herrenhandtaschen zu erkennen. Früher wie heute sicherlich nicht einer der beliebtesten Berufe in der Bevölkerung. Hat sich der damals in Schale gehüllte Hüter des ordnungsgerechten Besitzes einer Fahrkarte wohler gefühlt? Wurde ihn mehr Respekt entgegen gebracht? Ich weiß es nicht. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass es heute wesentlich brisanter zugeht.
Mittlerweile gibt es viele weitere Jobs, die sich mit nichts anderem beschäftigen, als eine Sache zu überwachen. Ein verlorenes Hundstrümmerl, Müll der irgendwo vergessen wird, qualmende Zigaretten in verbotenen Zonen und etliche andere Dinge werden überwacht. Aufmerksame Blicke schwenken geübt ihr geschultes Adlerauge über die Lebensräume der Menschen. Und schlagen zu, falls es nicht den Vorschriften entspricht. Gut, es macht ja Sinn, wenn wir nicht von Hundekot zu geschissen werden. Es ist ja auch nicht schön anzusehen, wenn desolate Waschmaschinen die Hauseingänge dekorieren. Und schon gar nicht kann es angehen, wenn sich gesundheitsbewusste Bürger den tödlichen Nikotinrauch aussetzen müssen. Und sicherlich wird es immer Leute geben, die sich über die eine oder andere Vorgabe hinweg setzen.
Wenn ich durch die Straßen flaniere, die Auslagen betrachte, entdecke immer mehr Verbotszeichen. Nicht gerade einladend, finde ich. Durchgestrichene Symbole an denen man mehr oder weniger erkennen kann, was in dem jeweiligen Geschäft nicht erlaubt ist. An manchen Scheiben kleben mittlerweile schon so viele Piktogramme, dass man kaum noch in das Geschäft sehen kann. Falls ich nun tatsächlich so gewissenhaft sein möchte, um bestens über die Verbote informiert zu sein, müsste ich viel Zeit für das entziffern dieser Schilder verwenden. Im Laufe der Zeit ignoriert man sie einfach. Spätestens dann, wenn eine starke Hand von hinten auf die Schultern fasst, weiß ich, es ist irgendwas falsch gelaufen. Sei es nur, mit dem falschen Fuß eingetreten zu sein. Braucht es tatsächlich, derart viele Hinweis, Verbots und Zurechtweis-Tafeln?
Vor kurzem blitzte mir am Karlsplatz bei der U-Bahn eine Meldung entgegen, welche ich nicht so Recht glauben konnte. Deshalb wartete ich vor dem Leuchtkasten um das nochmals zu lesen. Da wird doch tatsächlich dazu aufgefordert, „böse“ Übeltäter sofort zu melden. Leute die Dreck fallen oder liegen lassen. Hallo! Sind wir wirklich eine Gemeinschaft, die alles und jeden vernadern tut?
Mir gefällt diese Aufforderung keineswegs. Vielleicht wird sie ohnehin nicht jedem vorbeigehenden Passanten auffallen. Doch unterbewusst nimmt man sie wahr, denke ich.
Überall wird lauthals nach neuen Gesetzesregelungen, Verboten, strengeren Kontrollen gebrüllt. Mehr Warnhinweise auf Lebensmitteln. Kennzeichnungen, mittlerweile elendslange und kaum leserlich kleben auf all den Verpackungen. Meine Unterwäsche besteht bereits aus mehr Informationsstoff, als die Leibbekleidung an sich. Ein Hauch von Nichts, welches meinen Körper verführerisch bedecken soll wird definitiv verschandelt. Mit einem meterlangen Bündel an Polyesterstoffschildchen in den Säumen eingenäht. Es ist nun mal Vorschrift. Der geneigte Konsument hat ein Recht darauf ausreichend informiert zu werden. Es könnte ja sein, dass dieser dann doch irrtümlich die Kleidung in die Mikrowelle steckt um diese anschließend zu verspeisen.
Gut, ich habe mir schon ewig keine neue Kleidung gekauft, also kann dieses kleine Problem an mir vorüber gehen. Dennoch scheint mir, die übertriebene Aufklär-Beschilderung ziemlich unsinnig. Denn was mache ich dann z.B. mit dem Wust an Schildern in der Unterwäsche? Genau, ich schneide sie ganz einfach raus und werfe sie weg. Aber bitte in den richtigen Sammelcontainer.
Ebenso gesehen in der U-Bahn. Mistkübel mit den diversen Trennungsaufklebern. Kommt da nun für jeden Mist, ein zuständiges Organ und entleert das seperat? Ja, ich trenne daheim auch meinen Müll und versuche ihn ordnungsgerecht zu entsorgen. Ich bin sogar eine derjenigen, die etliche Verpackungen oder andere Sachen, die normalerweise im Müll landen, weiterverwendet. Für meine Kunst z.B. Selbstverständlich entwerte ich auch meinen Fahrschein, rauche nur mehr dort, wo es ausdrücklich nicht verboten ist. Aber mir käme nie in den Sinn, jetzt einen Wegwerf-Übeltäter anzuschwärzen.
Ich frage mich, wer wird in Zukunft alle diese Vorschriften überwachen? Oder sind es lediglich Konsumenteninformationen oder Empfehlungen? Werde ich heute schon zu einen künftigen Aufsichtsorgan meiner Umwelt unterbewusst eingeschult?
„Mama, der hat mir mein Küberl weggenommen!“ Wird es in Zukunft weiter AufDieAnderenFingerZeiger geben?Das gefällt mir überhaupt nicht. Im alltäglichen Bereichen nicht und schon gar nicht, wenn scheinbar jeder Mensch für so dumm gehalten wird, dass es ausschließlich nur noch mit Verboten, Gesetzen, Vorschriften und strengen Regelungen unter Kontrolle gebracht werden muss. Ein Stacheldrahtzaun mit roten Tafeln, der mich immer mehr einengt.
Mag ja sein, dass dies die Chance für die unzähligen erwerbslosen Menschen ist. Irgendwer muss ja auch die gesamten Vorschriften beobachten, beaufsichtigen, überwachen, begutachten, überprüfen, checken, mustern, beaufsichtigen. Ein ausbaufähiger Berufsstand von Controllern und Masters of Monitoring. Vielleicht sogar ein Bachelorstudium für den zukünftigen Revisor. Gewissenhafte Schwarzkappler zum Wohle der Bürger.
Oder tun das ohnehin schon dutzende Videoüberwachungssysteme? Wer observiert die eigentlich?
PS: Ach, ich vergaß ja insbesondere die wachsamen Wächter über die konforme Wortwahl. Nicht allzu konvenierende Meinungen werden gnadenlos geahndet und mit schmeichelnden Flüchen belegt ;)
Schaffnerlos-Wolfgang Ambros (1978)