Der Tornado aus dem Valley

„Die Ausbeutung unserer Datenist der Motor der “Big Data Economy“

Tumblr, eine Blogging-Plattform, 2013 für mehr als eine Milliarde US-Dollar vom Internetkonzern Yahoo geschluckt. Ein Jahr zuvor: Instagram, 13 Mitarbeiter, kein wirkliches Ertragsmodell, Facebook überweist trotzdem schlussendlich knapp eine Milliarde Dollar an die beiden Eigentümer. Snapchat, die gerade einmal 20 Personen beschäftigende Foto- Messaging-Anwendung aus dem Silicon Valley bekommt im selben Jahr ein Angebot über drei Milliarden Dollar – und lehnt ab! Im Februar 2014 übernimmt Facebook für die Rekordsumme von 19 Milliarden US-Dollar den Kurznachrichtendienst WhatsApp mit dem die Monopolstellung in der mobilen textbasierten Kommunikation abgesichert werden soll. Astronomisch hohe Summen werden im Silicon Valley, dem vermeintlichen Ursprungsort “neuer Medien“ wie Facebook und Twitter, für Technologien gehandelt, die zu Beginn meist weniger als 30 Mitarbeiter beschäftigen. Als sich ebenda Facebook und Twitter 2012 einen erbitterten Wettstreit darum lieferten, den Fotobearbeitungsdienst Instagram zu übernehmen, ging es den beiden Internetkonzernen nicht vordergründig um die Applikation selbst. Es war ein Kampf um unsere Arbeit, unsere Produktivität, unser Netzwerk, unsere Kreativität. Facebook gewann, zahlte wegen uns – und vor allem: unseren Daten!

Aber verbessern solche datenakkumulierenden Dienste nicht gleichzeitig unser Leben, machen es lebenswerter, ja, bequemer? Und überhaupt, sind die Intentionen von Google, Facebook und Co nicht durchwegs positiv für uns? Aus Sicht der Kundinnen scheint auf den ersten Blick tatsächlich nicht wirklich etwas dagegen zu sprechen. Obwohl wir die entscheidende Arbeit für Google, Facebook oder Twitter übernähmen indem wir die ausgeklügelten Algorithmen mit Daten füttern, könnten wir ja deren Endprodukte doch immerhin noch unentgeltlich benutzen, so der weit verbreitete Tenor. Ein fairer Deal also?

Gerade die Macherinnen “neuer Medien“ haben es perfekt verstanden, unsere narzisstischen und voyeuristischen Züge in ein lukratives Geschäftsmodell umzuwandeln. Eine einfach zu verwendende, personalisierbare App wie Instagram, animiert uns dazu, Lügen über uns selbst zu verbreiten, uns ins rechte Licht und damit ins Rampenlicht zu stellen. Es verbreitet dazu das verführerische Gefühl, dass wir es sind, denen die Technologie gehört. Viele sehen dabei aber das eigentliche Problem nicht, das es eben nicht die breite Allgemeinheit ist, die davon profitiert. Es ist außerdem nicht konkret belegt, ob wir überhaupt die Rechte an unseren persönlichen Daten, an den zahlreichen Nachrichten, die wir jeden Tag verschicken oder an unseren eigenen Fotos besitzen, und trotzdem: Wir arbeiten pausenlos für sie, diese Datenfresser, ohne dafür in irgendeiner Weise entlohnt zu werden und nehmen es hin, als wäre es das Selbstverständlichste überhaupt. Wir bewegen uns gleichzeitig in verschiedenen Hamsterrädern, die sich in unseren Breitengraden mit dem wunderbaren Anglizismus “data factory“ auf einen Nenner bringen lassen.

Jedes Posting, das wir auf Facebook verfassen und jedes Bild, das wir auf Instagram veröffentlichen, verrät ein wenig mehr über unser Leben, über unsere verschiedenen Gewohnheiten, Vorlieben und Freunde. Andrew Keen, Autor und Internet-Kritiker, fasst die App Instagram in seinem Buch “The Internet is not the Answer“ so zusammen: „The app reverses the camera lens. That’s why Facebook paid a billion dollars for Systrom’s ( Anmerk.: der geistige Erfinder von Instagram) creation.“ Es ist nun einmal nicht abzustreiten, dass das Geschäftsmodell von Instagram, so wie das von Google, Facebook, Yahoo, Twitter, Snapchat und den meisten anderen erfolgreichen Internetkonzernen, auf Werbung basiert. Und wer könnte größeres Interesse an unseren Daten haben, als Werbende selbst?

Google hat es geschafft, mit seiner breiten Palette an frei zugänglichen Produkten – wir denken dabei beispielsweise an Gmail, Search und Youtube – ein Image als altruistisches, non-profit-orientiertes Unternehmen aufzubauen und gleichzeitig mit Daten seiner ahnungslosen Kundinnen, hinter Apple und Microsoft, zum wertvollsten Konzern der Welt aufzusteigen. Was ungleich verstörender wirkt: Google machte schon 2007 keinen Hehl daraus, die Daten seiner Userinnen zu sammeln, auszuwerten und gewinnorientiert weiter zu verwenden.

„We know where you are. We know where you’ve been. We can more or less know what you’re thinking about. And we want to know you better than yourself“, verriet Goolge’s damaliger CEO Eric Schmidt dem US-Magazin The Atlantic in einem Interview. Dieser Umstand verdeutlicht auch, warum fast ausnahmslos alle großen Technologieunternehmen in den letzten Jahren Milliardensummen in die Forschung von künstlicher Intelligenz, kurz KI, investiert haben. Eine Technologie, die es Computern und digitalen Netzwerken ermöglicht, so zu denken wie Menschen und dementsprechend zu handeln. Sogenannte schwache künstliche Intelligenz bestimmt dabei längst unseren Alltag, und wir alle können es sehen. Indem unser Kaufverhalten mit komplexen Algorithmen analysiert und ausgewertet wird, bekommen wir benutzeroptimierte Google-Suchergebnisse. Die Suchmaschine weiß, was wir wollen und wichtiger, wann wir es wollen.

Das Ende der Fahnenstange ist aber noch lange nicht erreicht. Es wird an allen Ecken und Enden weitergeforscht, allen voran Google führt diesen homogenen Markt schon jetzt mit beeindruckendem Abstand an, treibt jedes Unternehmen, dass sich der künstlichen Intelligenz verschrieben hat auf, um es in machtdemonstrierender “the winner takes it all“ – Manier zu schlucken. Google wird – neben den vielen anderen großen Internetkonzernen – mehr über uns Bescheid wissen, als wir selbst. Ein paar wenige Plutokraten, die von diesem System auch weiterhin profitieren möchten, werden im Kampf um eine Monopolstellung über unsere digitale Zukunft entscheiden. Bleibt zu hoffen, dass sie die richtige Entscheidungen treffen.

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Herbert Erregger

Herbert Erregger bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:09

Silvia Jelincic

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Bernhard Juranek

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fischundfleisch

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