von Dudu Kücükgül, Wirtschaftspädagogin. Erschienen bei BIBER
(Lesezeit 8 Minuten)
In diesem BIBER-Artikel geht es um den Themenkreis Kopftuch. Insbesondere geht es der Autorin, wie auch ihrer Protagonistin Chebli um Fremdbestimmung, Zuschreibung und Vorurteil. Und um Fragen, die beide "nerven".
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RES PUBLICA? - Oder: Wer nervt wen?
Um das Offensichtliche zuerst auf zu greifen: Kücükgül und Chebli definieren sich selbst und selbstbewusst und laut und oft - als religiös. Kücükgül begründet ihr freiwilliges Kopftuch mit persönlicher Auslegung eines Koranverses*, Chebli sagt nichts zum Kopftuch, trägt keines und sagt, ihre Religiosität bestehe im Beten, Fasten und im keinen-Alkohol-Trinken. Gleichzeitig sind beide "genervt", wenn das dann thematisiert wird und (womöglich dumme) Fragen gestellt werden.
Weder Kücükgül noch Chebli sind offenbar mit dem Konzept "Religion ist Privatsache" vertraut. Sonst könnten sie jede "dumme" Frage, die sie nervt, einfach beantworten: "Meine Religion ist meine Privatsache!" Mehr noch: Wären Kückügül und Chebli mit diesem einfachen Konzept vertraut, müsste die Eine diesen Artikel gar nicht schreiben, die Andere müsste sich nicht ärgern und beide könnten chillen. Doch dann könnten Kückügül und Chebli folgerichtig auch nicht so laut ihre Religiosität öffentlich vor sich hertragen, wie sie es stets tun. Denn auch dann müsste gelten: Religion ist Privatsache!
Für beide Damen ist ihre Religion eben keine res privata. Nicht nur weil sie das Konzept von Religion als Privatsache schlicht ignorieren, sondern auch weil ihre Religion dieses Konzept negiert: Religion, Staat und Volk sind ident – Spiritualität, Gesetzgebung, Gesellschaftspolitik, Wirtschaft und Moral sind nur Teilaspekte des Monoliths Religion**.
Und solange Kücükgül und Chebli das humanistische Konzept von Religion als Privatsache zu ignorieren pflegen, werden wir "dumme" Fragen haben und sie stellen. Und nur wir werden dabei chillen.
ALS WILLE UND VORSTELLUNG: Fremdbestimmung, Zuschreibung und Vorurteil
Das folgende Zitat aus dem Standard veranschaulicht das Koordinatensystem von Frau Kücükgöl, dem auch der hier besprochen Text "Streng oder gläubig?" aus dem BIBER unterliegt:
"Muslimische Frauen haben keinen allgemeinen Bildungsauftrag gegenüber der Gesellschaft. Sie müssen ihre Lebenszeit nicht damit vergeuden, sich ständig vor Ahnungslosen oder bildungsresistenten Mitmenschen zu erklären. Sie haben Besseres zu tun, als über ein Stück Stoff zu sprechen." (Gastbeitrag von Dudu Kücükgöl)
(derstandard.at/2000014992439/Aber-warum-traegst-dus-wirklich-Die-leidige-Kopftuchfrage)
Im Text "Streng oder gläubig?" aus dem BIBER den ich hier bespreche, kommt dann folgerichtig als Hauptkoordinate das Kopftuch im Subtext ebenfalls als "nur Stück Stoff", dem jedes kritikwürdige Konatat einfach abgesprochen wird. Mehr noch: Die üblen Konotate des Kopftuchs, -ja der gesamten muslimischen Religiosität und des Islam wie Misogynie, Homophobie und Antisemitismus - sind bloß "medial verbreitete Klischees" - also substanzlose Zuschreibungen und Vorurteile. Und wer die so weggewischten üblen Konotate doch zur Sprache bringt, ist auf gut wienerisch ein Dolm und ein Seicherl.
Zu guter Letzt ist das Reden übers Kopftuch nur Zeitverschwendung, die zusammen mit diesen ominösen "medial verbreiteten Klischees" (Misogynie, Homophobie, Antisemitismus) zu "überwinden" sind, weil die Diskussion ja beendet ist, weil Frau Kücükgül sie für beendet erklärt hat.
Frau Kücükgül versteift sich im Titel "Gläubig oder streng?" und in ihrem Text auf eine simple, dümmliche, journalistische Fang-Phrase ("Streng gläubig"), die sie zu einer Fremdbestimmung und Zuschreibung umdeutet. Oder besser gesagt: Aufpimpt. Anschließend beharrt sie bei "streng" auf einer buchstäblichen Eymologie samt Duden-Beleg. Als ob die Verbindung von journalistrischer Einfalt und Buchstäblichkeit ein Argument für oder gegen irgend etwas konstituiert. Entweder Frau Kücükgül erlaubt sich die Dummdreistigkeit zu glauben, wir würden das nicht merken - oder sie selbst merkt nicht, wie dummdreist ihr "Argument" ist.
