Menstruation ist nach wie vor ein Tabu, das nur langsam gebrochen wird. Jetzt scheint die richtige Zeit zu sein und dennoch haben wir einen langen Weg vor uns. Gerade einmal seit 2018 wird für Tampon- und Bindenwerbung eine rote Flüssigkeit verwendet. Davor war diese blau. Um einen etwas hinkenden Vergleich heranzuziehen: Die Schockbilder auf Zigarettenschachteln gibt es bereits seit 2016.
Hinkend ist dieser Vergleich insofern, dass die Periode ein natürlicher Vorgang ist. Als solcher sollte er niemanden – einschließlich nicht persönlich davon Betroffene – schockieren. Doch das tut sie, denn Menstruierende lernen von Beginn an, sie geheim zu halten.
So viel mehr als 'nur' Krämpfe
Eine Umfrage von erdbeerwoche aus dem Jahr 2020 mit 2165 Teilnehmer*innen gab zu erkennen, dass mit 98% weitaus mehr Menstruierende mit Menstruationsbeschwerden zu kämpfen haben, als oft angenommen. Dabei gehen diese weit über ein leichtes Ziepen im Bauchbereich hinaus. Andere Quellen geben an, dass 10 von 100 Menstruierende so starke Schmerzen haben, dass sie jeden Monat für 2 bis 3 Tage nicht in der Lage sind, einem normalen Alltag nachzugehen.
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Doch für viele bleibt es nicht bei Regelschmerzen an diesen Tagen. Neben Krämpfen gehören starke Blutungen, Migräne, Rückenschmerzen, Übelkeit (teils mit Erbrechen), Schwindel, Durchfall und / oder Verstopfung sowie Stimmungsschwankungen zu weiteren häufigen Beschwerden. Oftmals setzen diese bereits eine Woche vor Regelbeginn ein.
Diese Liste ist noch lange nicht vollständig. Generell ist wichtig anzumerken, dass nicht jede menstruierende Person gleichermaßen leidet. Manche tun es gar nicht – 2% aller bei der Umfrage von erdbeerwoche Befragten. In Österreich besteht die Bevölkerung zu 50% aus Frauen, wenn 98% von Mentsruationsbeschwerden betroffen sind, kann gut und gerne von einem Volksleiden gesprochen werden.
Menstruationsbeschwerden: Das versteckte Leid
Und dennoch wird kaum darüber gesprochen, denn das Thema gilt nach wie vor als Tabu. Das führt dazu, dass viele Menstruierende im Stillen leiden. Trotz Beschwerden gehen sie, so gut es eben geht, alltäglichen Aufgaben nach. Statt sich auszuruhen, machen sie sich Vorwürfe, nicht so ‚zu funktionieren‘, wie es von ihnen erwartet wird. In einer auf Leistung basierten Gesellschaft, ist es schwer ‚nur‘ ein Mensch zu sein und einer vermeintlichen Minderheit anzugehören.
Bezahlte Krankheitstage speziell für Regelschmerzen mögen als Lösung angesehen werden. In Japan und Indonesien gibt es diese Option bereits seit 1947 bzw. 1948. Dieses Jahr wurden sie auch in Spanien eingeführt. Dabei hat sich in den zuvor genannten Ländern schon lange herausgestellt, dass die meisten Menstruierenden trotz Beschwerden weiterhin zur Arbeit gehen.
Eine Erklärung hierfür ist, dass ein Gesetz allein, die Einstellung der Gesellschaft nicht ändern wird. Wenn nicht offen über das Thema Periode gesprochen werden kann, ist das damit einhergehende Stigma nicht aufgehoben. Menstruierende werden auch weiterhin verdeckt weiterleiden und sich nicht jeden Monat krank melden – auch wenn ihr Zustand das durchaus rechtfertigen würde.
Die Auswirkungen auf die Psyche
Selbst unter Menstruierenden ist das Thema Regelschmerzen tabu. Aus Scham und auch aus der Furcht, nicht ernst genommen zu werden, wird es oft nicht angesprochen. Bei Männern beziehungsweise Personen gegenüber, die nicht menstruieren, wird das noch viel schwerer. Die Komplexität dieses Themas ist schließlich selbst für Betroffene schwer in Worte zu fassen.
Die Autorin dieses Artikels versucht einen Vergleich damit, jeden Monat eine Grippe zu haben. Man weiß, dass sie kommen, es einem schlecht gehen und sie dann auch wieder vorbei sein wird – bis zum nächsten Monat, in dem sich alles wiederholt.
Reisen, sich mit Freunden treffen, der Arbeit nachgehen, all dies sind Dinge, die um den Zeitpunkt der Beschwerden so gut es geht herumgeplant werden. Die Schmerzen allein kosten Energie, diese Notwendigkeit der Flexibilität in einer wenig verständnisvollen Welt kommt noch hinzu. Wer hierbei die Lust zu leben verliert, ist nicht allein. Und dennoch raffen sich Menstruierende von mal zu mal wieder auf und lassen sich nicht unterkriegen.
Eines Tages, so hoffen sie, wird ein erneuter Versuch, einen Arzt aufzusuchen in einer hilfreichen Diagnose enden. Sie werden dann wenigstens eine Bestätigung haben, dass sie sich ihre Schmerzen nicht einbilden, sondern an einer Krankheit wie beispielsweise Endomitriose leiden. Diese kann eben nicht mit der Pille – dem Wundermittel der Gynäkologie – oder reiner Willenskraft behoben werden.
Menstruationsarmut und die Antibabypille
Zusätzlich zu Menstruationsbeschwerden macht auch die Menstruationsarmut Schlagzeilen. Bis vor kurzem galten Periodenprodukte wie Binden und Tampons, zumindest der Steuer nach, in Österreich als Luxusgut. Erst im Jahr 2020 wurde der Prozentsatz von 20 auf 10 gesenkt.
Das macht diese Produkte zwar erschwinglicher, dennoch gibt es nach wie vor Personen, die sich diese Artikel nicht leisten können. Ein freies Bluten ist verpönt, günstigere Methoden im Eigenbau wenig effektiv. Da bleibt Betroffenen zumeist nichts anderes übrig, als in dieser Zeit zu Hause zu bleiben. Das wiederum verstärkt die Armut.
Besuche bei unterschiedlichen Gynäkologen in verschiedenen europäischen Ländern haben die Autorin dieses Artikels davon überzeugt, dass es sich bei der Pille wohl um das alleinige Heilmittel für Frauenbeschwerden handelt. Als Verhütungsmittel scheint es nur noch nebenbei verschrieben zu werden. Von Pickeln über Stimmungsschwankungen bis hin zu Regelschmerzen, die Pille scheint alles zu können. Nur eines kann sie nicht, die Ursache von Regelschmerzen beheben.
Doch das scheint wenig von Interesse zu sein, schließlich ist das so eine schöne, einfach und kostengünstige Lösung – zumindest für die Krankenkasse und den Staat, denn ab einem bestimmten Alter dürfen Frauen hierfür selbst aufkommen, auch wenn sie diese aus medizinischen Gründen nutzen.