Reed Exhibitions - übers Ziel hinaus
Unabhängigkeit: Der Messeveranstalter Reed Exhibitions reagiert auf Privilegienmissbrauch einzelner Journalisten mit verschärften Akkreditierungsbedingungen und verlangt (auch abhängige) Messeberichterstattung. Ein Angriff auf die freie und unabhängige Presse?
Ein Journalist, der vor 2016 eine der vielen Messen von Reed Exhibitions besuchen wollte, erhielt, mit dem Nachweis eines gültigen Presseausweises, freien Eintritt. Damit hatte er Zugang zum Pressebüro, wurde mit aktuellen Informationen der Aussteller versorgt und als Draufgabe verabreichte ihm Reed Exhibitions noch Kaffee und Kuchen.
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Das hat auch dazu geführt, dass pensionierte Redakteure, die noch über einen Presseausweis verfügten, die Gelegenheit des unentgeltlichen Eintrittes inkl. der angeführten Annehmlichkeiten ausnutzten. Besonders bei attraktiven Messen, wie z.B. die Ferien- und Automesse, wo das Interesse der Medien sehr groß war, herrschte oft Platzmangel im Pressebüro. JournalistInnen, die tagesaktuell über die Ausstellung berichteten und dafür die Onlineverbindungen von Reed Exhibitions nutzten, mussten ihre Sessel gegenüber Journalisten, die es sich nur bei Kuchen und Kaffee gemütlich machten, verteidigen. Ein Zustand, der mitunter zu unschönen Szenen in der Presseloge führte. Austeller die davon Wind bekamen forderten Abhilfe, denn letztlich bezahlen sie ja auch den Presseaufwand von Reed Exhibitions mit ihren Standmieten. Reed Exhibitions zog die Reißleine und verschärfte mit 1. Jänner 2016 die Akkreditierungsbedingungen für alle JournalistInnen. Seit diesem Datum werden nur mehr jene JournalistInnen bestätigt die mindestens drei Tage vor Messebeginn eine Vorab-Onlineakkreditierung gestellt haben. Wodurch all jenen JournalistInnen, die sich Anlassbedingt kurzfristig für einen Messebesuch entscheiden, der Zutritt zum Pressebüro verwehrt ist. Eine Bestimmung, die mehr Fragen (besonders für die Austeller) aufwirft als dass sie Probleme löst. Darüber hinaus, und das ist der Knackpunkt der neuen Akkreditierungsanforderungen, verlangt Reed Exhibitions von JournalistInnen bestimmte redaktionelle Voraussetzungen. Wie zum Beispiel:
„Die nachweißlich regelmäßigen Berichterstattungen über die relevante Veranstaltung, die maßgeblich zum Erfolg der Veranstaltung beitragen sollen. Hierbei sind Kopien der veröffentlichten Artikel und / oder Weblinks dem Akkreditierungsgesuch beizulegen.“
Dass sich der Messeveranstalter auch im Falle der Vorlage eines gültigen und offiziell anerkannten Presseausweises, eine Überprüfung des Nachweises der journalistischen Tätigkeit vorbehält, erinnert an Willkür. Und das im Einzelfall zusätzlich die Vorlage eines gültigen Personaldokuments mit Lichtbild (Personalausweis, Reisepass, Führerschein) verlangt werden kann, vollendet den Eindruck von nordkoreanischen Verhältnissen. Wohlgemerkt, wir reden hier nicht von einem streng geheimen Technikunternehmen, das im Auftrag der Regierung Waffen erzeugt, sondern von einem Unternehmen, das sich mehr als jedes andere an eine breite Öffentlichkeit richtet.
Paul Hammerl, Pressechef von Reed Exhibitions differenziert die Bedingungen und legt Wert auf die Tatsache, dass natürlich die redaktionelle Freiheit in der Berichterstattung zählt.
Freiheit die Reed Exhibitions vorschreibt? Die Vorstellung, dass Reed-Mitarbeiter die redaktionelle Arbeit von Journalisten beurteilen und danach akkreditieren oder nicht, nennt man Zensur. So könnten nur mehr jene JournalistInnen akkreditiert werden die Willens sind, ihre Unabhängigkeit vor der Tür des Messe-Pressebüros von Reed Exhibitions abzulegen.
Oliver John Perry, Mitarbeiter der Öffentlichkeitsarbeit von Reed und eiserner Verfechter der neuen Bestimmung dazu: „Nur wer über die Messe berichtet oder der nachweislich über die Aussteller, meines Ermessens nach, informiert, erhält eine Akkreditierung. Wer das nicht vorweisen kann muss mir einen diesbezüglichen Auftrag der Chefredaktion oder des Verlegers vorlegen.“ Oliver John Perry als das Maß aller Dinge? Der Öffentlichkeitsarbeiter geht jedenfalls davon aus, dass er das ist und erklärt unmissverständlich, dass ohne seine Bewilligung gar nichts gehen würde. Eine verdammt klare Aussage die Macht demonstriert und jeden Widerspruch im Keim erstickt.
Sosehr der Ruf nach Anpassung bei Akkreditierungen, angesichts des gelegentlichen Missbrauchs von Journalistenprivilegien, verständlich scheint - sosehr darf man sich nicht verleiten lassen, Forderungen aufzustellen die die Freiheit und Unabhängigkeit der Presse einschränken. Das hatten wir doch schon einmal – oder?