Der Geschäftsführer einer Kinobetreiberkette, sein Oberbuchhalter, sein Rechtsanwalt und der Controller sitzen in einer Bar und blasen Trübsal. Es gehen immer weniger Leute ins Kino. Netflix, Amazon Prime und wie die alle heißen, treiben uns noch in den Ruin! Was sollen wir nur tun? Fragt der Geschäftsführer und schlürft lustlos an seinem lauwarmen alkoholfreien Bier.
Wenn sich nicht bald etwas ändert, müssen wir noch einige Kinos zusperren, meint der Oberbuchhalter als er von seinem stillen Mineralwasser aufblickt. Keine Ahnung konstatiert der Controller und rührt gedankenverloren in seinem Kamillentee.
Am Nebentisch sitzt ein junger Mann mit zwei hübschen Mädchen bei einer Flasche Wodka und einigen Dosen koffeinhaltigen Zuckerwassers. Tagsüber sitzt er, seit auch der letzte fixangestellte Mitarbeiter der Marketingabteilung der Kinobetreiberkette entlassen wurde, ganz allein und verlassen als Marketingpraktikant an seinem Schreibtisch in der Marketingabteilung und streamt auf seinem Handy Videos, aber jetzt am Abend in der Bar lässt er die Sau heraus.
Was sollen wir nur tun, fragt der Geschäftsführer nochmals, da fällt sein Blick auf den Marketingpraktikanten am Nebentisch - he Sie, junger Mann was meinen Sie zu unseren rückläufigen Verkaufszahlen? Wozu beschäftigen wir sie denn im Marketing, wenn Sie uns keine Lösungen präsentieren können?
Ok, meint dieser, ihr Problem besteht also darin, dass zu wenige Leute, zu selten ins Kino gehen und dann auch noch zu wenig ausgeben?
Genau stimmt ihm der Oberbuchhalter zu und der Controller nickt bestätigend.
Was fällt euch dazu ein, Mädels, meint der Praktikant und schaut seinen Begleiterinnen tief in die Augen, oder was er so dafür hält.
Na, eine Bonuscard wär super überlegt die eine; ja mit Treuepunkten fällt ihr die andere ins Wort, weil mit Treue könntest du bei mir auch punkten. Ermäßigungen wären auch super, weil wenn ich’s ein bisserl billiger geb, kommst du auch öfter...
Tolle Idee! Die gesamte Geschäftsleitung ist begeistert.
Aber wer soll dieses Bonusprogramm jetzt genau ausarbeiten, die Marketingabteilung wurde ja vor geraumer Zeit entlassen!?
Ach was ! Formulieren und Verträge abfassen kann ich hervorragend drängt sich der Rechtsanwalt in den Vordergrund. Wenn mir der Herr Oberbuchhalter und der Herr Controller ein bißchen zur Hand gehen, damit die Kostenseite des Projekts nicht aus den Augen verloren wird....
Was daraus jetzt bloß werden kann? Solche Bonusprogramme werden doch von Marketing- und Werbeexperten in Kooperation mit Marktforschungsunternehmen entwickelt, um genau den Nerv der Konsumenten treffen?!?
Ich glaub nicht - schauen wir uns einmal Ausschnitte aus den Bedingungen für die Bonuscard einer großen österreichischen Kinokette an:
Zur Nutzung der CBC Karte ist es notwendig, sich online zu registrieren. Nach dem Abschluss der Registrierung kann die personalisierte CBC Karte österreichweit in jedem teilnehmenden Kino abgeholt werden. Die CBC Karte ist nur durch jene natürliche Person nutzbar, auf die sie registriert wurde und ist nicht auf andere Personen übertragbar. Pro natürlicher Person kann nur eine CBC Karte registriert und genutzt werden.
Wo kämen wir denn da hin, wenn der Franzi den Ferdl mit seiner Bonuskarte ins Kino schickt! Das ist ja keine Sozialversicherungskarte, mit der sich jeder dahergelaufene Cineast Vorteile erschleichen könnte! Deshalb ist es auch so wichtig, dass:
Das Kinopersonal hat das Recht aber nicht die Verpflichtung, Einsicht in einen Lichtbildausweis des CBC Karten Nutzers zu nehmen, um die Übereinstimmung der Identität zur an der Kinokasse vorgelegten CBC Karte, vorzunehmen.