Sicher ist nur: Würde man diesen Absatz in Frau Kückügöls Text auslassen, so würde nicht allzuviel Text übrigbleiben. Was wahrscheinlich der einzige Grund ist, warum dieser Absatz überhaupt Teil des Textes ist. Was ebenfalls nur dummdreist ist.
Und noch ein Wort zur Fremdbestimmung. Frau Kücükgül sagt uns selbst, dass für Frau Kücükgül nur ihr eigenes, freiwilliges, aus ihrer persönlichen Interpretation eines Koranverses (den sie uns nie nennt) religös vorgeschriebenes Kopftuch existiert. Erzwungene Kopftücher kommen bei ihr nicht einmal als Denkwölckhen vor. Zum Einen ist dass widersprüchlich: Freiwilligkeit versus herbei-interpretierte Vorschreibung. Zum Anderen ist das gar keine persönliche Interpretation von Frau Kücükgül, sondern genau die selbe Interpretation des selben Verses (S24V31) aus dem Koran***, den auch sämtliche Islamfaschisten von Al-Quaradwi bis Pierre Vogel aus dem theologischen Hut zaubern, wenn es um die Alternativlosigkeit – also keine Freiwilligkeit – beim Kopftuch geht.
Und zum Dritten: Wie sieht eigentlich die Freiwilligkeit des Kopftuchtragens auf dem Planeten Kücükgöl aus? Ist es etwa so, dass in einem afghanischen Dorf, oder in Bosnien oder – wasweißich – in Neu Kölln, die Eltern, die Familie und ein Imam zum kleinen Mädchen kommen und ihr sagen, ab heute könne sie ihre Kopfbedeckung frei wählen, oder auch darauf verzichten, ihre Haare zu verdecken? Nein! So ist es nicht!
Dudu Kücükgül ignoriert religiöse Gruppenzwänge deren Schlimmste immer die sind, die Frauen betreffen. Frau Kücükgöl möchte Feministin sein – und ist es nur dann, wenn es nicht ums Kopftuch geht. Frau Kücükgül ist eine Fake-Feministin und fast jedes Wort, dass sie schreibt ist ein Schlag ins Gesicht, der alle Opfer religiöser Misogynie trifft und auch alle echten Feministinen, die – anders als Dudu Kücükgöl – nur unter Polizeischutz Feministinen sein können.
HOHN? – Nur ein wenig...
Ach! Eine letzte, nicht ganz von Häme freie Bemerkung sei mir erlaubt. Im Text lesen wir, dass Frau Chebeli sagt, sie träume, dass jeder nach dem beurteilt wird, was er kann und nicht nach seinem Hintergrund. Nun, ihr Traum ist wahr geworden und man hat sie genau danach beurteilt, was sie kann: Entsprechend kurz war dann auch ihre Zeit als Sprecherin im Auswärtigen Amt. Dazu siehe die Anfragen des Journalisten-Enfant-Terrible Thilo Jung an Frau Chebli bei den Pressekonferenzen des Auswärtigen Amtes. (Äußerst sehenswert!)
FUßNOTEN:
* Wie sich herausstellt sagt Dudu Kücükgül nie, um welchen Koranvers (siehe Fußnote ***), aus dem sie die Pflicht zum Kopftuch interpretiert, es sich handelt : ZITAT AUS: derstandard.at/2000014992439/Aber-warum-traegst-dus-wirklich-Die-leidige-Kopftuchfrage
"Geduldig antwortete ich auf die immer wieder gestellte Frage mit der einzigen mir bekannten Antwort und mit der einzigen Motivation für mich, es zu tragen: weil es ein Gebot meiner Religion ist." ... "Wie wenn ich eine Prüfung zu absolvieren hatte, musste ich also beweisen, dass ich wirklich wusste, warum ich es trug und woher sich das Gebot genau ableiten lasse. Also informierte ich mich, fragte meinen Religionslehrer und suchte nach der Antwort, die die Menschen suchten, nach dem "eigentlichen Grund"." (??????)
** Das beansprucht auch teilweise das Christentum, wiewohl es zumindest unterscheidet was Gott gebührt und was dem Kaiser, was wiederum wenigstens der erste Schritt zum Konzept von Religion als Privatsache ist. Genau diese zugestandene rudimäntere Spalte zwischen Religion und Herrschaft hat es uns letztlich ermöglicht das Christentum zu zähmen und ihm die schlimmsten Giftzähne zu ztiehen.
*** In Frage kommt mehr oder minder nur Sure 24 Vers 31
Allerdings ist es in der Koran Ausgabe des Heyne Verlages ISBN: 978-3-453-05220-8, 23. Auflage, München 2003, S. 300 nicht der Vers 31, sondern der Vers 32 der 24-sten Sure ("Das Licht").
ENDE GELÄNDE