Familienpolitik - ist das "Ehe für alle" oder die Bereitschaft für Kinder fördern?

Wir leisten uns in Deutschland eine Familienpolitik mit sage und schreibe 156 Leistungen. Das liest sich sehr ambitioniert, der Effekt ist allerdings ernüchternd, denn die durchschnittliche Frau in Deutschland bringt in ihrem Leben 1,47 Kindern zur Welt (Quelle: Statista.com). In Österreich ist die Fertilitätsrate gleich, was den Schluss auf eine genauso wirkungslose Familienpolitik zulässt. Die Zahlen stellen nur auf das Geburtsland der Kinder nicht auf die Nationalität der Frauen ab. Das Familienministerium von Frau Schwesig twittert fröhlich, dass die Geburtenrate seit langem nicht mehr so hoch war wie heute; für eine Wende wird es trotzdem nicht reichen.

Ein wesentlicher Baustein ist das Ehegattensplitting, dass lediglich auf den vorhandenen Trauschein abstellt und nicht auf die Zahl der Kinder. Ein weiterer kleinerer Baustein ist das Kindergeld, welches mit dem Kinderfreibetrag verknüpft ist. Letzterer mindert das zu versteuernde Einkommen und erzeugt je nach Progression unterschiedliche Vorteile für die Eltern.

Das Rentensystem von Bismarck hat die längste Zeit gut funktioniert. Seit den 1960-er Jahren ist den Statistikern klar, dass der Pillenknick das System an die Grenzen bringen wird. Die Maßnahmen beschränken sich auf das gelegentliche Mindern des Rentenniveaus, Anpassungen beim Renteneintrittsalter und auf Diskussionen, wer und welche Einkunftsarten zu Rentenbeiträgen herangezogen werden sollen. Durchgreifendes mit Reichweite ist mindestens seit Blüm "Die Renten sind sicher" nicht eingeführt worden. Der Systemkollaps wird bald kommen, die verbleibende Zeit bemisst sich in wenigen Jahren, denn die geburtenstarken Jahrgänge gehen unweigerlich bis 2025 in den Ruhestand.

In einem ähnlichen Zusammenhang wird regelmäßig der zu erwartende Fachkräftemangel herbeigeredet. Eingetreten ist er noch nicht, da die sicheren Zeichen, steigende Löhne in Mangelberufen wie weiland in der IT-Branche, bisher ausgeblieben sind.

Immerhin war ja eine Lösung in Sicht, die zunächst den Charme hatte, mehrere Sorgen auf einmal zu zerstreuen. Die Heerscharen an jungen, angeblich gut gebildeten, aber leider durch Kriegswirren entwurzelten Migranten aus überwiegend muslimisch geprägten Ländern sollten es richten. Schnell an einem Deutschkurs teilnehmen und dann gleich an die Arbeit in den Entwicklungsbüros, Krankenhäusern und Schulen. Leider nicht als Ingenieure, Ärzte oder Lehrer, sondern nur als Reinigungskräfte oder Hilfsarbeiter auf dem Bau. Einzelfälle wurden schon als Praktikanten für qualifiziertere Jobs gesehen. Sie werden weder unsere Rentenversicherung auffüllen, noch werden sie unsere emanzipierten jungen Frauen in eine Ehe mit fünf und mehr Kindern führen, um so die Geburtenzahlen wieder hoch zu bringen.

Die Gruppe derer, die im Rahmen von " Ehe für alle" in den Genuss der Eheschließung kommen sollen, ist eher klein und überschaubar, ihre Fürsprecher dafür umso lauter und fordernder, als gelte es die halbe Bevölkerung aus der Rechtlosigkeit zu führen.

Die Anreize, die vom Gesetzgeber für die Ehe vorgesehen waren, um im Gegenzug einen Beitrag für das Staatsvolk in Form von Nachwuchs zu erhalten, sollen auch auf erwiesenermaßen "unfruchtbare" Verbindungen ausgedehnt werden, hier allerdings garantiert ohne die Gegenleistung, denn aus einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft können ohne fremdes Zutun keine Kinder entstehen.

Die Ehe hat als moralische Vehikel einer Familiengründung ohnehin die Bedeutung verloren, die sie noch hatte, als Grundgesetz und Länderverfassungen geschrieben wurden, und sie hat inzwischen wie die 155 anderen Leistungen als familienpolitische Maßnahme keine Zugkraft mehr. Ihre steuerliche Förderung ist damit mangels Effekt entbehrlich, wäre da eben nicht die Gruppe, die nun auch auf diesem Trittbrett mitfahren wollte. Weitere Befürworter der Ehe sind noch die Kirchen, die ihren moralisch antiquierten Vorstellungen nachhängen.

Soll also heiraten, wer will? Im Sinne der Familienpolitik ist die Frage ohne weiteres mit Ja zu beantworten. Eine Voraussetzung ist aber, dass die steuerlichen Anreize - die Unterstützung der Ehe durch die Allgemeinheit - auf Null gefahren werden, die Heirat wird dann zur Privatsache.

Die aufgeführten Aspekte werden in wechselnder Folge, aber möglichst ohne Zusammenhang in den Medien bewegt. Die Einbindung in einen größeren Kontext und die Verknüpfung mit anderen Themen, die dazu in Beziehung stehen, werden so gut wie immer dem Konsumenten überlassen. Dabei wäre es schon interessant, ob es sich dabei um echte Einzelthemen handelt oder ob es Symptome für einen Wandel in eine Richtung ist, die sich derzeit noch undeutlich abzeichnet. Und wird dieser Wandel von der Gesellschaft getrieben oder sind es die angeführten politischen Kräfte?

Unzweifelhaft ist die Ablehnung unserer Regierenden gegenüber einer Politik zu erkennen, die die Bereitschaft für Kinder auf allen gesellschaftlichen Feldern fördert.

Charles de Gaulle schrieb in seine Memoiren: „Die Erhöhung der Bevölkerungszahl ist zweifellos die wichtigste von allen Investitionen.“ Genau hier ist der Ansatzpunkt für die Neuordnung der Haushaltspläne von Bund und Ländern zu finden. Die eingangs genannten untauglichen Maßnahmen können mit Sicherheit zusammengestrichen werden, um diejenigen zu entwickeln, die am wirkungsvollsten sind. Der Blick über den Tellerrand nach Frankreich oder Irland kann dabei inspirieren. Dort liegen die Fertilitätsraten bei 2,01 bzw. 1,94. Das ist auch noch kein Substanzerhalt, beweist aber, dass es besser geht.

In Frankreich basieren alle familienpolitischen Maßnahmen alleine auf einer Unterhaltsverpflichtung, eine Ehe spielt dabei keine Rolle. Wenig verwunderlich ist, dass auch dort das Hauptsteuerungswerkzeug das Geld ist. Das französische Familiensplitting beruht auf einem Familienquotienten, dem "quotient familial", der unter anderem von der Kinderzahl abhängt. Als Resultat zahlen nur die Hälfte aller französischen Haushalte überhaupt Lohn- und Einkommensteuer; ab dem dritten Kind sind Eltern mit Durchschnittseinkommen de facto steuerfrei.

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