Eine Diskussion mit meinem Brieffreund bringt mich wieder einmal auf das gute alte, ausgelutschte Thema Neujahrsvorsätze. Bei ihm sind es nicht wenige an der Zahl und da ich meine, ihn schon ganz gut zu kennen, weiß ich, dass er nicht einmal einen Bruchteil davon umsetzen wird. Weil er es nicht kann, weil die Wünsche, die alle umgesetzt werden sollen, schlicht und einfach viel zu hoch angesetzt sind. Und viel zu strikt.
Jetzt mögen die einen einwenden, Konsequenz sei wohl nötig, wenn Träume und Wünsche wirklich in die Realität umgesetzt werden sollen. Dagegen setze ich allerdings, dass Leute nur bei etwas bleiben, wenn sie sich auch wirklich dazu befähigt fühlen, dies zu schaffen.
Die überzogenen Vorsätze boomen trotzdem zu Silvester besonders. Leute werden ganz sicher mit dem Rauchen aufhören, zwanzig Kilos abspecken, ein Projekt fertigbringen, den Job wechseln, etwas erreichen…Das ist so wie die Morgen-Diät. Bestimmt fange ich morgen damit an. Nur heute rauche ich noch ein Packerl und esse einen Schweinsbraten! Dieses Jahr geht es einfach nicht. Das nächste Jahr wird besser! Was bitte hat ein Ziel mit dem Kalenderjahr zu tun?Auch ich stelle mir manchmal vor, was in einem Jahr wohl alles passiert sein wird, schmiede allerdings meine Pläne nicht mehr eng an einen Zeitplan geknüpft. Dabei bin ich schon oft gewaltig eingefahren. Ich wünsche mir Grundsätzliches. Gesundheit, Glück, Freude. Was ich umsetze, hängt nicht vom Jahr ab, sondern von meiner Verfassung und meiner Einstellung dazu. Beginnt man seine Vorhaben nicht prompt, sondern verlegt sie ständig auf zukünftige Zeiten, gehört man sowieso zur Gruppe der Aufschieber. Was du wirklich willst, musst du jetzt tun oder jetzt beginnen. Ist einmal etwas begonnen, fühlt sich das Leben ganz anders an. Erst recht, wenn etwas erfolgreich abgeschlossen ist. Nur Tun bringt Bewegung, nicht Aufschieben!
Es ist lustig, dass Menschen sich immer sehr viel über ihr Quantum hinaus vornehmen. Etwas, das sie neben ihrem Beruf anspornt. Offenbar braucht jeder etwas, das ihn gedanklich vorantreibt, auch wenn sonst alle grundlegenden Wünsche des Lebens für den Moment erfüllt sind. Ein Turnier zu gewinnen, den Marathon durchzulaufen, die Wohnung fertig zu renovieren. Es sind die kleinen Ziele, die uns in Bewegung halten. Einer der Vorsätze meines Brieffreundes, ist es, ein bestimmtes Klavierstück spielen zu können. Das Problem, das ich dabei sehe, ist, dass er auf keinen bestimmten Zeitpunkt hinarbeitet. Irgendwann 2015. Das ist zu schwammig!Ich kenne von mir selbst, dass Menschen einen leichten Druck brauchen, der sie ihren inneren Schweinehund überwinden lässt. So wie eine Prüfung. Kinder würden viel weniger in der Schule lernen, würde das Wissen nicht in einer Leistungskontrolle getestet. Nun sitzt Silvester 2016 allerdings keine Prüfungskommission vor meinem Brieffreund und bittet darum, dass er wohl möglichst fehlerfrei seine Sonate vortragen möge. Ich frage mich, warum er seine Vorhaben wieder und wieder niederschreibt. Mir scheint fast, er meißelt seine Ziele virtuell ein, damit er sie sich selbst verinnerlicht, sich unter Druck setzt. Leider glaubt er selbst nicht einmal daran, diese schaffen zu können, steht sich selbst am meisten im Weg dabei.Dabei weiß doch jeder, dass das Wichtigste ist, an sich selbst zu glauben und nicht aberzuglauben!
Was feiern wir eigentlich zu Silvester? Dass wir ein weiteres Jahr am Leben sind? Dass sich die Jahreszahl ändert? Irgendwie ist mir das alles wurscht. Es ist halt Tradition, dass wir Donauwalzer tanzen, Schweinderln verschenken und Fischen den Schwanz abbeißen :)Nächsten Tag hat jeder einen Brummschädel und weiß nicht, wo er die kleinen „Glücksbringer“ und die bleigegossenen –ja was denn eigentlich?- „Kunstwerke?“ verstauen soll. Irgendwann werden diese dann doch entsorgt, so wie die Neujahrsvorsätze, die spätestens nach einem Jahr verjährt sind…