Und damit das Ganze dem Kinobetreiber nicht zu teuer kommt, muss das Angebot noch ein bisserl (sehr) einschränken:
Das Recht auf den Preisnachlass beim Erwerb von Kinokarten haben nur jene CBC Kartennutzer die unter Verwendung des zuvor auf die CBC Karte aufgeladenen Gut- habens, ihre Kinokarten bezahlen. Bei Barbezahlung oder bei sonstiger bargeldloser Bezahlung (z.B. mit Bankomat-, oder Kreditkarten) wird kein Preisnachlass auf die Kinokarten gewährt und es werden keine Bonuspunkte für den Einkaufsvorgang ge- sammelt.
Also ich geh am liebsten mit meiner Frau und einer Freundin ins Kino, oder mit meinen Töchtern und deren Freunden - also zu dritt oder zu viert oder zu sechst... Ui das ist jetzt aber blöd weil:
Es können pro Tag maximal 2 Kinokarten mit der CBC Karte erworben werden. Bonuspunkte werden nur beim Erwerb von Kinokarten (maximal 2 pro Tag), nicht aber beim Beladen mit einem Guthaben von mindestens € 60,00 (wohl aber bei der Inanspruchnahme des Guthabens zum Kinokartenkauf) und nicht beim Erwerb von Gutscheinen gesammelt. Der Herausgeber behält sich das Recht vor, einzelne Aktionen oder Sondervorstellungen von der Punkte – Sammel – Möglichkeit auszunehmen.
Maximal 2 Kinokarten pro Tag - nicht maximal 2 ermäßigte Kinokarten sondern überhaupt nur 2 Kinokarten....
Pro Tag können Bonuspunkte für einen am Kinobüffet getätigten Einkauf (Umsatz) von maximal € 50,00 inklusive Umsatzsteuer gesammelt werden.
Haben Sie schon einmal Snacks und Getränke im Kinobüffet gekauft? Mit 50 € kommt man da nicht weit für 3 bis 6 Leute
Der Karteninhaber hat die CBC Karte sorgfältig und ordnungsgemäß zu behandeln und zu verwahren. Im Falle eines Verlusts oder der Beschädigung einer CBC Karte, ist der Karteninhaber verpflichtet, den Herausgeber schriftlich darüber in Kenntnis zu setzen, um die Karte sperren und eine neue Karte ausstellen zu können. Abgesehen von dem Fall, dass die Beschädigung der CBC Karte durch dem Herausgeber zurechenbare Personen verursacht wurde, hat der Inhaber der CBC Karte jene Nachteile selbst zu tragen, die infolge des Verlusts oder der Beschädigung bis zum Moment der schriftlichen Meldung entstehen. Das Entgelt für die Ausstellung einer Ersatzkarte beträgt € 10,00 inklusive Umsatzsteuer. Die neue CBC Karte ist so lange gültig wie die verlorene oder beschädigte Karte gültig gewesen ist.
Schön find ich besonders die Formulierung „dem Herausgeber zurechenbare Personen“ - das hat doch sicher nix mit der Zurechnungsfähigkeit des Herausgebers zu tun!
Also ich glaub ich werde meine CBC- Karte jetzt mutwillig mit einer Schere malträtieren und dann der MA 48 unentgeltlich zur Entsorgung überlassen und den Herausgeber nicht schriftlich darüber informieren, weil Ersatzkarte will ich ganz sicher keine.
Aber hoppla - das darf ich ja gar nicht weil:
Dem CBC Kartenvertragsverhältnis liegt .... ein unbefristeter Vertrag zu Grunde, der sowohl vom Karteninhaber als auch vom Herausgeber unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten zu jedem 31. März, 30. Juni, 30. September und 31. Dezember eines jeden Jahres ordentlich gekündigt werden kann. Die Kündigung durch den Karteninhaber erfolgt per email an die Emailadresse xxxxxxxxx@xxxxxxxxxfilm.at und jene des Herausgebers an die vom Karteninhaber zuletzt bekannt gegebene Emailadresse. Ein Monat nach der Kündigung endet die Möglichkeit zum Erwerb zusätzlicher Bonuspunkte, die Einlösung bereits gesammelter Bonuspunkte ist bis zum Ende des Vertragsverhältnisses möglich.
Die Gültigkeit der für die Einlösung eines aufgeladenen Geldbetrages nach Punkt 5. bestehende Frist wird dadurch nicht berührt. Die Einlösbarkeit des Guthabens zum Bezug ermäßigter Kinokarten endet - wie unter Punkt 5. vorgesehen - 18 Monate nach Ausgabe der Karte, ein zu diesem Zeitpunkt nicht verbrauchtes Restguthaben kann noch binnen weiterer fünf Jahre zum Bezug nicht ermäßigter Kinokarten verwendet werden.
Und ich hab immer geglaubt, die AGBs der Kreditkartengesellschaften sind mühsam und Gesetzesvorlagen in ihrem trockenen Juristendeutsch unlesbar.....
